Das Holzhausenschlösschen – ein Frankfurter Kleinod
Was für ein Klang! Grosszügig der Raum – und viel Licht!
Von Renate Feyerbacher
Holzhausenschlösschen, Foto © Barbara Staubach
Zwei Jahre hat der Umbau des Holzhausenschlösschens, der etwa 3 Millionen Euro kostete, gedauert, das nun einen barrierefreien Zugang und einen Aufzug hat.
Das ist nur eine der Veränderungen. Eine andere ist der neue, akustisch einzigartige Kammermusiksaal, der Grunelius-Saal – benannt nach der Familie des Frankfurter Bankiers Ernst Max von Grunelius, die 1989 die gleichnamige Stiftung gründete. Sie gehört zu den Gründungsmitgliedern der Frankfurter Bürgerstiftung, die nunmehr seit 25 Jahren im Holzhausenschlösschen residiert.
Ein neuer Musiksaal für Frankfurt
Der Kammermusiksaal wurde architektonisch komplett verändert, die Decke durchbrochen und die darüber liegende Etage einbezogen, eine rundum laufende Balustrade mit Sitzmöglichkeiten geschaffen, auf der es Platz für Konzertbesucher gibt: 184 Personen fasst jetzt der Saal.
Er ist ein Meisterwerk der Akustiker. Clemens Greve, der Geschäftsführer der Frankfurter Bürgerstiftung, lobt begeistert deren Arbeiten und das Werk der Schreiner. Der Saal verfügt nun über einen hochwertigen Resonanzboden, geschwungene Kassettendecken und geriffelte Wandflächen. Selbst die Fensterläden hinter der Bühne sind akustisch ausgetüftelt, ebenso die Polsterung der Stühle.
Verwandelbar ist der Saal auch in einen Festsaal mit Kronleuchter, wo gefeiert werden kann.
Das Mansardendach des schlichten, viergeschossigen Rechteckbaus, dessen Ursprünge im 15. Jahrhundert liegen, wurde zu einem angenehmen Ruhe- wie Garderobenraum für Künstler ausgebaut.
Das ursprünglich einfache Landgut, „Große Öde“ genannt, das vor allem wirtschaftlichen Zwecken diente, kam 1474 durch Heirat in den Besitz der Familie Holzhausen. Justinian von Holzhausen (1502-1553), Sohn des Frankfurter Ratsherrn, Diplomaten und Humanisten Hamman von Holzhausen (1467-1536), der wie sein Vater Ratsherr und Diplomat war, liess das Gut zu einem Landsitz mit der Wasserburg ausbauen und legte den Weiher an. Aber bereits 1552 wurde das Anwesen bei der Belagerung Frankfurts – Aufstand protestantischer Reichsfürsten – zerstört, danach jedoch wiederhergestellt. Im 18. Jahrhundert wurde das Schlösschen nach Plänen des französischen Barock-Baumeisters Louis Remy De la Fosse (1629-1726) auf den Fundamenten der Wasserburg neu gebaut, natürlich nach französischem Vorbild. De la Fosse war Landgräflicher Hessischer Hofbaumeister, er baute unter anderem in Hannover und Darmstadt (Seitenflügel des Residenzschloss alias Stadtschloss, Orangerie). Der kinderlose Adolph Freiherr von Holzhausen (1866-1923), der letzte männliche Nachfahre der älteren Linie der Patrizierfamilie Holzhausen, schenkte der Stadt Frankfurt das architektonische Kleinod mit dem umliegenden Park, der heute beliebter Treffpunkt für Groß und Klein ist.
Mit etwa 300 Veranstaltungen – Schwerpunkte im Holzhausenschlösschen sind Konzerte sowie Kinder- und Jugendveranstaltungen – ist die Frankfurter Bürgerstiftung heute ein kultureller Motor in der Stadt Frankfurt am Main. Bei der Planung und Gestaltung stehen dem Geschäftsführer Clemens Greve vier Damen zur Seite.
