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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Museum Wiesbaden lockt mit Sonderausstellungen: K.O. Götz, Oehlen, Knaus und Paradiesvögel

Von Hans-Bernd Heier

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Albert Oehlen, Selbstporträt mit Totenschädel, 1983; Sammlung Grässlin, St. Georgen; Foto: Thomas Berger, St. Georgen

Seit seiner Renovierung und Erweiterung im Jahre 2013 verfügt das Landesmuseum Wiesbaden über eine um rund 70 Prozent auf gut 7.000 Quadratmeter vergrößerte Ausstellungsfläche, die bespielt werden kann. „Das Museum Wiesbaden ist damit ein runderneuerter, sinnlicher und das Wissen fördernder Kulturraum“, sagte nach Abschluss der Bauarbeiten Ingmar Jung, Staatssekretär im hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst. Insgesamt haben die Baumaßnahmen 37,5 Millionen Euro gekostet. Und was dabei rausgekommen ist, kann sich sehen lassen.

Neben den sehenswerten Dauerausstellungen in der Gemäldegalerie und den Naturhistorischen Sammlungen erlaubt die Erweiterung dem engagierten Team um Museumsdirektor Alexander Klar die Präsentation von gleich mehreren Sonderausstellungen in dem Haus für Kunst und Natur. Derzeit sind neben den Werken von K.O. Götz, dem Großmeister des Informel, drei weitere, thematisch sehr unterschiedliche, hochkarätige Präsentationen zu sehen: Arbeiten von Albert Oehlen, Ludwig Knaus sowie „Paradiesvögel“, letztere eine Schau der Naturhistorischen Abteilung.

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Albert Oehlen, Ohne Titel (Blödkopf), 1988; Private Collection, Courtesy Galerie Max Hetzler, Berlin

Unter dem Titel „Albert Oehlen – Die 5000 Finger von Dr. Ö“ zeigt das Landesmuseum noch bis zum 21. September 2014 eine Auswahl von 40 Werken des Künstlers, die von 1983 bis 2014 entstanden sind. Seine großformatigen Gemälde, Collagen und Zeichnungen sind eindrückliche Kompositionen, deren „zentrales Thema das Bild selbst ist. In seiner Malerei geht es um die Frage, was mit einem Bild ausgesagt werden kann, was darstellbar, was lesbar ist. Albert Oehlens Bilder dienen nicht der Weltverbesserung, sie dienen der Bildverbesserung“, wie Alexander Klar erläutert. Viele seiner Arbeiten seien, so der Künstler selbst, nicht entschlüsselbar. Im Zentrum der vielseitigen Schau steht eine Serie von Collagen aus den Jahren 2001 bis 2008, denen großformatige Plakatübermalungen aus dem Jahre 2008 gegenübergestellt werden.

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Albert Oehlen (Mitte) beim Presserundgang; links hinter ihm die Künstlerin Helga Schmidhuber, rechts im Bild Museumsdirektor Alexander Klar; Foto: Hans-Bernd Heier

Albert Oehlen, 1954 in Krefeld geboren, ist seit 1971 künstlerisch tätig. 1978 beginnt er sein Studium an der Hochschule für bildende Kunst, Hamburg, bei Sigmar Polke. Bereits ein Jahr später stellt er gemeinsam mit seinem Bruder Markus Oehlen in einer Düsseldorfer Galerie aus. Unter dem Titel „Bevor ihr malt, mach ich das lieber“ fand 1981 seine erste Einzelausstellung in Stuttgart statt. Seitdem stellt er regelmäßig in Deutschland, Spanien, USA, Frankreich, Italien und Österreich aus.

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Albert Oehlen, FM19, 2008, Privatsammlung; Foto: Albert Oehlen/Courtesy Galerie Max Hetzler

Nach einem Besuch der Ausstellung „Action Painting“ in der Fondation Beyeler, Basel-Riehen, widmet sich Oehlen ab 2008 der „Fingermalerei“. Parallel dazu entstehen mit Plakatmotiven großflächig beklebte und dann über- oder bemalte Bilder und seit 2009 großformatige Collagen. Letztes Jahr wurde auf der Biennale in Venedig eine Serie seiner Collagen gezeigt. Für die Überblicksschau im Landesmuseum – eine gelungene Hommage an das künstlerische Schaffen Albert Oehlens – ist eine Reihe neuer Bilder entstanden.

