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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

56. Biennale Arte Venedig 2015

Von Erhard Metz

Die 56. Kunst-Biennale in Venedig wird am 9. Mai 2015 eröffnet. Zum Kurator der Welt-Kunstschau, die am 22. November 2015 endet, wurde im Dezember 2013 Okwui Enwezor berufen.

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Okwui Enwezor, Kurator der 56. „Esposizione Internazionale d’Arte“, und Paolo Baratta, Präsident der Biennale di Venezia; Foto: Giorgio Zucchiatti, Courtesy la Biennale di Venezia

Okwui Enwezor, 1963 in der nigerianischen Hafenstadt Calabar geboren, ist ein international agierender Kurator, wohlbekannt auch in Deutschland: Seit 2011 leitet er als Direktor und Geschäftsführer das Haus der Kunst in München. Er war künstlerischer Leiter der documenta 11 im Jahr 2002 in Kassel. In den USA und in Schweden lehrte er als Gastprofessor; weiter war er künstlerischer Leiter zahlreicher grosser internationaler Kunstausstellungen.

Die diesjährige Kunst-Biennale in Venedig, an der 53 Länder teilnehmen werden, steht unter dem Titel „All the World’s Futures“. Die Hauptpräsentationsstätten werden wieder die Pavillons in den Giardini Pubblici und die Arsenale sein, darüber hinaus wird es wie üblich zahlreiche Ausstellungsaktivitäten und Kunstereignisse verteilt über das gesamte Stadtgebiet geben.

„All the World’s Futures“: Was sich hinter diesem Motto verbirgt, werden wir noch näher erkunden. Enwezor begreift die kommende Ausstellung als „Parliament of Forms“: „At the core of the Exhibition is the notion of the exhibition as stage where historical and counter-historical projects will be explored. Within this framework the main aspects of the 56th Exhibition will solicit and privilege new proposals and works conceived specifically by invited artists, filmmakers, choreographers, performers, composers, and writers to work either individually or in collaboration.“ Drei „Filter“ sollen dabei das Ausstellungsgeschehen bestimmen: „On epic duration“, „Garden of Disorder“ und „Capital: A Live Reading“.

Der Deutsche Pavillon

Seit 43 Jahren koordiniert und realisiert das ifa (Institut für Auslandsbeziehungen) im Auftrag des Auswärtigen Amts den deutschen Länderbeitrag im Deutschen Pavillon auf der Biennale Venedig. Kommissar – Kurator – des Beitrags der Bundesrepublik Deutschland im Deutschen Pavillon ist dieses Jahr Florian Ebner, Leiter der Fotografischen Sammlung im Essener Museum Folkwang.

Geboren 1970 in Regensburg, studierte Ebner an der École Nationale Supérieure de la Photographie in Arles Fotografie sowie an der Ruhr-Universität Bochum Kunstgeschichte, Geschichte und Romanistik. Zunächst lehrte er Fotografie an der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig, bevor er kommissarisch die Fotografische Sammlung der Berlinischen Galerie übernahm. Bevor er nach Essen an das Museum Folkwang kam, leitete er das Museum für Photographie Braunschweig.

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Florian Ebner, Foto: Museum Folkwang, 2014

Der Beitrag Deutschlands steht unter dem Motto: „Widerständige Bilder in Zeiten digitaler Überbelichtung“. Ebner hat für die Bespielung des Pavillons Olaf Nicolai, Hito Steyerl und Tobias Zielony berufen, die sämtlich in Berlin leben und arbeiten, ferner das Künstlerpaar Jasmina Metwaly/Philip Rizk, das in Kairo lebt.

