5 Jahre „KunstRaum Riedberg“ der Goethe-Universität
„Der KunstRaum Riedberg ist eine Erfolgs-Story, weil er von allen Studierenden und Mitarbeitern mitgetragen wird und dazu beigetragen hat, den Campus Riedberg ins Interesse der Bürger in der Region zu rücken. Der Campus Riedberg steht heute nicht nur für Wissenschaft und Forschung, sondern auch für zeitgenössische und junge Kunst.“
Universitäts-Vizepräsident Professor Manfred Schubert-Zsilavecz
Bruno Feger, Gräser 5-9-11, Stahl, farbig gefasst, 238 x 107 x 63 cm
Weit schweift der Blick von der Terrasse des „KunstRaums Riedberg“ über den südlichen Hang des Campus-Geländes der Goethe-Universität auf Frankfurt am Main. Im Zuge einer Gruppenausstellung aus Anlass des 5-jährigen Jubiläums des „KunstRaums“ zeigt die Universität noch bis in die erste Novemberwoche 2014 hinein Arbeiten der Künstlerinnen und Künstler, die in jenen fünf Jahren Einzelausstellungen auf dem Campus hatten: Malerei, Bildhauerei sowie Fotografie und Collagen von Jens Andres, Brandstifter, Bruno Feger, Christiane Feser, Karl Grunschel, Chris Kircher, Heinz Kreutz, Johannes Kriesche, Julian Lee, Kerstin Lichtblau, Werner Pokorny, Hermann J. Roth, Aloys Rump, Sven Schalenberg und Peter Vaughan. Als Gastkünstler konnten der Stahlplastiker Herbert Mehler, der Holzbildhauer Andreas Welzenbach sowie die Maler Mike MacKeldey und Ellen DeElaine gewonnen werden. Die Stahl- bzw. Steinplastiken wurden zum ersten Mal auf der Dachterrasse vor dem Ausstellungsraum präsentiert. Wir zeigen eine kleine Auswahl von Werken der Jubiläumsausstellung:
Peter Vaughan, Selbstfindung, Bronze auf Basaltsäule
Herbert Mehler, Asparago piccolo, Corten-Stahl, 150 x 36 x 36 cm
Bruno Feger wurde 1962 in Haslach/Schwarzwald geboren. Nach dem Studium der Architektur an der Hochschule der Künste Berlin befasst er sich mit Skulpturen, Objekten und Zeichnungen sowie mit Kunst am Bau. Einen Schwerpunkt seines Werkes bilden florale „Porträts“, die er aus Stahl fertigt: „Mohn“, „Tulpen“, „Hagebutten“, „Kirschen“, „Ähre“ oder wie aktuell ausgestellt „Gräser“. Feger lebt und arbeitet in Butzbach.
Peter Vaughan, 1963 in Bad Homburg geboren, beschäftigt sich seit zwei Jahrzehnten mit der Plastik, und zwar mit den Materialien Ton, Zweige, Draht, Holz und Bronze. Er nahm an zahlreichen Ausstellungen teil. Unter anderem gestaltete er den Skulpturengarten des Frankfurter Bürgerhospitals. Im vergangenen Jahr war er zum Skulpturenpark Bad Nauheim, zum Wickstädter Kunstfest, zu den Künstlertagen Friedrichsdorf und zu „Kunstwerk Werkkunst“ auf Schloss Reinbek eingeladen.
Herbert Mehler wurde 1949 in Steinau/Fulda geboren und studierte nach seiner Ausbildung zum Holzbildhauer an der Akademie der Bildenden Künste Nürnberg. Mit Sonja Edle von Hoeßle gründete er das „riedenheim project“ mit einem Wohnhaus, einem Maleratelier und einer Werkstatt für Metallbildhauerei. Mehler lebt und arbeitet in Riedenheim und in Kranidi/Griechenland.
Das Œuvre Werner Pokornys war bereits Gegenstand vorangegangener Berichte. Karl Grunschel schliesslich, 1949 in Königlich Neudorf geboren, studierte Grafik, Malerei und Objektbau an der Fachhochschule für Design und Kunst in Köln. Neben seiner Bildhauerkunst entwickelte er neue Techniken im Bereich der Grafik. Der Künstler lebt und arbeitet in Siegburg.
Werner Pokorny, Haus mit durchbrochener Form, Corten-Stahl, 165 x 63 x 38 cm, © VG Bild-Kunst, Bonn
Karl Grunschel, Schnitt durch den Regenbogen, V2A-Stahl, Basalt, Glas
Unter den zahlreichen Exponaten der Jubiläumsausstellung im Innenbereich greifen wir zwei Arbeiten heraus: ein Werk des früher bereits besprochenen Künstlers Aloys Rump (aus den Materialien Marmorstaub und schwarzes Oxid) sowie eine bemerkenswerte malerische Reminiszenz von Sven Schalenberg an den weitbekannten Maler, Zeichner und Grafiker Johannes Grützke. Schalenberg, 1964 in Remagen geboren, Maler, „Wissenschaftlicher Zeichner“ und hoch talentierter „Alleskönner“, studierte nach einer Maler- und Lackiererlehre Freie Bildende Kunst mit Diplomabschluss an der Kunsthochschule Mainz sowie „Wissenschaftliche Illustration“. Seine Ausstellungen und künstlerischen Aktionen sind zahlreich. Er lebt und arbeitet im denkmalgeschützten Wahlheimer Hof.
