Holländische Impressionen (2)
Haarlem
Von Juliane Adameit
Haarlem ist mit seinen ca. 150.000 Einwohnern nicht nur im Zusammenhang mit dem Blumencorso etwas fürs Auge. Haarlem ist vielmehr eine wahre Perle mittelalterlicher Stadtarchitektur.
Das Amsterdamse Port vom Ende des 15. Jahrhunderts in Haarlem
Das gesamte Stadtbild ist noch erhalten und heute eine quirlige Fußgängerzone. Zwischen den Boutiquen lädt eine Vielzahl an Cafés und Kneipen den Besucher ein. Gut sitzt und ißt es sich dabei auf einer der Terrassen. Überall kann man dabei die bekannte holländische Spezialität, Bitterballen, testen: kleine frittierte Fleischteigbällchen, die mit Senf serviert werden. Dabei sollte man sich in eines der Cafés am Rathausplatz setzen: von hier aus hat man einen schönen Blick auf die „Grote Kerk“ St. Bavo.
Die Kirche ist ein Meisterbauwerk in Haarlem, mit einem Kircheninnenboden, der vollständig aus Grabplatten gelegt wurde, und einer Geschichte, die bis ins 13. / 14. Jahrhundert zurückgeht. Hier befindet sich auch die Grabstätte von Frans Hals, der zu den berühmtesten holländischen Malern zählt und in Haarlem einst als Porträtmaler aktiv war.
Haarlem: Die Christian Müller-Orgel in St. Bavo (1738); in den Jahren 1740 und 1750 spielte Georg Friedrich Händel auf dieser Orgel, 1766 der 10-jährige Wolfgang Amadeus Mozart
Besonders sehenswert ist in der Kirche die Orgel des deutsch-niederländischen Orgelbauers Christian Müller, einer der führenden holländischen Orgelbauer des 18. Jahrhunderts. Auf der Orgel, die 62 Register hat und heute weitgehend noch im Original erhalten ist, haben wie überliefert der zehnjährige Mozart sowie Georg Friedrich Händel gespielt.
Ein Bummel durch die altertümlichen Gassen, Höfe und Straßen in der Altstadt lohnt sich. Haarlem liegt am Ufer der Spaarne. Auch durch Haarlem ziehen sich die Grachten als Nebenarme dieses Flusses. Durch den Schiffsverkehr über die Spaarne wurde Haarlem bereits vor Jahrhunderten zur Handelsmetropole. Heute eignet sich die Spaarne für Rundfahrten, die immer auch über die Grachtennebenwege gehen. Besonders empfehlenswert ist dabei die Tour in einer der kleineren Grachtenausflugsboote, die direkt hinter dem Rathausplatz an der bekannten Zugbrücke starten. Mit viel Glück ist man der einzige Passagier und hat so eine wirklich individuell geprägte Tour entlang der Schönheiten der Stadt. Insgesamt sind die Fahrten bei den Gästen jedoch sehr gefragt und es empfiehlt sich, bereits im Vorfeld Karten zu reservieren. Prachtvolle Backsteinbauten, Kaufmannspaläste, Brücken, Denkmäler, die historische Windmühle und die Zugbrücke bilden die Kulisse für die Grachtenrundfahrt.
Am Spaarne-Ufer
Eine Pause auf der Route an der Mühle De Adriaan lohnt sich. Die Mühle, die an dieser Stelle vor gut dreihundert Jahren entstand, ist eines der historischen Wahrzeichen der Stadt. Damals erhielt der Amsterdamer Unternehmer Adriaan de Boois die Genehmigung zum Bau der Mühle an der Spaarne. 1930 wurde sie durch einen Sturm jedoch stark beschädigt und 1932 brannte sie bei einem Großfeuer aus. 70 Jahre nach dem Brand baute man die Mühle nach. Die feierliche Eröffnung fand 2002 statt. Seither ist die Mühle wieder eine der Attraktionen für die Reisenden.
Mühle De Adriaan
Die Stadt zeichnet sich durch ihren unverkennbar flämischen Charakter aus. Ihr Ursprung ist jedoch eine römische Siedlung. Mit den Jahrhunderten entwickelte sich Haarlem zum Zentrum der Brauerei- und Textilwirtschaft. Kulturell war Haarlem stets für die Malerszene von Bedeutung. Heute ist Haarlem eine sehenswerte Kulturstadt.
Das Teylers Museum ist das erste und älteste öffentliche Museum in Holland. Eröffnet wurde es als Museum für Natur- und Technikgeschichte bereits 1778. Auch wenn die Jahre seither vergangen sind, seinen Charakter hat sich das Museum erhalten. Der Besucher wird dort heute noch in die damalige Zeit versetzt und kann bei einem Besuch und Spaziergang durch die Etagen die Atmosphäre „live“ erleben.
Das Teylers Museum
Pieter Teyler van der Hulst war ein wohlhabender kinderloser Bankier. Sein Vermögen sollte der Förderung von Kunst und Kultur dienen. Den Besucher erwarten hier seither wertvolle und einzigartige Dauersammlungen: Mineralien, Fossilien, Instrumente, Globen und Gemälde. Dazu finden regelmäßig Wechselausstellungen statt. Seit 2011 gehört das Museum zum holländischen Weltkulturerbe der UNESCO. Es zählt jährlich über 100.000 Besucher.
Nicht übersehen lassen sich die sogenannten historischen „Hofjes“, von denen es noch heute 22 in Haarlem gibt – als Stiftungswohnhöfe für ältere Frauen. Die Vielfalt der historischen Architekturen in Haarlem, darunter die Markthalle, die Fleischhalle und die vielen Patrizierhäuser, ist sehenswert. Ihre Schönheiten bezaubern und laden zu jeder Jahreszeit voller Charme zur Entdeckung ein.
Fotos: Juliane Adameit
→ Holländische Impressionen (3): Delft
→ Holländische Impressionen (1): Hillegom, Bloemendaal, Keukenhof und der Blumencorso