„Der Deutsche Pavillon der 56. Kunst-Biennale von Venedig wird sich ab Mai 2015 in einen Schauplatz verwandeln, der sich der Gegenwart der Bilder öffnet“, so beschreibt Florian Ebner sein Ausstellungskonzept. „Die Besucher fordert die Ausstellung zu einer Reflexion auf über die materielle und politische Natur der Bilder im digitalen Zeitalter und einer globalisierten Welt …

Anhand von vier Aspekten und Ideen – migrierende Bilder, Teilhabe der Akteure, das Licht als elementarer Bildträger und das Dach als Ort der Freiheit – lässt sich ein inhaltliches und formales Kraftfeld abstecken, aus dem dieser Pavillon seine Spannung beziehen wird. Klassische Fragen der Repräsentation – das Machtverhältnis von Subjekt und Objekt und die alte Asymmetrie von Fotograf und Modell – stellen sich im Lichte der digitalen Bilder neu. Ein heutiges Verständnis des ›Fotografischen‹ als einer zentralen Haltung dokumentarischen Arbeitens steht zur Diskussion. Alle Arbeiten entstehen speziell für den Deutschen Pavillon und werden dort zum ersten Mal gezeigt.

In den vergangenen fünfundzwanzig Jahren verstand sich der Deutsche Pavillon auf der Internationalen Kunstausstellung der Biennale di Venezia immer wieder als ein Ort der Infragestellungen und der Dekonstruktion deutscher Identitäten. Das Gebäude selbst wurde zu einem direkten Bezugspunkt, zu einem Ort einer künstlerischen, manchmal mythischen oder ironischen Archäologie dessen, was der Kunsttempel im Namen führt: Germania. Wie schon der Beitrag zur letzten Kunst-Biennale 2013, so modifiziert auch der kommende Deutsche Pavillon das klassische Konzept des nationalen Länderpavillons und öffnet sich inhaltlich einer globalen Perspektive.“

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Jasmina Metwaly und Philip Rizk; Foto: Courtesy Jasmina Metwaly & Philip Rizk

Jasmina Metwaly wurde 1982 in Warschau geboren, Philip Rizk 1982 in Limassol (Zypern). Metwaly studierte Malerei an der Kunstakademie Poznan, Rizk Philosophie an der Universität Freiburg mit anschliessenden Studien am Wheaton College, Wheaton, Illinois und an der American University Cairo mit den Abschlüssen Bachelor und Magister of Arts. Seit 2010 leben und arbeiten beide als Künstlerduo in Kairo.

Nicolai - Steyerl - Zielony

Olaf Nicolai (Foto: © Hans-Günther Kaufmann, München), Hito Steyerl (Foto: © Thomas Meyer, Ostkreuz) und Tobias Zielony (Foto: © Diane Vincen)

Olaf Nicolai, Bildhauer, Konzept- und Medienkünstler, wurde 1962 in Halle an der Saale geboren und lebt und arbeitet in Berlin. Er studierte Germanistik mit Promotion und ist seit 2011 Professor für Bildhauerei und Grundlagen des dreidimensionalen Gestaltens an der Akademie der Bildenden Künste München.

Hito Steyerl, Filmerin, Videokünstlerin und Autorin, 1966 in München geboren, studierte Dokumentarfilmregie an der Hochschule für Fernsehen und Film in München sowie Kinematografie und Dokumentarfilmregie in Tokio und promovierte an der Akademie der Bildenden Künste Wien. Steyerl lebt und arbeitet in Berlin und lehrt als Professorin für Experimentellen Film und Video (Neue Medien) an der dortigen Universität der Künste.

Der Dokumentarfotograf Tobias Zielony schliesslich wurde 1973 in Wuppertal geboren. Er studierte Kommunikationsdesign an der Fachhochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin, Dokumentarfotografie an der University of Wales in Newport sowie Fotografie an der Leipziger Hochschule für Grafik und Buchkunst (Meisterschüler von Timm Rautert). Auch Zielony lebt und arbeitet in Berlin.

→ 56. Biennale Arte Venedig 2015 (2)

→ 53. Biennale Arte in Venedig 2009
→ 54. Biennale Arte in Venedig 2011
→ 55. Biennale Arte in Venedig 2013

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