Die grossartige Akustik des Grunelius-Saals begeisterte bereits die einzigartige Sopranistin Christiane Karg und das Emil Mangelsdorff-Quartett, das nach zwei Jahren des „Exils“ im Haus am Dom wieder an seine angestammte Spielstätte zurückkehrte. Dessen 166. Auftritt am 6. Oktober 2014, der vom Publikum mit kaum enden wollendem Beifall begeistert gefeiert wurde, stand unter dem Motto „Stolen Moments“ – so der gleichnamige Titel der neuen CD des Quartetts. Deren Produktion finanzierte die Frankfurter Bürgerstiftung – endlich einmal wieder eine CD dieses Quartetts mit dem exzellenten Saxofonisten Emil Mangelsdorff, dem virtuosen Pianisten Thilo Wagner, dem ideenreichen Kontrabassisten Vitold Rek und dem bravourösen Drummer Janusz Stefanski.
Musikbeispiel: Bitte anklicken:
„Perhaps“ (Charlie Parker, Screen Gems-EMI Music Inc.),
Emil Mangelsdorff Quartet feat. Manfred Schoof
aus der CD „Stolen Moments“ – Emil Mangelsdorff Quartet & Friends
(Label: L+R records, Bellaphon CDLR 663121)
mit freundlicher Genehmigung der Bellaphon records GmbH,
Frankfurt am Main
– alle Rechte vorbehalten –
Seit etwa 20 Jahren, jeweils am ersten Montag im Monat, gibt es die Konzertabende mit diesen Jazzern und einem besonderen Gast. Das sind immer hochkarätige Instrumentalisten oder Vokalisten. Diesmal waren es drei besondere Gäste, zwei Jazz-Freunde, mit denen Emil Mangelsdorff die CD im Studio aufgenommen hatte: der in Texas geborene Posaunist Joe Gallardo, der in den USA, aber auch in Deutschland Karriere machte, der Saxofonist Wilson de Oliveira, geboren in Uruguay, lange Jahre in der Big Band des Hessischen Rundfunks tätig, Komponist, Arrangeur, Leiter der Frankfurt Jazz Big Band und Lehrender an den Musikhochschulen Frankfurt und Mainz; Manfred Schoof, der auf der CD mit Trompete und Flügelhorn vertreten ist, hatte absagen müssen. Aber was für einen „Ersatz“ hatte Emil Mangelsdorff gefunden: Es war der junge Trompeter Axel Schlosser, schon einmal besonderer Gast beim Quartett, Solist der hr-Big Band, auch Leader eigener Formation, Komponist und Arrangeur. Brillant war das Spiel dieser Formation am Jazz-Premierenabend im neuen Musiksaal! Der nächste Auftritt des Emil Mangelsdorff Quartetts mit einem besonderen Gast findet am Montag, 1. Dezember 2014, 19.30 Uhr statt.
Axel Schlosser und Wilson de Oliveira, Foto: Renate Feyerbacher
Musikbeispiel: Bitte anklicken:
„Für Emil“ (Manfred Schoof, Copyright Conrol), Wils Emil Mangelsdorff Quartet feat. Joe Gallardo
aus der CD „Stolen Moments“ – Emil Mangelsdorff Quartet & Friends
(Label: L+R records, Bellaphon CDLR 663121)
mit freundlicher Genehmigung der Bellaphon records GmbH,
Frankfurt am Main
– alle Rechte vorbehalten –
Das Stück “Für Emil” ist eine Hommage an den genialen Musiker, komponiert vom Kollegen Manfred Schoof, der auch zu den Grossen des Jazz gehört. Im Gespräch – geführt im April 2012 anlässlich Emils 87. Geburtstag – hatte Wilson de Oliveira über Emil Mangelsdorff den Satz gesagt: „Er spielt nicht nur Musik, er ist Musik“; Joe Gallardo nannte ihn einen grossen Musikartisten und Tony Lakotos, der mittlerweile weltberühmte, jüngere Jazzmusiker und Saxofonkollege, nennt ihn ein Vorbild: „Es ist unglaublich, dass er immer besser spielt, gefühlvoller. Es ist einfach der Wahnsinn.“ So war es auch an diesem Abend: Es kann kein grösseres Lob als das von Kollegen geben. Nicht zu glauben, dass Emil Mangelsdorff im April 2015 seinen 90. Geburtstag feiert.
