Steinbildhauerin Anna Kubach-Wilmsen auf dem Campus Riedberg der Frankfurter Goethe-Universität (1)
Granitstelen weisen den Weg zum Wissenschaftsgarten
Über den Werdegang eines Kunstwerks
Von Erhard Metz
Habent sua fata lapides … auch Steine haben ihre Schicksale (frei nach Terentianus Maurus, Carmen heroicum). Zumal es sich um besondere Steine handelt: Granite. Nicht irgendwelche, sondern ältere, die bereits ihre eigene Geschichte haben. Wir erzählen sie:
Im Sommer dieses Jahres wurde auf dem Campus Riedberg der Frankfurter Goethe-Universität, der die naturwissenschaftlichen Lehr- und Forschungseinrichtungen umfasst, für den Fachbereich Biowissenschaften ein Wissenschaftsgarten eingerichtet mit allerlei Anpflanzungen im Freien, einem Arzneipflanzengarten und drei modernen Gewächshäusern, ein Areal, dass am Tag auch für die interessierte Öffentlichkeit zugänglich ist und sich hervorragend für eine Ausstattung mit Kunstwerken unter freiem Himmel eignet. So lag es nahe, dass der Kunstkurator der Universität, Carsten Siebert, die Anlagen gemeinsam mit dem Landschaftsarchitekten der Goethe-Universität, Robert Anton, nicht zuletzt unter diesem Aspekt in Augenschein nahm. Siebert hatte zu diesem Rundgang die international renommierte Steinbildhauerin Anna Kubach-Wilmsen eingeladen, über ihr eigenes und das Œuvre ihres verstorbenen Ehemannes hinaus bekannt durch die Fondation Kubach-Wilmsen mit einem Steinskulpturenmuseum nebst Steinskulpturenpark in Bad Münster am Stein (auf die Fondation werden wir bei späterer Gelegenheit noch zurückkommen).
Der Wissenschaftsgarten und der „Steinhaufen“
So begab es sich, dass die Gruppe auf ihrem Rundgang durch das Gelände zu einem „Steinhaufen“ gelangte, der die Aufmerksamkeit der Künstlerin fand, die sofort das „bildnerische Potential“ dieses Materials erkannte: Es handelt sich um Granitstelen, die vor circa 80 Jahren gebrochen und von einem Steinmetz von Hand bearbeitet wurden. (Heute hingegen werden Granitsteine nämlich nach dem Schnitt geflammt, um die Oberfläche zu bearbeiten.) Auf ihre Nachfrage erklärte Landschaftsarchitekt Robert Anton, für die Stelen, die ursprünglich vom Gelände des Campus Westend der Universität stammten, bestehe keine besondere Verwendung, sie könnten jedoch entlang des Wegs zum Garten aufgestellt werden. Bei einer weiteren Begehung entwickelte Anna Kubach-Wilmsen den Plan, etwa 40 bis 50 dieser Stelen im Rahmen einer künstlerischen Intervention als ein Land-Art-Projekt entlang eines Schotterweges zum Wissenschaftsgarten hin zu errichten, wobei die Köpfe der Stelen auf verschiedene Weise bildhauerisch gestaltet werden sollen.
Gesagt – getan: Das Projekt fand die Zustimmung der universitären Gremien, und die Granitsäulen wurden entlang des geplanten Weges gelagert – der erste Schritt hin zur Errichtung des Kunstwerks war getan.
Im zweiten Schritt legte jetzt eine für künstlerischen Garten- und Landschaftsbau qualifizierte Firma Hand an: Um die Stelen stabil aufzustellen, aber möglichst in ihrer vollen Länge über dem Erdreich sichtbar zu belassen, wurden sie jeweils gleichsam mit einem Betonsockel verlängert. In entsprechende Bohrungen wurden Moniereisen eingelassen, um die herum in speziell dazu angefertigten Holzkästen der Beton gegossen wurde.
Massarbeit: die Granitstelen werden mit einem Betonsockel verlängert
Im nun anstehenden dritten Arbeitsabschnitt werden die Stelen aufgestellt und mit ihrem Betonsockel im Erdboden fixiert. Anschliessend erfolgt die künstlerische Bearbeitung der Stelenköpfe.
Fotos: Erhard Metz (4) und Carsten Siebert (2)