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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Holländische Impressionen (1)

Hillegom, Bloemendaal, Keukenhof und der Blumencorso

Von Juliane Adameit

Wieder einmal soll die Reise von Frankfurt aus per Bahn losgehen: wie zentral ist doch unsere Stadt am Main für Reiselustige gelegen! Holland ist in nur knapp drei bis vier Stunden ICE-Direktfahrt erreichbar. Man ist damit fast schneller an der holländischen Nordsee als an der deutschen Nordseeküste.

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Flächenmäßig ist Holland ein Land mit einer überschaubaren Größe. So lässt sich das Nachbarland bereits in einer Woche doch bestens kennenlernen. Amsterdam ist vielerorts bekannt und unzählig viele Male bereist, doch die anderen holländischen Städte sind ebenso reizvoll – fehlen erstaunlicherweise aber oftmals in den gängigen Reisekatalogen. Den Haag, Utrecht, Rotterdam, Haarlem, Maastricht und Delft sind Städte, die mit endlos vielen Schönheiten bezaubern und voller Charme auf eine Entdeckung zu jeder Jahreszeit einladen.

Kennen Sie das Land, in dem die Blumen blühen? Kenner wissen, dass die Tulpenblüte das Land berühmt gemacht hat. Hier zelebriert man die Blumenzwiebel bzw. Tulpenzwiebel seit mehreren Jahrhunderten und lässt sie zu einem prachtvollen Farbenmeer inszeniert erblühen. Ringsherum leuchten die Felder im Frühling in Holland.

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Schon immer träumten Sie von mindestens sieben Millionen Tulpenblüten? Dann geht eine der Top-Reiserouten im Frühjahr über die küstennahen Ebenen zu dem 32 Hektar großen Park Keukenhof (er öffnet wieder im März 2016) und den anliegenden Ortschaften wie dem Dorf der Blumenzwiebelzüchter Lisse und den nahe gelegenen Hillegom. In Lisse erfreut dazu ein Tulpenmuseum mit einer umfassenden und illustrierten Dokumentation zur holländischen Starblume.

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Dünenlandschaft bei Hillegom

Hillegom liegt auf der Route der jährlich stattfindenden Blumenparade, auch als „Blumencorso“ bekannt. Auf der gesamten Straßenroute zwischen Haarlem und dem Keukenhof sind viele der Hauptstraßen an einem Wochenende zwischen Ende April und Anfang Mai gesperrt. Die ganze Region scheint in dieser Zeit im Tulpenrausch zu sein. Überall blüht es in der sogenannten Blumenzwiebelregion in allen Farbschattierungen auf den Feldern.

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Wer den Blumencorso sehen möchte, dem sei geraten, sich schon rechtzeitig entlang der Route am Straßenrand einen Platz zu suchen. In Flyern wird die genaue Route auch mit Zeitangaben öffentlich bekannt gegeben. Überall in den Ortschaften entlang der Route ist Feststimmung. Buden bieten Leckeres, Cafés haben ihre Tische draußen aufgestellt und Orchester auf Musikbühnen unterhalten die Passanten zwischendurch. Oder man sucht sich einfach zur Überbrückung der Wartezeit einen Picknickplatz an einer der vielen Grachten, die durch das Land gehen und die Ortschaften per Wasser verbinden. Ganz in der Nähe: schöne Nordseestrände, historische Kirchbauten, Markthallen oder romantische Bed & Breakfast-Unterkünfte laden zum Verweilen ein.

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Der Blumencorso

Der Blumencorso geht von Noordwijk jedes Jahr durch Voorhout, Sassenheim, Lisse, Hillegom, Bennebroek, Heemstede bis nach Haarlem in der Nähe von Amsterdam. Er ist ein einzigartiges Erlebnis. Nirgendswo hat die „Blumenzwiebel“ eine grössere Bedeutung als in dieser Region bzw. in diesem Land. Große Themenwagen ziehen die Passanten in ihren Bann. Alle Motive sind aus Tulpen, Hyazinthen und Narzissen oder aus den Zwiebeln in akribischer Kleinstarbeit über Stunden gesteckt. Von den Wagen verströmt ein herrliches Duftpotpourri aus allerlei Frühlingsblumen und erfüllt fast betörend die Luft an der Corso-Route. Zwischen den Motivwagen spielen Musikkapellen. Zwischendurch werden Getränke gereicht, auch Blumen verschenkt. Abends erreicht der Blumencorso dann Haarlem. Die Wagen können am Folgetag auf dem Grote Markt (Marktplatz) vor dem Rathaus bestaunt werden. Tausende Menschen strömen dann am Morgen danach in die Innenstadt. Der Blumencorso ist somit wahrlich ein „Faszinosum“ – und dies nun schon seit bald 70 Jahren.

