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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Galerie Gisela Heier feiert 20jähriges Jubiläum

Kleinere und grössere Schätze – fast im Verborgenen
Grosse Übersichtsschau der bisher präsentierten Künstler

Von Erhard Metz

Es ist eine ungewöhnliche und allein deshalb bereits überaus bemerkenswerte Galerie. Der nicht nur aus Frankfurt am Main, sondern aus allen möglichen Regionen erwartungsvoll in die Wiesbadener Holzstrasse, zur Hausnummer 29 Anreisende findet sich dort, nicht wenig staunend, vor der Pförtnerloge der Justizvollzugsanstalt Wiesbaden wieder. Das geschulte Auge der freundlichen Beamten erkennt jedoch alsbald, dass der Fremde sich nicht zum Antritt einer Strafhaft meldet, sondern dem Kunstgenuss entgegenstrebt, und die bereits geöffnete Tür zur Galerie – sie befindet sich im ehemaligen Freigänger- und heutigen Gästehaus der Strafanstalt – lädt zum willkommenen Besuch ein.

Auch dort aber staunt der Jünger der schönen und bildenden Künste nicht schlecht: Die Künstlerin Maria Kühnen-Lusch hat in der Galerie – einem wohnzimmerähnlichen grossen Raum und einem langen Flur mit Türen links und rechts, die zu den vormaligen „Zellen“ der Freigänger führen – eine farbige Lichtinstallation kreiert. Seit Beendigung dieser Unterbringung wohnen heutzutage temporär in Wiesbaden beschäftigte Justizbedienstete in diesen Räumen und sogar gelegentlich – während ihres Aufenthalts in der Landeshauptstadt – Künstler!

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Die Galeristin Gisela Heier im Galerieflur mit der Lichtinstallation von Maria Kühnen-Lusch

In diesen Tagen und Wochen blickt die Galeristin Gisela Heier auf 20 Jahre Wirken und Leben für die Kunst zurück. Sie hat aus diesem Anlass eine grosse Zahl verschiedenster Werke zu einer besonders reichhaltigen und hoch interessanten Jubiläumsausstellung zusammengeführt, die es sich zweifelsfrei zu besuchen lohnt. Wir geben in einer Vorschau einen kleinen exemplarischen Überblick auf die Präsentation von kleineren und grösseren Schätzen, die dort zu heben sind.

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↑ Ramona Hoffmann, A 29, Öl auf Malpappe, 2008, 60 x 50 cm
↓ Stefan Jüttner, Der Liebhaber, Mixed Media, 66,5 x 50 cm

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José Pereira, o. T, Gouache, 2011

Ein besonderes Augenmerk von Gisela Heier galt und gilt bis heute der Pleinair-Malerei der Künstlergruppe der „Norddeutschen Realisten“ zu Besuch im Rheingau, hier einige Beispiele:

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Die „Norddeutschen Realisten“ auf Einladung von Gisela Heier pleinair in einem Rheingauer Weinberg

Im folgenden ein Abriss der 20jährigen Geschichte der Galerie:

Aus Anlass des 20jährigen Jubiläums zeigt die Galerie Gisela Heier in einer grossen Zusammenschau eine Auswahl der Arbeiten von bisher präsentierten Künstlerinnen und Künstlern. Eröffnet wird die Ausstellung im Gästehaus der JVA Wiesbaden-Dotzheim, Holzstrasse 29, am Samstag, dem 13. September 2014, um 15 Uhr. Zur Eröffnung der Rückschau, die bis zum 12. Oktober 2014 zu sehen ist, sind Gäste herzlich willkommen.

Die etwas andere Galerie im ehemaligen Freigängerhaus der Justizvollzugsanstalt (JVA) Wiesbaden, die der Wiesbadener Kurier „als gewiss einzigartig in der Bundesrepublik“ bezeichnete, hat sich auf Kunstwerke der klassischen Moderne spezialisiert. Gezeigt werden in lockerer Folge Gemälde, Gouachen, Aquarelle, Collagen, Zeichnungen, Grafiken, Holzschnitte, Kunst-Fotografie sowie Holz- und Metallplastiken.

