Mit dem Segway über die „Mannemer Neggabrigg“
Von Elke Backert
Mannheim? Ach ja, Mannem. Vielen ging es sicher genauso wie mir. Erst als alle Radiosender im Jahr 1972 den „Mannemer Neggabriggebluus“ spielten und die Moderatoren so nett waren, den Titel zu übersetzen, hörte ich erstmals von der Stadt Mannheim. Man könnte also locker sagen, der kurpfälzischen Jazz-, Rock- und Blues-Röhre Joy Fleming und einzigen deutschen Blues-Sängerin ist die Bekanntheit Mannheims zu verdanken. Der „Neckarbrückenblues“ schlich sich in die Ohren vieler Blues- und Joy-Fleming-Fans und ist untrennbar mit der Stadt an Neckar und Rhein verbunden.
Wie schön, dass man Mannheim und die „Neggabrigg“ auch auf besondere Weise kennenlernen kann. Das Maritim Parkhotel am Wasserturm, dem Wahrzeichen der Stadt, organisiert für seine Gäste Führungen mit dem Segway, jenem Zweirad, auf dem man sich stehend und nur durch Verlagerung des Körpers – nach vorn oder nach hinten – und natürlich durch Lenkung fortbewegen kann. Nach Einführung durch die Verleihfirma ist es für jeden ein Leichtes und eins mit viel Spaß, das Gefährt zu manövrieren. Helm auf – und ab geht’s!
Das Wahrzeichen Mannheims – der Wasserturm
Zuerst über den reich blühenden Friedrichsplatz zum Wasserturm. Das Wahrzeichen Mannheims, erbaut 1889 vom Stuttgarter Architekten Gustav Halmhuber, der auch am Bau des Berliner Reichstags mitwirkte, war bis zum Jahr 2000 in Betrieb. 60 Meter hoch mit einem Durchmesser von 19 Metern, bekrönt von einer Statue der Amphitrite, der Gattin des Meeresgottes Poseidon, ist beliebtes Ziel für Hochzeitsfotos und – auf der begehbaren ersten Etage – zum Feiern für junge Leute. Letzteres ein Nachteil, denn jeden Morgen sind die Spuren des Feierns deutlich zu sehen. Die Hochzeitsfotos speziell am Treppenaufgang zum Turm jedoch kommen nicht von ungefähr. Das über 100 Jahre alte und stilvoll eingerichtete Maritim Hotel darf Trauungen vornehmen, und an manchen Ja-Sager-Tagen hat es bis zu 18 Ehen zu schließen.
Amphitrite, die Gattin des Meeresgottes Poseidon, krönt den Wasserturm
Der Wasserturm erhebt sich an der höchsten Stelle des Friedrichsplatzes. Mit seinem Ensemble aus Turm, Garten, Wasserbecken und – abends beleuchteten – Wasserspielen, Festhalle und Kunsthalle gilt er als eine der schönsten Jugendstil-Anlagen Deutschlands, noch dazu in auffälligem Altrosa.
Schönster Jugendstil bei den Laternen und dem Gebäude-Ensemble auf dem Friedrichsplatz
Der Rosengarten, Teil des Jugendstil-Ensembles am Friedrichsplatz
Erstmals 766 im Lorscher Codex urkundlich erwähnt, erhielt Mannheim 1607 die Stadtprivilegien, nachdem Kurfürst Friedrich IV. von der Pfalz den Grundstein zum Bau der Festung Friedrichsburg gelegt hatte. Er war es auch, der ein gitterförmiges, in Quadrate aufgeteiltes Straßennetz anlegen ließ, weshalb Mannheim heute noch die Bezeichnung Quadrate-Stadt trägt.
Ob mit Segway oder zu Fuß, überall prangen die Buchstaben des Alphabets von A bis – nein, nicht bis Z, so viele braucht Mannheim mit seinen etwa 300.000 Einwohnern nicht, auch wenn es die zweitgrößte Stadt des Landes Baden-Württemberg ist.
Als Kurfürst Carl Philipp im Jahr 1720 von Heidelberg nach Mannheim zog, wurde die Stadt zur Residenz (bis 1778) und zum strahlenden Mittelpunkt für Wissenschaften, Kunst und Kultur. Im selben Jahr legte er den Grundstein zum Neubau einer imponierenden Schlossanlage. 450 Meter lang ist die Stadtfront, etwa sechs Hektar Fläche sind hier umbaut, und einst gab es rund 1.000 Räume und Säle. Das Schloss zählt zu den größten Barockanlagen Deutschlands und bildet das wirtschaftliche und kulturelle Zentrum der Metropolregion Rhein-Neckar mit 2,35 Millionen Einwohnern.
Das Mannheimer Schloss zählt zu den größten Barockanlagen Deutschlands
Es öffnet sich zur Stadt hin mit dem Ehrenhof, über den sich herrlich Segway fahren lässt. Heute ist das Schloss teilweise Sitz der Universität, die somit als eine der schönsten Deutschlands gelten darf.
Von seiner rheinland-pfälzischen Schwesterstadt Ludwigshafen am Rhein, mit der es ein zusammenhängendes Stadtgebiet bildet, ist Mannheim durch den Rhein getrennt. Spötter haben dafür einen Spruch parat: Das schönste an Ludwigshafen sei, hindurchzufahren und in Mannheim zu sein, das auch als Einkaufsstadt sehr beliebt ist.
Viele Erfindungen stammen aus Mannheim: Hier baute Karl Drais 1817 das erste Zweirad, 1880 wurde von Werner von Siemens der erste elektrische Aufzug vorgestellt, 1886 rollte das erste Automobil von Carl Benz über die Straßen, 1921 folgte der Lanz-Bulldog. In der Landmaschinenfabrik Heinrich Lanz AG arbeitete Andreas Flocken, der Erfinder des ersten deutschen Elektroautos. Im Jahr 1924 erhielt Hugo Stotz ein Patent für die Erfindung des Leitungsschutzschalters. Der Mannheimer Julius Hatry konstruierte 1929 das erste Raketenflugzeug der Welt.
Die Ausstellung „Kaiser Maximilian I. Der letzte Ritter und das höfische Turnier“ läuft noch bis 9. November 2014
Mit dem als Schillerbühne bekannten Nationaltheater Mannheim, der Kunsthalle Mannheim und dem Technoseum ist Mannheim ein überregional bedeutender Theater- und Museumsstandort. Das Zeughaus, eines der rem-Museen, zeigt bis 9. November 2014 die Ausstellung „Kaiser Maximilian I. Der letzte Ritter und das höfische Turnier“. Im Museum Zeughaus befindet sich aber auch das Soufflierbuch zur Uraufführung von Schillers „Die Räuber“ am Mannheimer Nationaltheater im Jahr 1782. Immerhin verbrachte er zwei bedeutende Jahre in der Quadrate-Stadt. Sein ihm gewidmetes Denkmal steht am Schillerplatz in B3.
Das Schillerdenkmal auf dem Schillerplatz in B3
Die Popakademie Baden-Württemberg und eine lebendige Popmusikszene machen Mannheim auch zu einem wichtigen Zentrum der deutschen Popmusik. Wer hat nicht von ihnen gehört, den „Söhnen Mannheims“, jener Musikgruppe, die 1995 in Mannheim gegründet wurde und zu der bis 2011 auch Xavier Naidoo gehörte. Und Joy Fleming erfreut ihre Fans immer noch mit Live-Auftritten
Fotos: Elke Backert
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