200 Jahre Städel-Stiftung – Städel Museum Frankfurt am Main
Geburtstag ist am 15. März 2015 –
Geburtstagsgeschenke gibt es schon heute
Von Erhard Metz
Über Geburtstagsgeschenke freut sich ein jeder – auch der Direktor des Städel Museums Frankfurt, Max Hollein, und überhaupt freut er sich über Geschenke an das in der Weltliga spielende Museum, wie er in der Jubiläums-Pressekonferenz augenzwinkernd werbend bekannte. Die (ersten?) Geschenke, ein Reni und ein Degas, kommen als Ankäufe vom Städelschen Museumsverein. Allerdings hätte dessen Finanzkraft – angesichts des finanziellen Volumens der Erwerbe von insgesamt rund 2 Millionen Euro – allein nicht ausgereicht – vielmehr kamen finanzielle Engagements in beträchtlicher Grössenordnung hinzu. Der Ankauf von Renis „Himmelfahrt“ wurde durch eine Spendenkampagne mit grosszügiger Unterstützung von Fritz und Waltraud Mayer, Ibeth Biermann, Dieter und Ingrid Seydler sowie zahlreiche weitere Gross- und Kleinspenden von Vereinsmitgliedern und fördernden Institutionen ermöglicht; die Mittel für den Erwerb der Degas-Zeichnung brachte eine Frankfurter Mäzenin im Rahmen einer Einzelspende auf.
Ein Geburtstags- und Jubiläumsjahr gilt es also heuer anzukündigen – mit grossen Ausstellungen und festlichen Events und einem Publikumstag für alle am 15. März, die Fügung will es: just an einem Sonntag, an dem ein grosses Publikumsinteresse erwartet werden kann.
Warum der 15. März 2015?
„Mittwochs, den 15. März im Jahr Eintausend Achthundert und Fünfzehn“ war es, als Johann Friedrich Städel, der „hiesige Burger und Handelsmann“ in seinem Stiftungsbrief „als Testirer“ beurkundete, „meine beträchtliche Sammlung von Gemählden, Kupferstichen und Kunstsachen nebst meinem gesammten dereinst zurück lassenden Vermögen … der Stiftung eines besonderen, für sich bestehenden und meinen Namen führenden Kunstinstituts zum Besten hiesiger Stadt und Bürgerschaft zu widmen“. Wobei er das „Kunstinstitut“ sowohl als Museum als auch als Kunstschule – der Nukleus der heutigen Städelschule – ausgestaltet wissen wollte. Städel, 1728 in Frankfurt am Main geboren, betrieb ein Handelsgeschäft mit Spezereien sowie später Kommissions- und Bankgeschäfte, wurde dabei überaus vermögend und baute in seinem Haus am Rossmarkt eine umfangreiche Kunstsammlung auf, die er gern auch Dritten auf Wunsch zeigte. 1816 verstarb Städel kinder- und erbenlos.
Johann Nepomuk Zwerger (1796-1868), Bildnisbüste Johann Friedrich Städel, 1829, Marmor, Städel Museum Frankfurt am Main; Foto: Städel Museum
Das Städelsche Haus am Rossmarkt erwies sich bald als zu klein, und Museum nebst Kunstschule bezogen 1833 das Palais des Thurn und Taxisschen Oberpostmeisters Freiherr von Vrints-Treuenfeld in der Neuen Mainzer Strasse. Das Museum verfügte nun zum Teil bereits über Oberlichtsäle. 1878 folgte dann der Einzug in das eigens als Gemäldegalerie konzipierte prachtvolle Gebäude am heutigen Standort am Mainufer. Die 1905 auf Basis einer namhaften Stiftung für die Pflege zeitgenössischer Kunst eingerichtete Städtische Galerie wurde in das Gebäude des Städel Museums integriert.
Die Kunstschule („Lehranstalt“) berief 1824 einen ersten Lehrer für Zeichnen, 1829 folgten Klassen für Malerei und Bildhauerei. Ebenfalls im Jahr 1878 bezog sie ihre heutigen Räumlichkeiten in unmittelbarer Nachbarschaft zum Museum.
Der Stiftungsbrief von Johann Friedrich Städel, 1815, Titel und letzte Seite, © Stadtarchiv Frankfurt am Main
Das Städel zählt zu den bedeutendsten Museen in Europa und weltweit. Mit rund 3000 Gemälden, 600 Skulpturen, 4000 Fotografien und 100.000 Grafiken und Zeichnungen spiegelt seine Sammlung 700 Jahre europäische Kunstgeschichte wider – vom Mittelalter bis zur Gegenwart. Über die Bewahrung und Präsentation der Sammlung und die Kunstvermittlung hinaus veranstaltet es regelmässig Ausstellungen von internationaler Reputation.