Absolute Highlights waren die beiden Malersymposien der „Norddeutschen Realisten“ und die sich daran anschliessenden Präsentationen. Auf Einladung von Gisela Heier erkundeten im Herbst 2008 die Norddeutschen Realisten künstlerisch den herrlichen Rheingau. Die Künstlergruppe von 12 Berufsmalern ist durch ihre Freiluftmalerei auf höchstem Niveau bekannt und hat sich laut des dänischen Kunstkritikers Jens-Peter Kjaersgaard „eine unverwechselbare Position im nachmodernen Kunstschaffen erobert“. Im Frühjahr 2009 waren die stimmungsvollen Rheingau-Ansichten von Tobias Duwe, André Krigar, Lars Möller, Ulf Petermann, Eva Pietzcker (Holzschnitte), Nikolaus Störtenbecker, Frank Suplie und Till Warwas in der Galerie zu bewundern. Die Pleinair-Schau fand so ausserordentliche Beachtung, dass sie nicht nur in der Holzstrasse verlängert wurde, sondern anschliessend auch in Rüdesheim, Oestrich-Winkel sowie Eltville gezeigt wurde. Einige Arbeiten sind auch jetzt in der Übersichtsschau zu sehen.

Auf Vermittlung von Gisela Heier wurden die Norddeutschen Realisten im Mai 2010 zu einem weiteren Pleinair-Symposium in den Industriepark Höchst eingeladen. Das Ergebnis des „malerischen Ausflugs zu Rohren, Zylindern und Kuben“, so der Titel, war eine farbfreudige Synthese von Kunst und Industrie.

Insgesamt haben sechs Maler der Künstlergruppe – Tobias Duwe, Christopher Lehmpfuhl, Lars Möller, Frank Suplie, Till Warwas und Sigurd Wendland – rund 50 Pleinair-Bilder gefertigt, die zunächst im Peter-Behrens-Bau gezeigt wurden. Anschliessend wurden die ausdrucksstarken Gemälde der Höchster Industrielandschaft mit grossem Erfolg im Lindner Congress Hotel Höchst und im Kulturzentrum in Schwalbach ausgestellt.

Eines breiten Publikumsinteresses konnten sich auch andere Ausstellungen der Galerie im Gästehaus erfreuen. Die Arbeiten des international anerkannten Schriftkünstlers und Druckers Josua Reichert waren in den letzten Jahren häufiger in der Rhein-Main-Region zu sehen, zum Beispiel im Frankfurter Goethe-Museum und im Schloss Freudenberg.

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Eine Arbeit von Josua Reichert

In der Galerie in der Holzstrasse versammelte Gisela Heier im Jahre 2011 unter dem Titel „Zwischen Amsterdam und Rom“ herausragende Drucke des 1937 in Stuttgart geborenen Künstlers. Arbeiten von Reichert, der es wie kein anderer versteht, Bild und Schrift, Typografie und Text miteinander zu verschmelzen, werden auch jetzt gezeigt.

Auch Gouachen und Zeichnungen mit den unverwechselbaren Farb- und Formelementen von José Pereira werden gezeigt. Der 1940 in Montevideo Uruguay geborene Künstler, der seit vielen Jahren mit seiner Familie in Paris lebt und arbeitet, ist in Rhein-Main kein Unbekannter. Mehrfach hat er hier seine farbenfrohe Werke mit der unergründlichen Bildsprache präsentiert.

Gabriele Grosse und Willy Meier-Osburg sind beide mit einem Stipendium des Kulturkreises der deutschen Wirtschaft im Bundesverband der Deutschen Industrie ausgezeichnet worden. Es gibt wohl kaum eine Künstlerin wie Gabrielle Grosse, die sich mit solch profunder Könnerschaft sowohl der Tapisserie und daneben völlig eigenständig dem Aquarell und der Grafik widmet. Einige ihrer hervorragenden Aquarelle und Grafiken sind in der Accrochage zu sehen ebenso wie Aquarelle, Collagen und Zeichnungen von Willy Meier-Osburg. Die Werke des 1934 in Bremen geborenen Künstlers bestechen durch ihre vielseitige Farbpalette und grosse Kompositionskraft. Obwohl der Maler im Laufe seines künstlerischen Schaffens Stil, Motive und Techniken häufig variiert hat, ist seine Handschrift stets unverkennbar geblieben – entgegen allen modischen Kunstströmungen.

Besonders erwähnt seien noch die Arbeiten von Künstlerinnen und Künstler, die in der Jubiläumsschau gezeigt werden, wie die farbenfrohen „Bildergärten“ von Walter Meurer, dessen heitere Kompositionen den Betrachter zu einem die Fantasie anregenden „Spaziergang“ einladen. Oder die imposanten schwarz-weissen „Lichtbilder“ von Franz Toth und die computergenerierten Bilder der experimentierfreudigen Marlies Odehnal. Schliesslich sind noch die Arbeiten des jungen Künstlers Sebastiaan Cator zu nennen, der seine surrealistisch geprägten kleinformatigen Arbeiten zum ersten Mal in einer Galerie zeigt.