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Albert Oehlen, Die 5000 Finger von Dr. Ö“, Ausstellungsansicht im Museum Wiesbaden, 2014; Foto: Arne Landwehr

Im Jahre 2000 erhielt der Künstler eine Professur für Malerei an der Kunstakademie Düsseldorf. Arbeiten von sechs seiner Meisterschüler – Andreas Breunig, Max Frintrop, Dominik Halmers, Ann-Kristin Hamm, Simone Hemmer und Andreas Plum – sind in Wiesbadener Galerien zu sehen. Die Arbeiten von Helga Schmidhuber, ebenfalls eine von Oehlens Meisterschülerinnen, werden unter dem Titel: „Does Voodoo work?“ gezeigt. Höhepunkt ist eine raumfüllende Installation mit einem präparierten Java-Tiger. Das wertvolle Präparat des inzwischen ausgestorbenen Java-Tigers stammt aus den Naturhistorischen Sammlungen des Landesmuseums. Dieses einzigartige Exemplar bildet als kultische Figur das Zentrum von Schmidhubers heidnischem Altar.

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Helga Schmidhuber, Does Voodoo work?, Ausstellungsansicht im Museum Wiesbaden, 2014, © VG Bild-Kunst, Bonn

In starkem Kontrast zu der Oehlen-Schau steht die Präsentation „Ludwig Knaus – Ein Lehrstück“. Der gebürtige Wiesbadener Ludwig Knaus (1829 bis 1910) war einer der führenden Genre- und Porträtmaler des 19. Jahrhunderts. Er war nicht nur ein herausragender Maler, sondern auch ein brillanter Zeichner. Seine Werke wurden bereits zu seinen Lebzeiten im In- und Ausland hoch geschätzt und erfreuen sich auch heute noch in französischen und amerikanischen Museen großer Beliebtheit.

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Ludwig Knaus, Die Katzenmutter, 1856, Museum Wiesbaden

Knaus besuchte bereits mit 17 Jahren in die Antikenklasse der berühmten Düsseldorfer Akademie. Wegen Differenzen mit seinem Lehrer Wilhelm von Schadow verließ er allerdings bereits drei Jahre später die Akademie.

Mit einzigartiger Beobachtungsgabe spürt der viel gereiste Künstler sensibel und einfühlsam menschliche Verhaltensweisen auf und entfaltet mit großer Nähe zu den Dargestellten ein psychologisches Gesellschaftsbild seiner Zeit, das alle Schichten umfasst. Dies belegen die gezeigten 23 Gemälde, 22 Zeichnungen sowie seine Skizzenbücher und Druckgrafiken.

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Ludwig Knaus, Brautschau, 1864, Museum Wiesbaden

Das Museum Wiesbaden beherbergt ein großes Konvolut an Arbeiten dieses einstmals gefeierten Meisters, den es laut Kurator Peter Forster wiederzuentdecken gilt. Eine Auswahl aus dem eigenen Bestand zeigt eindrucksvoll, warum Ludwig Knaus im 19. Jahrhundert eine so große Popularität genoss. Seine Werke können bis zum 2. November bewundert werden.

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Ludwig Knaus, Tanzszene im Wirtshaus (Kompositionsentwurf zu einem nicht ausgeführten Gemälde), 1880; Museum Wiesbaden

Schließlich präsentieren die Naturkundlichen Sammlungen die grandiose Schau „Paradiesvögel“, die das Museum Mensch und Natur, München, als Wanderausstellung entwickelt hat. Die Pracht jener buntgefiederten „Boten der Götter“ ist legendär. Sie leben verborgen in den tropischen Wäldern Neuguineas, Australiens und der Molukken. Seit 400 Jahren erforscht, sorgen dennoch immer neue Details aus ihrem Leben für Überraschungen. Das Museum Wiesbaden rückt diese spektakuläre Vogelfamilie mit dem prächtigen Federkleid in das Zentrum einer umfangreichen Ausstellung, in der auch ihre natur- und kulturgeschichtlichen Aspekte beleuchtet werden.

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Raggi-Paradiesvogel aus den Naturhistorischen Sammlungen des Museums Wiesbaden

Ein Highlight dieser grandiosen Schau mit der sehr aufwändigen Ausstellungsarchitektur ist eine begehbare Regenwaldinszenierung. Hier sind die exotischen Schönheiten zwischen Urwaldriesen und Lianen versteckt und können mit einem bereitgestellten Fernglas entdeckt werden.

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Bei der Gesichtsbemalung, bei Kopfschmuck und Stammestänzen lassen sich noch heute die indigenen Völker stark von der Farbenpracht und den Balztänzen der Paradiesvögel inspirieren, wie beispielsweise der Stamm der Huli, die im südlichen Hochland Neuguineas leben; Foto: Hans-Bernd Heier

Ergänzend zu der aufwändigen Präsentation aus München, die noch bis zum 16. November 2014 im Landesmuseum zu sehen ist, zeigt das Wiesbadener Museum im zweiten Teil Exponate aus der eigenen reichhaltigen Sammlung zu diesem Kultur- und Themenkreis. Die informative Schau hat der Leiter der Naturhistorischen Sammlungen, Fritz Geller-Grimm, kuratiert.

Bildnachweis (soweit nicht anders bezeichnet): © Museum Wiesbaden

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