Emil Mangelsdorff, Foto: Renate Feyerbacher
Schwerpunkt E-Musik
„Im Mittelkpunkt die Musik“ ist der Broschüren-Name, der die Musikveranstaltungen im Holzhausenschlösschen vorstellt. Dazu gehören vier neue Reihen:
Erstens „quartettaffairs“, das internationale Frankfurter Streichquartett-Festival vom 23. bis 29. November 2014, mit Werken von der Klassik bis zur Moderne und bedeutenden Musikern. Am Sonntag, 23. November 2014, 17.00 Uhr wird es mit dem „Kuss Quartett“ (Jana Kuss, Violine, Oliver Wille, Violine, William Coleman, Viola und Mikayel Hakhnazaryan, Violoncello) eröffnet. Auf dem Programm stehen Werke von Wolfgang Amadeus Mozart (Streichquartett D-Dur KV 575, Ludwig van Beethoven (Streichquartett B-Dur op.130 mit Großer Fuge op.133) und Oliver Schneller (Introjections). Der vielfach ausgezeichnete deutsche Burgtheater-Schauspieler Udo Samel ist einmal (am 24. November) mit einer Lesung beteiligt.
Zweitens: „Klavier Solo“, das Ragna Schirmer bestreitet. Die preisgekrönte Pianistin wird unter dem Titel „Von der Freiheit“ ausgewählte Kompositionen präsentieren.
Drittens: „Lied Blicke“, eine weitere Reihe, die ausgefallene Liedangebote darbietet. Höhepunkte sind „Die Winterreise“ von Franz Schubert, aber auch Lieder des jungen Schubert, sowie der Abschlussabend, den Christine Schäfer gestalten wird.
Schliesslich Viertens: „Klavier plus“, Klavier-Kammermusik unter dem Motto „Streifzüge“.
Literarische Angebote gibt es in „Salon kontrovers“. Und Schlosskater Ferdinand und Sidney, die schnellste Maus der Welt, sind auch wieder dabei. Der Vorschul- und der Grundschul-Kinderchor probt wie immer dienstags, dann ist auch die Kinderbibliothek geöffnet.
Dies sind nur einige Höhepunkte im vielfältigen, reichhaltigen Programm-Angebot der Frankfurter Bürgerstiftung, die ausschliesslich und unmittelbar gemeinnützigen Zwecken dient. Das heisst, es geht nicht um eigenwirtschaftliche Ziele, und sie arbeitet ohne städtische und staatliche Subventionen. Nicht nur Spenden, sondern auch Ideen, Unternehmergeist und soziales Engagement stärken die Zwecke der Stiftung, die sich Kultur, Wissenschaft und seit 2013 auch Soziales und Umwelt in die Satzung schrieb.
(v. l.) Rebekka Kwon (Presse- Öffentlichkeitsarbeit), Clemens Greve (Geschäftsführer der Frankfurter Bürgerstiftung im Holzhausenschlösschen und Vorstandsmitglied der Initiative Frankfurter Stiftungen e.V.), Franziska Vorhagen (Programmplanung und Organisation), Ulrike Schönbeck (Finanzen), Ursula Wöhrmann, seit 16 Jahren ehrenamtlich tätig – und das täglich; Foto: Renate Feyerbacher
→ Neujahrskonzert der Frankfurter Bürgerstiftung im Holzhausenschlösschen
→ Robert und Clara Schumann – eine Ausstellung im Frankfurter Holzhausenschlösschen
→ “Was für ein Tag”: Gemälde und Texte von Almut und Robert Gernhardt im Frankfurter Holzhausenschlösschen