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Sebastiaan Cator, Tusche auf Leinwand, 30 x 15 cm

Ein Leben mit und für Kunst

Durch ihre Tätigkeit im Kulturkreis der deutschen Wirtschaft im BDI hat Gisela Heier viele Künstlerinnen und Künstler kennen- und schätzen gelernt. Sie pflegte die guten Kontakte und baute diese in der Nachfolgezeit stetig aus. Zunächst präsentierte sie deren Arbeiten im privaten Rahmen. Später reifte bei ihr der Wunsch, die Werke der von ihr favorisierten Künstler auch öffentlich auszustellen.

Zusammen mit einem Partner gründete sie 1994 die „Inselgalerie“ auf der Rettbergsaue, Wiesbaden. Ab 1998 betrieb sie als Gast die „Galerie im Schloss Freudenberg“ und organisierte Ausstellungen an unterschiedlichen Orten. Seit 2006 zeigt sie Arbeiten der von ihr vertretenen Künstlerinnen und Künstler in einem ganz aussergewöhnlichen Rahmen: in den Räumen des ehemaligen Freigängerhauses der JVA Wiesbaden. Das Projekt fand sogar die Unterstützung der damaligen Landesregierung unter Ministerpräsident Roland Koch.

Das seit Jahren leerstehende Haus wurde nach einer Idee von Matthias Schenk vom Schloss Freudenberg zunächst als Gästehaus aufwendig restauriert und neu gestaltet. Die Idee, diese Räumlichkeiten für Ausstellungen und als „Holzladen“ zu nutzen, hatte noch der frühere JVA- Leiter Gernot Kirchner mit aus der Taufe gehoben. In dem angegliederten „Holzladen“ verkauft die Galeristin Spielzeuge und Kleinmöbel, die jugendliche Straftäter während ihrer Ausbildung zum Schreiner oder Tischler in den Holzwerkstätten der JVA hergestellt haben.

Gisela Heiers Engagement für Kunst und Kultur ist keineswegs auf den Galerie-Betrieb beschränkt. Einen grossen persönlichen Erfolg konnte sie Anfang 2004 verbuchen, als es ihr gelang, die preisgekrönte Grossplastik des aus Offenbach stammenden Bildhauers Bernd Rosenheim vor der Zerstörung zu retten. Mit dem Abriss des alten Hauptpostamts neben dem Bahnhof sollte auch die Edelstahl-Skulptur aus dem Jahre 1975 entsorgt werden. Die Plastik war im Laufe der Jahre matt und unansehnlich geworden und fristete vor dem Betonklotz ein regelrechtes Schattendasein. Weder die Post noch die damalige Kulturdezernentin zeigten Interesse an ihrem Erhalt.

Mit Geschick und Hartnäckigkeit konnte die Galeristin in der DBV-Winterthur Versicherung einen Sponsor finden, der bereit war, die Restaurierungs- und Transportkosten zu einem neuen Standort zu übernehmen. Die Rhein-Main Zeitung der FAZ titelte am 24. April 2004: „Plastik vor Abrissbirne gerettet – ‚Phoenix‘ von Hauptpost auf Firmengelände verlegt“. Mit neuem Facettenschliff ziert die Edelstahlskulptur das Gelände der DBV-Winterthur Versicherung an der Ecke Frankfurter Strasse / Gustav-Stresemann-Ring. Sie ist ein faszinierender Blickfang für alle, die diese Kreuzung passieren. Die acht Meter hohe und sieben Tonnen schwere Plastik, die der Künstler wegen ihrer nach oben strebenden dynamischen Form nach dem mythischen Sonnenvogel „Phoenix“ benannt hat, ist wie der legendäre Vogel aus der Asche auferstanden – nomen est omen. (hbh)

Im folgenden einige weitere Beispiele aus der Vielzahl der zur Jubiläumsschau präsentierten Werke:

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↑ Nikolaus Störtenbecker, Mohn, Holzschnitt, C 9/10, 2002/2005, 58 x 70 cm
↓ Reinhard Grütz, „Paavo Järvi“, Acryl auf Leinwand, 50 x 70 cm

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Eröffnet wird die Jubiläumsausstellung der Galerie Gisela Heier im Gästehaus der JVA Wiesbaden-Dotzheim, Holzstrasse 29, am Samstag, dem 13. September 2014, um 15 Uhr. Zur Eröffnung der Rückschau, die bis zum 12. Oktober 2014 zu sehen ist, sind Gäste herzlich willkommen.

Öffnungszeiten: Mittwochs 15 bis 18 Uhr und nach Vereinbarung; Tel: 06122/13185, Mobil: 0175/8162361; E-Mail: Gisheier@t-online.de

Abgebildete Werke © die Künstler bzw. Galerie Gisela Heier; Fotos: Erhard Metz und Galerie

 

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