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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Lichtdesign-Preis für den Frankfurter Lichtdesigner Christian Uitz, RAUMLABOR

Der schöne Schein im urbanen Raum

Vor fünf Jahren wurde der Deutsche Lichtdesign-Preis ins Leben gerufen, um der professionellen Lichtplanung öffentliche Wertschätzung zu verleihen. Eine unabhängige Fachjury zeichnete unlängst bei der Verleihung des Lichtdesign-Preises 2015 in Frankfurt am Main insgesamt zehn Planungsbüros aus für die gelungene Interaktion von Licht und Architektur sowie für den Einfluss des Lichtdesigns auf die Identitätsbildung von Gebäuden. Ein Treffen mit dem Preisträger Christian Uitz, der für die Beleuchtung des Frankfurter Hauptbahnhofs ausgezeichnet wurde:

Von Petra Kammann

Eigentlich hatte Christian Uitz Innenarchitektur in Darmstadt studiert. Als es dann in die Examensphase ging, war seine Dozentin so begeistert von der Lichtplanung, die der technisch begabte Student Uitz für sein Diplomthema „Naxoshallen in Frankfurt ESA-Museum für Raumfahrt“ ausgetüftelt hatte, dass sie ihm riet: „Überleg dir doch, ob du nicht Lichtplaner werden willst“. Dieser Hinweis gab seinem Wunsch, vor allem Atmosphäre in Innenräumen zu schaffen und eigene Möbel und Lampen zu entwerfen, eine neue, folgenreiche Richtung. So gelangte der frisch diplomierte Ingenieur in ein Limburger Lichtplanerbüro und musste sich gleich mit der aufwändigen Beleuchtung des Münchner Kaufhauses Oberpollinger beschäftigen: eine ihn prägende positive Erfahrung.

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Der Lichtdesigner Christian Uitz setzt sich in seinem Atelier mit der Zusammensetzung und Qualität des Lichts auseinander, bevor er eine Beleuchtungskonzeption entwickelt

Im Limburger Büro „Die Lichtplaner“ blieb er dann auch sieben Jahre lang und lernte dort alles von der Pieke auf: Systementwicklungen, Sonderbeleuchtungen, Visualisierungen bis hin zur Beteiligung an Wettbewerben. Bis 2011 verantwortete er dort schon bald als Projektleiter sowohl private, öffentliche, kulturelle als auch gewerbliche Objekte. Eine hervorragende Basis also, um sich 2012 mit dem Lichtplaner Herbert Cybulska unter dem Label Czybulska + Partner selbständig zu machen, bevor Uitz sich 2014 ganz und gar auf seine eigenen Fähigkeiten und Intuitionen besann und als Raumplaner und -gestalter RAUMLABOR gründete, damit alles aus einer Hand komme. Sein Credo daher: „Eine gute Lichtplanung berücksichtigt den ganzheitlichen Gedanken und sollte in Projekten frühzeitig einbezogen werden, um Zeit- und Kostenpläne verwirklichen zu können, selbstverständlich unter Beachtung der bestehenden Normen und der qualitativen Gestaltungskriterien.“

Uitzens eigener Vision nach sollen Räume durch Beleuchtung neu erlebbar gemacht werden. Das kann sich sowohl auf die Fassaden von Gebäuden beziehen, deren Dreidimensionalität besonders akzentuiert wird, als auch auf Stadträume, Grünanlagen, Fassaden, Plätze, Alleen oder Wege und nicht zuletzt auf Innenräume. In allen Fällen geht es dem kreativen Gestalter darum, eine atmosphärische Wirkung zu erzielen, was nicht bedeutet, dass Überlegungen wie Wirtschaftlichkeit und Ökologie für ihn keine Rolle spielen. Entscheidend aber bleibt für ihn immer die Gesamtkonzeption, die ein stimmiges Gesamtbild entstehen lässt. Das ist leichter gesagt als getan. Denn als Lichtplaner muss man viele Unvorhersehbarkeiten bei der Realisierung mit in Kauf nehmen, wie etwa auch im Falle der besonderen Beleuchtung der historischen Fassade des Frankfurter Hauptbahnhofs, der gleichzeitig aufwändig saniert und restauriert werden sollte.

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Erste Skizze von Christian Uitz für die Gestaltung der Fassade des Frankfurter Hauptbahnhofs

So entstand die erste Skizze von der Beleuchtung des Frankfurter Hauptbahnhofs bereits im Juli 2013 und blieb dann erst einmal ein halbes Jahr liegen. Die Bestrebungen des Lichtplaners Uitz gingen vor allem dahin, eine energetische wie ökologische zeitgemäße Beleuchtung zu entwickeln. Zum anderen war es dem Lichtgestalter wichtig, durch die neue Beleuchtung die Merkmale der Architektur, deren Dreidimensionalität und Plastizität herauszuarbeiten, die dem historisch bemerkenswerten, denkmalgeschützten Bau des Hauptbahnhofs, welcher die wichtigste Verkehrsdrehscheibe im deutschen Zugverkehr darstellt, angemessen ist. Diese „Kathedrale der Mobilität“ stand dann 2014 während der Luminale auch im Fokus. Durch gezielte LED-Beleuchtung sollten erstmalig die Details der Fassade wie Türme, Bögen oder Allegorien auf diese Weise optisch erschlossen werden. Dabei war der Weg dahin alles andere als leicht.

