Bildhauersymposium 2013 in Nidda-Bad Salzhausen
Skulpturen unter freiem Himmel. Unsere geneigten Leserinnen und Leser wissen, dass wir ein Faible für sie haben. Zumal, wenn sich das Jahr dem Winter zuneigt, das meiste Laub bereits gefallen und die Luft von einer eigenartigen spätherbstlichen Feuchtigkeit gesättigt ist – weder Regen, noch Nebel – sondern eben jener Erscheinung, die Landschaften und Kunstwerke wie durch einen Weichzeichner betrachtet erscheinen lässt. Wir befinden uns, wieder einmal, im Bergpark Bad Salzhausen, ein Ort wie geschaffen für einen Dialog zwischen Natur und Skulptur.
Ein „Warteraum“ von Birgit Feil öffnet sich als Entree und verlangsamt zugleich den Schritt hoch die baumbestandene Lichtung hinauf, auf der uns weitere Kunstwerke erwarten. Nicht gerade winterlich ist die Dame gekleidet: Hemdchen mit Spaghettiträgern, Shorts und Badeschlappen – aber das Symposium fand ja auch bereits am heissen Augustwochenende statt. Eher kühl-artifiziell wirkt sie – geschaffen aus Acrystal, jener 2-Komponenten-Giessmasse: wetterfest und UV-beständig, ungiftig und sogar „selbstverlöschend“, wie wir beruhigt lesen, da kann ja nichts Schlimmes passieren. Und auf wen oder was wartet sie nun im Staatsbad Bad Salzhausen? Dass alsbald ein „Kurschatten“ mit eher ein- als zweideutigen Absichten neben ihr Platz nimmt?
Letzteres gilt auch für die dreiteilige Skulptur „Basalt-Hausen“ von Nadja Iseli, die uns bereits vor zwei Jahren mit ihrer schönen, ebenso Staatsbad-bezogenen Arbeit „An die sechs Quellen“ aus hessischem Olivin-Diabas aufgefallen war. „Basalt-Hausen“ nun besteht aus dem für den nahen Vogelsberg (dem grössten geschlossenen Basaltmassiv Europas) typischen Säulenbasalt, beziehungsreich gekrönt mit je einem (Bade?-)Häuschen.
Wer oder was kann den Beziehungszusammenhang zwischen Natur und Skulptur im Bergpark sinnfälliger verdeutlichen als der „Raumknoten“ von Johannes Bierling?
Eher schroff wirkt die Arbeit aus Eichenholz von Urs Twellmann: vor dem mächtigen, altehrwürdigen Nadelbaum zwei skelettartig anmutende Gebilde. Sie holen uns in eine Wirklichkeit von Konstruktion und Technik zurück, der wir vielleicht immer wieder gerne entfliehen möchten.
Eine besondere Arbeit des in Nidda ortsansässigen Bildhauers Stephan Guber: Vier menschliche Figuren wachsen aus dem Olivin-Diabas heraus, einem mineralischen, gewissermassen „vergrünten“ basaltischen Ergussgestein, wie er auch im vulkanischen Vogelsberg angetroffen wird. Wohl am letzten Tag des Symposiums, so heisst es, hat der Künstler ein Gedicht in die „Rückseite“ des Steins eingraviert:
Im Anfang war das Licht.
Gefallen von oben nach unten.
Seit endlosen Zeiten aufweckend
das noch nicht Gesehene.
Und mit der Zeit sich selbst
das Auge schaffend, das
es wahrnimmt.
Von nun an steht es wieder auf.
Langsam, Kindern gleich, behutsam
entdeckend die vielen Augen des Steins,
die wie Regentropfen Himmel und Erde
verbinden, um auszuhalten das
lebendige „Inmitten“ – um zu werden
Mensch.
Stephan Guber
Zwei weitere interessante Arbeiten sind noch zu sehen: „Pflanzenhörner_IMA 2“ von Axel Schweppe und „Elysische Felder“ von Stephan Nüsslein.
Das diesjährige zehntägige Bildhauersyposium „Plastische Perspektiven“ 2013 fand Ende August/Anfang September 2013 statt.
Kurzbiografien der in FeuilletonFrankfurt noch nicht vorgestellten Künstlerinnen und Künstler
Johannes Bierling, 1954 in Oberammergau geboren, besuchte die dortige Holzbildhauerschule sowie die Steinbildhauerschule in Freiburg. Es folgte ein Studium an der Staatlichen Hochschule für Bildende Künste in Karlsruhe. Bierling lebt und arbeitet seit 1985 als freischaffender Künstler in Freiburg.
Birgit Feil, 1965 in Stuttgart geboren, studierte an der Freien Kunstschule Stuttgart und an der Hochschule der Künste Berlin mit dem Abschluss Meisterschülerin bei Professor Karlheinz Biederbick. Die Künstlerin lebt und arbeitet in Leonberg bzw. in Stuttgart.
Konstanze Feindt Eißner wurde 1966 in Dresden geboren. Nach einem Abendstudium an der Hochschule für Bildende Künste in Dresden nahm sie dort das Hauptstudium auf mit dem Abschluss Diplom. Seit 1993 lebt und arbeitet sie als freiberufliche Bildhauerin und Zeichnerin.
Urs Twellmann, 1959 in Langnau, Schweiz geboren, studierte an der Schule für Gestaltung Bern, am Manhattan Graphic Center und in der Art Students League in New York. Der Künstler lebt und arbeitet in Münsingen/Bern und – wie er schreibt – „unterwegs“.
Frauke Wilken wurde 1965 in Göttingen geboren. Sie studierte an der Hochschule für bildende Künste in Braunschweig und an der Facultat de belles Arts in Barcelona. Die Künstlerin lebt und arbeitet in Köln.
Abgebildete Werke © jeweilige Künstlerinnen/Künstler; Fotos: FeuilletonFrankfurt