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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Philibert, mon amour: Das königliche Kloster Brou im Flamboyant-Stil

Von Petra Kammann

Gut eine Stunde von Frankfurts Partnerstadt Lyon entfernt, bei Bourg-en-Bresse in der lieblichen Landschaft des Ain, liegt der Franzosen liebstes Nationaldenkmal, das Monastère royal de Brou, das königliche Kloster Brou. Sowohl die bauliche Anlage als auch die Vorgeschichte dazu sind höchst bemerkens- und einen Abstecher wert. Schon aus der Ferne erkennt man das Kloster an seinen leuchtenden Dachziegeln.

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Brou, vue aerienne, credit © Herwey Ville Bourg-en-Bresse

Veranlasst wurde die Kirche im Flamboyant-Stil durch Margarete, Regentin der habsburgischen Niederlande (1480 bis 1530). Margarete, Tochter des Habsburger Kaisers Maximilian I. und Enkelin des letzten Großherzogs von Burgund, Karl des Kühnen, hatte schon in jungen Jahren ein besonderes Schicksal ereilt.Schon im Alter von acht wurde sie auf die Rolle der Königin von Frankreich hin erzogen. Karl VIII., dem sie versprochen war, heiratete jedoch Anne de Bretagne. Und Margarete wurde mit dem spanischen Thronfolger, dem Fürsten von Asturien vermählt, der kurz darauf starb. Schließlich kehrte sie nach Frankreich zurück und heiratete den Herzog von Savoyen, Philibert II. (1480 bis 1504), der jedoch bald nach der Hochzeit an den Folgen eines Jagdunfalls verstarb. So wurde sie mit 24 Jahren erneut Witwe.

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Aus Liebe zu Philibert und ihm zu Ehren lässt sie vor den Toren der Stadt Bourg-en-Bresse, auch bekannt wegen ihrer Bresse-Hühner, eine wahrhaft königliche Anlage bauen. Von nun an eine wahre Kunstmäzenin, beauftragt sie die besten Architekten und Künstler Europas, zunächst aus Frankreich, Italien und Deutschland; später engagiert sie dann den Architekten Loys van Boghem, die Maler Bernard Van Orley und Jean Van Roome aus Flandern sowie den deutschen Bildhauer Conrad Meit aus Antwerpen.

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Als sie 1506 für ihren Vater und später für ihren Neffen Kaiser Karl V. die Regentschaft übernommen hat, verfolgt sie den Fortgang der Arbeiten vom belgischen Mechelen aus. In wenigen Jahren, zwischen 1505 und 1532, entstand so eine prächtige Anlage mit mehr als 4000 Quadratmeter Fläche auf mehreren Etagen, einem reich verzierten Lettner, einem kunstvoll geschnitzten Chorgestühl, mit den wunderschönen Doppel-Grabmälern für den verstorbenen Gemahl, Philibert den II., für dessen Mutter Margarete von Bourbon und für die Regentin selbst. Außerdem verfügt die insgesamt beeindruckende Klosteranlage über sage und schreibe drei doppelstöckige Kreuzgänge.

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Die klösterlichen Gebäude wurden zwischen 1505 und 1512 errichtet, um bis zum Ausbruch der Französischen Revolution 20 Augustinermönche zu beherbergen. Die Kirche mit dem spitz zulaufenden Dach, zwischen 1513 und 1532 erbaut, wurde mit den für Burgund so typischen vielfarbig glasierten Ziegeln verziert. Man denke nur an das Hôtel-Dieu in Beaune. Die herrlichen Glasfenster, welche die Wappen der verschiedenen Regenten miteinbeziehen, der mit steinernen Ornamenten besetzte Lettner, die reich verzierte Kapelle der Margarete von Österreich aus weißem Marmor, die Grabmäler, Retabeln, Statuen und anderen dekorativen Glanzlichter wie Herzmotiven, Margeritensträußen oder eingebauten Initialen P und M machen aus der als Grabstätte Philiberts gedachten Anlage ein phantastisches Museum der flämischen Bildhauerei des 16. Jahrhunderts. Es lohnt sich, den frisch renovierten Lettner heute von der Ebene des Kirchenchors aus zu bewundern.

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Wie bei der im Zentrum des Kirchenschiffs liegenden Grabstätte des Herzogs ist auch die verstorbene Margarete zweimal dargestellt: im Prunkgewand und Ornat der Regentin der Niederlande, darunter dann im Leichenhemd, aber mit verklärtem jüngeren Gesicht und ganz natürlich, um an die Nichtigkeit des irdischen Lebens zu erinnern.

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Auch sollte man nicht versäumen, die drei Kreuzgänge des Klosters anzuschauen: den ersten Kreuzgang mit den Wirtschaftsgebäuden und das städtische Museum in den Räumen des ehemaligen Klosters. Dort stößt man vor allem auf flämische und französische Gemälde aus dem 15. bis 20. Jahrhundert sowie auf alte religiöse Skulpturen, Mobiliar aus der Renaissance und seltene Fayencen aus Meillonas.

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Erster und Zweiter Kreuzgang

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Dritter Kreuzgang

Brou schwelgt jedoch nicht nur in der Vergangenheit. So begegnen wir auch zeitgenössischer Kunst wie Arbeiten des Amerikaners Richard Serra. Im dritten Kreuzgang, der auf drei Seiten von Bogengängen umgeben ist, gestaltete an der Nordseite der deutsche Bildhauer Ulrich Rückriem 1990 speziell für diesen Standort vier Stelen aus graugrünem Kalkstein, die wie Grabsteine anmuten.

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Für den Abstecher nach Brou wird man in jeder Hinsicht reich beschenkt.

Heute gehört das Kloster Brou zu den Monuments Nationaux.

Fotos (soweit nicht anders bezeichnet) © Petra Kammann

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