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FeuilletonFrankfurt

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PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

„Weltfremde Malerei“ von Sowa, Hurzlmeier und Kahl im caricatura museum frankfurt

Giganten der komischen Malerei erstmals in einer Schau vereint

Von Hans-Bernd Heier

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Ausstellungsplakat, Foto FeuilletonFrankfurt

Das caricatura museum – Museum für Komische Kunst – präsentiert unter dem Titel „Weltfremde Malerei“ Arbeiten von Sowa, Hurzlmeier und Kahl. Damit sind die Werke der „Giganten der komischen Malerei erstmals in einer Schau vereint“, betont Museumsleiter Achim Frenz. Im „allerschönsten Museum der Welt“ sind über 170 Gemälde und Skulpturen versammelt – laut Frenz „eine Jahrhundertausstellung“, weil sie einmalig sei und herrlich klarmache, was komische Kunst ist. Und ganz überzeugt fügt er hinzu: „Wer diese Ausstellung nicht besucht, hat selber Schuld“. Die Werke sind bis zum 16. März 2014 im caricatura in Frankfurt zu bewundern.

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Rudi Hurzlmeier „Lesereise“; © Rudi Hurzlmeier

Michael Sowa, Rudi Hurzlmeier und Ernst Kahl haben die Malerei in die Cartoonkunst implantiert. Sie verbinden das Können und die Technik der alten Meister mit dem Witz und Humor der modernen Karikaturisten und Cartoonisten. In den im altmeisterlichen Stil gemalten, oft bieder anmutenden Acrylbildern können die Betrachter urkomische, witzige, aber auch bissig-satirische Details entdecken. Die zunächst harmlos erscheinenden Tafelgemälde warten bei genauer Betrachtung mit lustigen, ironischen, bisweilen deftigen und vulgären Szenen auf, die genau den Zeitgeist treffen. „Die aus den Hallen der Hochkunst verbannte Spielart der gegenständlichen Malerei hat im humoristischen Genre überlebt“, erklärt Frenz.

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Ernst Kahl „Mein Onkel Manfred“; © Ernst Kahl

Stil, Technik und Themenwahl der großen Drei der Komischen Malerei sind sehr unterschiedlich. Alle drei arbeiten in Acryl. Die gemeinsame Mitarbeit bei dem Satiremagazin „Titanic“ verbindet sie ebenso wie die Tatsache, dass Tiere, vor allem Haustiere, in ihren Darstellungen eine wichtige Rolle einnehmen. Alle drei haben zahlreiche Bücher veröffentlicht, für die sie hohe Auszeichnungen erhielten.

Michael Sowa – 1945 in Berlin geboren – studierte Kunstpädagogik in Berlin und arbeitet seit 1975 als freischaffender Maler. Außer in „Titanic“ veröffentlicht er im Zeit-Magazin sowie in „The New Yorker“ und arbeitet als Buchillustrator und Bühnenbildner. Einem breiteren Publikum wurde der Künstler auch durch den Erfolg des Films „Die fabelhafte Welt der Amélie“ bekannt, in dem einige seiner Werke gezeigt wurden. Im Jahre 1995 wurde er mit dem Olaf-Gulbransson-Preis ausgezeichnet, 2004 erhielt er den Berliner Buchpreis in der Kategorie Kinderbuch und 2013 den Göttinger Elch.

In Sowas Œuvre herrscht eine bürgerliche, gemütliche Kleinstadtidylle vor, die er akribisch und handwerklich meisterhaft mit hintergründigem Humor in Szene setzt. „Mit dieser liebenswerten Mischung aus überzeugender Technik und feiner Ironie feiert Michael Sowa nun schon seit über zwei Jahrzehnten hierzulande und auch international Erfolge“, schreibt Georg Barber im Vorwort des Begleitbuches „Meister der komischen Kunst“.

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Ernst Kahl „Leihmutter Jolante“; © Ernst Kahl

In Japan ist Sowa laut Frenz ein „Superstar“. Den Erfolg auf dem Inselstaat kann sich der satirische Künstler nicht erklären. Er weiß jedoch, dass die Erfolgsstory auf der Buchmesse in Bologna begann, als ein japanischer Verleger ihn bat, mal bei seinem Stand vorbeizuschauen. Danach gab es in Japan eine Reihe von Buchveröffentlichungen und einige größere Ausstellungen. Besonders bei den Japanerinnen löst Sowa geradezu Begeisterungsstürme aus. Anscheinend finden die vielen allein lebenden Japanerinnen ihr Einsamkeits-Gefühl auf humoristische Art in seinen Bildern widergespiegelt.

Ernst Kahl wurde 1949 in Schleswig-Holstein geboren und nicht, wie häufig kolportiert wird, in Rio de Janeiro. Er studierte an der Hochschule für bildende Künste in Hamburg, wo er als freier Künstler heute noch lebt. Das Multitalent arbeitet für Zeitschriften wie „Titanic“ und „Feinschmecker“. Neben der Malerei ist er auch Zeichner, Texter, Filmemacher, Schauspieler, Songschreiber, Musiker sowie Drehbuch- und Buch-Autor. Ernst Kahl wurde vielfach ausgezeichnet, unter anderem erhielt er 1993 den Bundesfilmpreis, 2007 den Göttinger Elch und 2011 den Wilhelm-Busch-Preis.