Aloys Rump, Himmelskörper 18, Marmorstaub, schwarzes Oxid, 60 x 60 cm, © VG Bild-Kunst, Bonn
Ausserhalb der Jubiläumsausstellung gilt es, eine faszinierende Arbeit zu würdigen: Michael Morgners „Reliquie Mensch (liegend)“ aus dem Jahr 2001. Der 1942 in Chemnitz geborene und in Einsiedel bei Chemnitz lebende Künstler studierte an der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig, war Mitgründer der berühmten „Galerie Oben“ und lange Jahre Mitglied der legendären Künstlergruppe „Clara Mosch“. Geburt, Liebe, Leid und Tod sind zentrale Themen seiner Werke. „Reliquie Mensch (liegend)“ zählt zu seinen „dialogischen“ Skulpturen: Ihr aufgerichteter Teil bildet das Positiv zu der Bodenplatte, die das Negativ-Abbild zeigt. Morgners Werk findet sich am Biologicum unweit der Grossplastik „Turm II“ von Werner Pokorny. Es ist eine Dauerleihgabe der gemeinnützigen Stiftung Giersch an die Universität.
Michael Morgner, Reliquie Mensch (liegend), 2001, Stahl
Der „KunstRaum Riedberg“ wurde im Jahre 2009 ins Leben gerufen. „Vizepräsident Manfred Schubert-Zsilavecz“, erzählt Carsten Siebert, promovierter Chemiker und Kurator der Universität, „kam damals auf mich mit der Frage zu, ob ich mir vorstellen könnte, auf Basis meiner zahlreichen Kontakte zu Künstlern, auf dem Campus Riedberg der Goethe-Universität Kunstausstellungen zu realisieren“. Siebert sagte sofort zu. Die erste Ausstellung fand bereits im Sommer 2009 in den Räumen des Dekanats des Fachbereichs Biochemie, Chemie und Pharmazie statt. Aus dem Experiment, Kunst an einem naturwissenschaftlichen Campus zu präsentieren, wurde eine Ausstellungsreihe, die bei den Universitätsangehörigen eine überaus grosse Resonanz fand.
Der Campus Riedberg beherbergt insbesondere die Institute der Pharmazie, Chemie, Biologie, Physik und Geowissenschaften sowie die Max-Planck-Institute für Hirnforschung und Biophysik. Aus dem Ausstellungsraum im Dekanat wurde ein Kunstraum, der heute die umliegenden Institute mit einschliesst. So wurden aus Anlass der Einweihung des Biologicums und des Otto-Stern-Zentrums Kunstwerke in den neuen Gebäuden gezeigt, und heute hängen Kunstwerke in den Hörsälen des Hörsaalgebäudes. Die Kunst ist also im studentischen Alltag angekommen.
„Kunst und Wissenschaft“, so Kurator Carsten Siebert, „gehen am naturwissenschaftlichen Campus Riedberg mittlerweile Hand in Hand. Das Goethe-Ideal der umfassenden Bildung in seinem Anspruch, man denke z. B. an seine Farbenlehre, wenn auch zu Recht umstritten, ist ein gutes Stück verwirklicht worden. In den nachfolgenden Semestern sind bis heute Kunstwerke in den Räumen des Dekanats gezeigt worden, und seit 2012 trägt die Veranstaltungsreihe, die im Jahr 2010 auch den Aussenraum erobert hatte, den Namen ‚KunstRaum Riedberg‘. Bestandteil des Ausstellungskonzepts war von Anfang an das Bestreben, aus jeder Ausstellung ein Kunstwerk für den dauerhaften Verbleib an der Universität zu erwerben und so eine eigene Kunstsammlung aufzubauen: ein deutliches Bekenntnis zum Stellenwert von Kunst in den naturwissenschaftlichen Fakultäten, auch und gerade vor dem Hintergrund, dass die Goethe-Universität als Bürger-Universität ihre Mittel selbst einwerben muss. Aber die Ernsthaftigkeit und der Wille, diesen Weg zu gehen, überzeugen“.
Abgebildete Werke © jeweilige Künstler; Fotos: FeuilletonFrankfurt
→ “Turm II” von Werner Pokorny auf dem Campus Riedberg / 1
→ Schiefermehl und Marmorstaub: Aloys Rump in Frankfurt am Main
→ “Highly Accurate Shapes”: Malerei von Julian Lee