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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

SCHIRN Kunsthalle Frankfurt: Die Malerin Helene Schjerfbeck

Helene Schjerfbeck:
In Finnland nationale Ikone – in Deutschland noch zu entdecken

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HS – ein „Markenzeichen“ im Treppenaufgang der SCHIRN Kunsthalle

Von Erhard Metz

Helene Schjerfbeck, in Skandinavien – vor allem in Finnland (und dort als „nationale Ikone“ gefeiert) – bekannt, ist in Deutschland erst noch zu entdecken. Die SCHIRN Kunsthalle Frankfurt präsentiert in einer Einzelausstellung rund 85 Werke der wichtigsten Künstlerin der finnischen Moderne: vor allem (mehr als 20) Selbstporträts, ferner Bildnisse junger, zum Teil der damaligen Mode zugewandter Frauen, zunächst dem naturalistischen Realismus verpflichtet, dann aber bei aller Figuration mehr und mehr abstrahierend. Bemerkenswert ist dabei ein Selbstporträt aus dem Jahr 1915 mit ihrem eingezeichneten Namen – ein Auftragswerk zwar der Finnischen Kunstgesellschaft, jedoch auch Beleg für ein gewachsenes künstlerisches Selbstbewusstsein. Bei allem dient der Künstlerin die Porträtmalerei jedoch nicht als Abbildfunktion, sondern sie spiegelt in ihren Porträts durch eine stete Neuinterpretation ihre individuelle Bildidee wider.

Helene Schjerfbeck, 1862 in Helsinki geboren, begann ihre künstlerische Ausbildung zunächst mit Hilfe einer Lehrerin und studierte anschliessend in Paris, Rom, Florenz, St. Petersburg und Wien. Sie setzte sich mit den Meisterwerken der Renaissance, des Barock und des Manierismus auseinander, mit Giotto, El Greco, Franz Hals und Rembrandt, mit der Historienmalerei sowie auch zeitgenössischen Arbeiten von Pierre Puvis de Chavannes, James McNeill Whistler, Paul Cézanne oder Edgar Degas. 1890 nahm sie mit ihrem naturalistischen Gemälde „Die Genesende“ (1888) an der Pariser Weltausstellung teil, wobei sie mit der Bronzemedaille ausgezeichnet wurde.

Nach ihrer Rückkehr nach Finnland lebte sie mit ihrer Mutter in dem kleinen Ort Hyvinkää in einer gewissen physischen Isolierung, hielt aber durchaus regen Kontakt zu zeitgenössischen Künstlerinnen und Künstlern. Die Motive älterer Arbeiten – wie „Die Genesende“, „Die Näherin“ oder den „Tod Wilhelm von Schwerins“ – malte sie teilweise in neuen Fassungen.

Schjerfbeck nahm regelmässig an Ausstellungen teil, vor allem in Schweden, wohin sie nach dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges übersiedelte. Sie starb 1946 in Saltsjöbaden im Alter von 83 Jahren.

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Ausstellungsarchitektur

„Helene Schjerfbeck ist in Finnland allgegenwärtig, ihr Werk von epochaler Bedeutung, das Porträt dieser Nationalikone sogar auf einer Zwei-Euro-Münze des Landes verewigt. Finnlands Auftritt als Schwerpunktland bei der diesjährigen [2014] Buchmesse ist Anlass für uns, das eindringliche Œuvre der Künstlerin genauer zu beleuchten und einem breiten, internationalen Publikum näherzubringen“, so SCHIRN-Direktor Max Hollein.

Und Carolin Köchling, Kuratorin der Ausstellung, ergänzt: „Schjerfbecks künstlerische Praxis beruht auf der Auswahl und Kombination von Bildmotiven sowie auf der Bearbeitung des malerischen Materials. Schjerfbecks Selbstporträts gelten als ihr Hauptwerk. Daneben schuf sie eine Vielzahl von Frauenbildnissen: Dabei handelt es sich um kalifornische, spanische, französische Frauen, die Kimonos, französische Mode der Zeit, aufwendige Kleider oder Kostüme tragen. Es sind keine Porträts im klassischen Sinn, sondern Figuren, die sie aus einer reichen Bilderwelt schöpft und die sie, angeregt durch Kunstbücher und Modemagazine, stetig weiterentwickelte“.

Auch wenn die Lebensgeschichte Schjerfbecks für die damalige Zeit ungewöhnlich ist und oft als Mythos verklärt wird, betrachtet die Ausstellung das Werk dieser modernen Künstlerin nicht primär im Licht ihres Lebens, sondern lässt es für sich stehen, als wandelbar im Stil, experimentell in Farbe und Technik und eindringlich in der Wirkung (SCHIRN Kunsthalle).

Helene Schjerfbecks Interesse galt neben der Literatur auch der zeitgenössischen Mode und dem Erscheinungsbild junger, modebewusster Frauen, wovon zahlreiche ihrer Arbeiten Zeugnis geben:

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Ausstellungsarchitektur

Die Ausstellung in der SCHIRN Kunsthalle führt uns in eine weit mehr als nur interessante, sondern – in der zumindest im Spätwerk minimalistischen Form- und Bildsprache und der mitunter monochromen Palette der Künstlerin – in eine auf besondere Weise faszinierende Welt der Malerei des ausgehenden 19. und der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Man darf diese Werkschau keinesfalls versäumen.

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Pressekonferenz mit SCHIRN-Direktor Max Hollein, Anna-Maria von Bonsdorff, Chefkuratorin Ateneum Art Museum, Finnish National Gallery, Helsinki, und Ausstellungskuratorin Carolin Köchling

„Helene Schjerfbeck“, SCHIRN Kunsthalle Frankfurt, bis 11. Januar 2015

Fotos: Erhard Metz

 

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