Kahl, der die Berufsbezeichnung „Künstler“ gar nicht schätzt, kritisiert in einem Interview, dass es in Deutschland – und nur hier – noch immer die Trennung in U-Kunst und E-Kunst gebe. „Meine Art von komischer Kunst mit absurden Inhalten fällt wohl unter U-Kunst. Dann gibt es noch den Cartoonbereich – wo der einzuordnen ist, weiß ich nicht; in Frankreich zum Beispiel wird er ganz selbstverständlich als Kunst verstanden … In Deutschland überhaupt nicht, was vielleicht an der Neigung der Deutschen liegen mag, dem Pathetischen, dem ‚Großen‘ mehr Gewicht beizumessen und die kleine Form weniger zu schätzen“. Nun, wer Kahls meisterliche, einfallsreiche Arbeiten im caricatura sieht, wird sich auch an seinen kleinformatigen Arbeiten erfreuen.

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Rudi Hurzlmeier „La vie en rose“; © Rudi Hurzlmeier

Rudi Hurzlmeier wurde 1952 im niederbayerischen Kloster Mallersdorf geboren. Nach Abbruch der Schullaufbahn absolvierte er unstete Lehr- und Wanderjahre. Als Tankwart, Dressman, Obduktionsassistent, Reise-Stewart, Antiquitätenhändler und Fallschirmartist bereitete er sich ausgiebig auf seinen Beruf als Cartoonist und Maler großer komischer Kunst vor.

1981 nahm Hurzlmeier sein autodidaktisches Studium der komischen Zeichnerei auf und knüpfte dabei, wie er betont, an die Arbeiten von Sowa und Kahl an, die damals bereits gemalt haben. Es erschienen erste Comicstrips in Underground-Blättern. Seit 1986 ist er ständiger Mitarbeiter beim Satiremagazin „Titanic“. Hier wählt er teilweise das Pseudonym RuDiHu. Er lieferte zahllose Beiträge für die Magazine „Bunte“, „Kowalski“, „Nebelspalter“, „Penthouse“, „PM“, „Gong“, „Eulenspiegel“, „Stern“, „Hör zu“ und auch die „FAZ“. Hurzlmeier hat darüber hinaus zahlreiche Bücher veröffentlicht.

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Die Meister der komischen Kunst auf einen Blick (v. l.): Ernst Kahl, Rudi Hurzlmeier und Michael Sowa; Foto FeuilletonFrankfurt

Seit den 1990er Jahren kann er zunehmend auch als von der Kunstkritik gelobter Maler Erfolge verzeichnen. Die Themen seiner fein ausgeführten Aquarelle, Strichzeichnungen, Tuscheskizzen und Comic-Strips bewegen sich zwischen freundlichem Witz und dem Spiel mit dem Grauen sowie der Lust am Schock. Auch witzige Verfremdungen berühmter Gemälde, wie beispielsweise „Der Mann mit dem Goldhelm“ (Umkreis Rembrandt), zählen ebenso zu seinem künstlerischen Repertoire wie komische Objekte und Skulpturen, von denen einige im caricatura zu sehen sind.

2004 erhielt der äußerst vielseitige Künstler den Deutschen Karikaturenpreis in Silber und 2010 in Gold; 2005 den Sondermann-Preis für Komische Kunst.

Begleitend zur Ausstellung im caricatura museum wurden die drei Meister-Bände Sowa, Hurzlmeier und Kahl in einem Schuber zusammengebracht und sind zum Sonderpreis von 30 Euro exklusiv im Museumsshop erhältlich.

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Ups – wie kommt der caricatura-Elch an den benachbarten Dom? Foto FeuilletonFrankfurt

Mit der kurzweiligen Schau „Weltfremde Malerei“ setzt das caricatura museum die Reihe herausragender Ausstellungen fort. Vor fünf Jahren öffnete es als das jüngste unter den Frankfurter Museen seine Pforten. Als Museum für Komische Kunst ist es einzigartig in Europa. Mit mehr als 4.000 Originalen beherbergt es die größte Sammlung der legendären Neuen Frankfurter Schule. Arbeiten der fünf Zeichner F. W. Bernstein, Robert Gernhardt, Chlodwig Poth, Hans Traxler und F. K. Waechter werden in der Dauerausstellung im ersten Stock des historischen Leinwandhauses präsentiert. Um möglichst viele Bilder der Öffentlichkeit zeigen zu können sowie aus konservatorischen Gründen werden die Zeichnungen alle sechs Monate ausgetauscht. Im Erdgeschoss des Gebäudes finden jährlich drei Wechselausstellungen statt, die namhaften Vertretern der komischen Kunst gewidmet sind.

Sowa, Hurzlmeier und Kahl – Weltfremde Malerei“, caricatura museum frankfurt, bis 16. März 2014

Bildnachweis (soweit nicht anders bezeichnet): caricatura museum frankfurt

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