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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

17. Skulpturenausstellung “Kräftespiele” in Mörfelden-Walldorf / 2

Kunstwerke in Bäumen: Gertraud Hasselbach, Heide Weidele und Michael Hischer

Heute gilt es bei unserem Rundgang durch die Skulpturenausstellung im Bürgerpark Mörfelden-Walldorf, den Blick auch einmal nach oben zu richten. Beginnen wir mit zwei Arbeiten der 1946 in Bad Schwalbach geborenen Künstlerin Gertraud Hasselbach.

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↑↓ „ERCA ATD BEUL SHGD HRST LGB AELS USAD RACHB AEC LERCA ATD“

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Es sind Schriftarbeiten, die Gertraud Hasselbach wie ein Band in der Höhe um zwei mächtige Baumstämme fügt. In einer weiteren Arbeit spannt sie ein Buchstabengeflecht wie ein Netz zwischen zwei sehr nahe beieinander stehende Stämme. Interessant ist, dass es für den – nicht botanisch vorgebildeten – Betrachter offen bleibt, ob es sich um einen einzigen, sich nach oben teilenden Baum handelt oder um zwei zusammengewachsene Individuen. Rätselhaft erscheinen die in Majuskeln gearbeiteten „Texte“ der Kunstwerke wie auch deren Werkbezeichnungen. Die Künstlerin verrät uns, was bei längerem Hinsehen und Grübeln vielleicht hätte erschlossen werden können: die Letternfolgen sind aus den Buchstaben ihres Vor- und Nachnamens gebildet.

In der Arbeit „ERCA ATD BEUL SHGD HRST LGB AELS USAD RACHB AEC LERCA ATD“ umschlingt das Buchstabenband einigend die in der Höhe auseinanderstrebenden Stämme; bei „SAGSCAT BEU HSD HG ESRLDG BAE LBTDSU ARG HEA GBH CAELC“ scheinen sich die Lettern, vielleicht einem überdimensionalen Spinnennetz vergleichbar, verbindend zwischen das Geteilte zu weben. Menschliche Artefakte als Kunstwerke und natürlicher Wuchs der Bäume spielen ineinander.

Hasselbach war nach ihrer Ausbildung zur Fotografin zunächst auf diesem Berufsfeld tätig, bevor sie sich nach einer entsprechenden weiteren Ausbildung als freischaffende Goldschmiedin niederließ. 1989 absolvierte sie einen Schweisserlehrgang: er war der Schlüssel zu ihren grossvolumigen Arbeiten aus Aluminium- und Stahlblechen.

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„SAGSCAT BEU HSD HG ESRLDG BAE LBTDSU ARG HEA GBH CAELC“

Heide Weidele ist mit einer schönen Arbeit „Das grosse Rad“ im aktuellen Skulpturenpark vertreten – sie hier näher vorzustellen hiesse „Eulen nach Athen zu tragen“. Wir verweisen auf unsere monografische Darstellung „Heide Weidele“ aus dem Jahr 2007 oder auf den Beitrag von Brigitta Amalia Gonser „Drei Künstler aus der Sammlung Aulich-Merkle“. Zwischenzeitlich sind wir dem Werk der Künstlerin vor allem im Rhein-Main-Gebiet regelmässig begegnet, sei es in Galerien oder temporären Ausstellungen, sei es unter freiem Himmel.

Auch „Das grosse Rad“ verbindet zwei Bäume, hängt es doch an einem zwischen diesen gespannten Stahlseil. Ein Speichenrad von 220 cm Durchmesser trägt kunterbunte Plastik-Ringe. Wir verraten, um was es sich dabei handelt, weil wir diese Gegenstände in ihrem Atelier entdeckt haben: es sind jede Menge Hula-Hoop-Reifen! Hula-Hoop in luftiger Höhe? Zwischen zwei Bäumen, über einem Parkweg? Ja warum denn nicht?!

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Das grosse Rad, © VG Bild-Kunst, Bonn

Auch für die Arbeit von Michael Hischer im aktuellen Skulpturenpark muss der Betrachter den Blick nach oben richten. Hischer ist der Kinetiker unter den ausstellenden Künstlerinnen und Künstlern. In seiner Arbeit spielt er mit den Lüften und Winden, vielleicht spielen auch Besonnung wie Schatten eine Rolle, wenn das eloxierte Aluminium  aufheizt und sich ausdehnt oder abkühlt und sich zusammenzieht. Insoweit kann von „Kräftespielen“ (dem Titel der diesjährigen Ausstellung) durchaus die Rede sein. Hischer, Jahrgang 1955, studierte Bildhauerei in Hannover und an der Universität der Künste in Berlin (Meisterschüler). Er lebt und arbeitet in Betzin nahe Berlin.

„Natur und Kunst sie scheinen sich zu fliehen,
Und haben sich, eh‘ man es denkt, gefunden …“

wusste Johann Wolfgang Goethe schon im Jahr 1802, als er dieses Sonett dichtete. Er hätte es wohl auch für Michael Hischer geschrieben.

17. Skulpturenausstellung “Kräftespiele”, Kommunale Galerie, Mörfelden-Walldorf, Parkanlage am Bürgerhaus Mörfelden, Blumenstraße/Ecke Parkstrasse, bis 7. September 2014

Abgebildete Werke © jeweilige Künstlerinnen/Künstler; Fotos: FeuilletonFrankfurt

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