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Erster Schritt der Digitalisierung des Lichtkonzepts von Christian Uitz

In Abstimmung mit dem Amt für Denkmalschutz mussten die durch Verwitterung oder Versalzung stark beeinträchtigten Steine gegen insgesamt 20 Kubikmeter Heilbronner Sandstein als sogenannte Vierungen ausgetauscht und die nicht ganz so stark beeinträchtigten Steine der Fassade ersetzt oder schonend gereinigt werden. Bei den sechs allegorischen Großskulpturen sollten fehlende Figurenteile ergänzt, ersetzt oder per Mikro-Sandstrahlgerät gereinigt werden. Wie das Endergebnis aussehen würde, war im Laufe des Prozesses nicht immer so ganz klar. Immerhin verstellte allein ein aufwändiges Gerüst Teile der dadurch nicht mehr sichtbaren Fassade. Die auf dem Scheitelpunkt des Daches stehende, sechs Meter hohe, aus Kupfer geformte Figurengruppe „Atlas, die Erdkugel tragend, unterstützt von Dampf und Elektrizität“ von Gustav Herold schien in gutem Zustand zu sein. So konnte im Hohlraum des Sockels die Kabelzentrale mit fünf Kilometer Kabeln verortet werden.

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Beleuchtung für besondere Events wie zur Luminale

Neben den laufenden Sanierungsmaßnahmen mussten außerdem Spengler- und Restauratorenarbeiten koordiniert und darüber hinaus auch noch zeitgleich mit der Deutschen Bahn abgestimmt werden. Das ist alles andere als ein leichtes Unterfangen und setzt voraus, dass alle an der Sache Beteiligten koordiniert arbeiten und am gleichen Strang ziehen. Und so wurde in der knappen Zeit von zweieinhalb Monaten auch manches Mal bis tief in die Nacht an der Fassade gearbeitet, um die Zeit des Gerüstaufbaus zu nutzen und fertig zu werden. Man muss sich vorstellen, dass außerdem täglich 300.000 Besucher den Bahnhof frequentieren.

Dem Lichtplaner gelang es, in dieser Zeit dort auch fünf verschiedene Lichtszenarien in den Farbkombinationen der Flaggen der jeweilig beteiligten Partnerländer, deren Zuggesellschaften den Bahnhof anfahren, zu entwickeln, daneben eine Weihnachtsbeleuchtung in winterlich warmem Orange oder Rot für den Bahnhofsgeburtstag. Diese CI-Farben der Deutschen Bahn sind für den entsprechenden Bedarf hinterlegt. Schließlich entscheidet auch die emotionale Lichtqualität darüber, ob man sich an einem Ort wohlfühlt und sich dort auch länger gerne ohne Angst aufhält.

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Früher war die Fassade des Hauptbahnhofs gleichförmig angestrahlt

Im Zuge der Restaurierungsarbeiten an der Fassade musste für dieses so komplexe Gebäude eine neue zeitgemäße und die Architektur betonende Lichtgestaltung entwickelt werden. Das ist Christian Uitz gelungen. Jetzt strahlt durch die neue Beleuchtung der wohlgeformte Atlas mit der Weltkugel als dynamische Ikone über der neu-alten Halle der Mobilitätskultur. Mal taucht das neue Lichtdesign die Fassade in eine warme Alltagsbeleuchtung, mal unterstreicht es als farbige Festtagshülle bei besonderen und feierlichen Anlässen die Materialität des gelben Sandsteins.

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Heute werden die historischen und künstlerischen Besonderheiten der Fassade des denkmalgeschützten Bahnhofs wieder sichtbar. Dafür wurde Christian Uitz am 28. Mai 2015 der Lichtdesignpreis des Jahres im Gesellschaftshaus Palmengarten in Frankfurt verliehen

Man kann dem Preisträger und unabhängig denkenden Lichtgestalter – und nicht zuletzt auch uns allen – nur wünschen, dass er die Gelegenheit bekommt, in den nächsten Jahren noch einige lichtvolle Akzente in Frankfurt zu setzen. Selbst im Untergrund hat er hier auch schon sein Können bewiesen. Man sehe sich nur die Gestaltung der S-Bahnstation Taunusanlage an. Da dient das blaue (Ausgang zu den Banken) und das grüne Lichtband (Ausgang zur Taunusanlage) auch als Wegweiser im städtischen Dschungel. Und da ist in der international quirligen Mainmetropole noch einiges zu beleuchten: „Man sieht nur die im Lichte – Die im Dunklen sieht man nicht …“.

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Christian Uitz mit der Preistrophäe

Der unabhängigen fünfköpfigen, ehrenamtlichen Jury gehören Architekten, Professoren für Lichtplanung, ein Publizist und ein Wissenschaftler an. Zum zweiten Mal wurde jetzt aus dem Gewinnerkreis des Vorjahres zusätzlich ein Ehren-Juror zu Rate gezogen. Dieses Mal übernahm diese Aufgabe Iris Podgorschek vom Büro podpod design aus Wien, das 2014 zum Lichtdesigner des Jahres gekürt worden war.

Fotos des Preisträgers: Petra Kammann; alle anderen Abbildungen: Christian Uitz

 

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