 

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Blumencorso

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In der Hauptattraktion in der Region, dem Keukenhof, kann man eine Vielzahl an Tulpenpflanzen bewundern, die kunstvoll arrangiert erblühen. Entstanden ist der Keukenhof 1949 über eine Blumenausstellung der Zwiebelzüchter und Exporteure, die durch den damaligen Bürgermeister von Lisse initiiert wurde. Doch bekannt ist dieses Landstück bereits seit dem 15. Jahrhundert. Es war damals im Besitz der Gräfin Jacoba von Bayern. Damals wuchsen an dieser Stelle vor allem Küchenkräuter, und der Adel ging hier auf die Jagd. So entstand auch der Name „Keukenhof“ (Küchenhof). Im Park laden im Frühjahr drei verschiedene Pavillons die Besucher zu Blumenshows ein: der Oranje-Nassau-Pavillon (ein Blumenthema pro Woche), der Willem-Alexander-Pavillon (Präsentation von über 600 Tulpensorten) und der Beatrix-Pavillon (Orchideenschau). Eine alte Windmühle ist der Anlegeplatz für die Keukenhof-Boote, mit denen man eine Rundfahrt durch die Grachten zwischen den Tulpenfeldern machen kann.

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Motivwagen im Blumencorso

Tulpen- bzw. Blumenzwiebeln wurden im 16./ 17. Jahrhundert in Holland wie Gold gehandelt und brachten viel Wohlstand ins ganze Land. Der heutige Keukenhof sowie der Blumencorso sollen an die damalige Ära erinnern und die Pflanzen festlich ehren. Die Tulpen kamen über die Sultane aus dem Osmanischen Reich und holländische Kaufleute in die Gefilde. Der Name der Pflanze „tulipan“ bedeutet „Turbanband“ und wurde in dieser Ära wahrscheinlich irrtümlicherweise verwendet. In über 400 Jahren wurde aus „tulipan“ dann „Tulpe“. Heute kennt man sie in tausenden Züchtungen, Farben und Größen.

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Ein besonderer Tipp für Übernachtungen ist Bloemendaal. Einige Kilometer westlich von Haarlem gelegen ist dieser 20.000 Einwohner-Ort mitten im Grünen ein wahres Kleinod. Erreichbar ist Bloemendaal per Bus oder Bahn sehr gut von Haarlem oder auch Amsterdam. Einzigartige Villenarchitekturen und großzügige parkähnliche Gärten verzücken den Reisenden. Es lohnt sich, ein Fahrrad mieten, um den Ort, die Umgebung und die Radroute bis an die Nordsee erkunden. Vorbei geht es an einem typisch holländischen Restaurant, dem Pfannkuchenhaus. Immer weiter radelt man geradeaus dem Weg nach. Im Grünen, entlang an Wiesen, Weiden, Feldern und durch Alleen geht es in Richtung Nordseestrand bei „Bloemendaal aan Zee“. Eine Abzweigung führt zu dem 35 km² großen Zuid-Kennemerland-Nationalpark. Das Parkareal liegt zwischen Bloemendaal und Zaandvort an der Küste. Zwischen Grünflächen und Dünen ist nach all den Jahren ein wahrer Biotop entstanden. Attraktion für die Besucher sind oftmals die Wisenten auf der Weide. Über 100 Vogel- und 20 Schmetterlingsarten sowie viele andere Tierarten haben hier ihren Lebensraum gefunden.

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Am Nordseestrand mit der unverkennbaren Nordseebrise geht der Blick über einen breiten und feinen, endlos langen Sandstrand hinaus aufs Meer. Wunderschöne Dünen, kleine Strandbuden, Spaziergänger und Möwen sind typisch für diese Gegend. Hier soll der schönste und längste Strand von Holland sein.

Fotos: Juliane Adameit

→ Holländische Impressionen (2): Haarlem

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