Professor Nikolaus Schweickart, Vorsitzender der Administration des Städelschen Kunstinstituts, Städel-Direktor Max Hollein und Sylvia von Metzler, Vorstandsvorsitzende des Städelschen Museumsvereins, in der Pressekonferenz; Foto: Erhard Metz
Doch nun endlich zu den Geburtstagsgeschenken des Städelschen Museumsvereins:
Das erste ist die „Himmelfahrt Mariens“, in Öl auf Kupfer gemalt in den Jahren 1596/1597 von Guido Reni (1575-1642), der im 17. Jahrhundert zu den gefragtesten Meistern Europas zählte und die religiöse Bildwelt der europäischen Malerei nachhaltig mitprägte. In der Mitte der grossartigen Bildkomposition schwebt Maria mit dem für den Künstler typischen „himmelnden Blick“.
↑ Guido Reni (1575-1642), Himmelfahrt Mariens, um 1596/1597, Öl auf Kupfer, 58 x 44,4 cm, Städel Museum, Frankfurt am Main, Eigentum des Städelschen Museums-Vereins e.V.; Foto: Städel Museum
↓ Edgar Degas (1834-1917), Studie eines Aktes (Étude de Nu), 1888-1892, Kohle und Pastellkreide auf Papier, 55,8 x 36,8 cm, Städel Museum, Frankfurt am Main, Eigentum des Städelschen Museums-Vereins e.V.; Foto: Städel Museum
Edgar Degas‘ „Studie eines Aktes (Étude de Nu)“ erweitert den Bestand an französischen Zeichnungen des 19. Jahrhunderts in der umfangreichen Graphischen Sammlung des Hauses um eine wertvolle Position aus den letzten Schaffensjahren des Künstlers. In Degas‘ Nahsicht auf einen weiblichen Körper gelingt ihm, so das Museum, „ein besonderes Zusammenspiel von respektvoller Beobachtung und sinnlicher Auffassung“.
„Die kontinuierliche Erweiterung der Städelschen Sammlung ist eines der Hauptziele unseres Vereins“, sagt Sylvia von Metzler, Vorsitzende des Städelschen Museums-Vereins. „Seit Bestehen hat der 1899 gegründete Museums-Verein schon über 1.000 Ankäufe namhafter Kunstwerke ermöglicht. Wir sind sehr stolz und glücklich, dass es uns nun – dank der aussergewöhnlichen Unterstützung zahlreicher Mitglieder – gelungen ist, dem Städel zum 200. Geburtstag diesen grossen Wunsch zu erfüllen“. Und Städel-Direktor Max Hollein betont: „Die Entwicklung der Sammlung des Städel baut seit 200 Jahren auf dem mäzenatischen Engagement vieler Bürgerinnen und Bürger auf. Die beiden jüngsten Erwerbungen sind nicht nur hochkarätige Zugänge für unsere Sammlung und massgebliche Werke der europäischen Kunstgeschichte, sondern zugleich ein eindrucksvolles Zeichen des gelebten Mäzenatentums. Der Städelsche Museums-Verein und seine Mitglieder sind so aktiv wie nie zuvor – ich empfinde dafür allergrösste Hochachtung und Dankbarkeit“.
Professor Nikolaus Schweickart, Sylvia von Metzler und Max Hollein freuen sich über die beiden Geburtstagsgeschenke; Foto: Erhard Metz
Das Städel Museum – die älteste und renommierteste Museumsstiftung in Deutschland – hat für das Jubiläumsjahr ein umfangreiches Ausstellungs- und Festprogramm entwickelt: Es beginnt im Februar mit „Jean-Jacques de Boissieu. Ein Zeitgenosse Städels“ in der Ausstellungshalle der Graphischen Sammlung, im März gefolgt von der grossen Schau „Monet und die Geburt des Impressionismus“ im Ausstellungshaus. Zum Geburtstag am 15. März findet im Museum und im Städel Garten ein grosses Bürgerfest statt. Wiederum in der Ausstellungshalle der Graphischen Sammlung folgen im Juni die Ausstellung von Druckgrafiken von William Hogarth und im Juli im Ausstellungshaus die Schau „Die 80er. Figurative Malerei in der BRD“.
Ein Höhepunkt im Jubiläumsjahr wird nach der Monet-Schau die Ausstellung „Dialog der Meisterwerke. Hoher Besuch zum Jubiläum“ im Oktober. Den Schlusspunkt setzt „John Baldessari“ im November im Ausstellungshaus.
FeuilletonFrankfurt wird berichten.
→ Neu im Städel Museum: Werke von Jusepe de Ribera und Lotte Laserstein
→ Aufstieg in die World League: Max Holleins Städel Museum
→ Das neue Städel – Kunst der Moderne
→ Das neue Städel – Alte Meister
→ Städelschule in neuem – alten – Glanz
→ Ein Frankfurter Adventskalender
→ Frankfurts Kunst- und Kulturgegenstände: 2,5 Milliarden Euro Wert
Zahlreiche weitere Artikel zum „Städel Museum“ und zur „Städelschule“ sind über den obigen Suchkasten abrufbar