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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Das neue ArtOpera-Projekt – internationaler Gesangswettbewerb 2013

Sich selbst immer wieder neu erfinden – unabhängig vom Lebensalter

Text und Fotos: Renate Feyerbacher

Helen Donath am 24. August 2013

Noch vor Saisonbeginn der Oper Frankfurt hatte Intendant Bernd Loebe sein Haus für einen neuen Gesangswettbewerb geöffnet. Ihm gefiel, dass bereits erfahrene Sänger sich einem kollegialen „Kräftemessen“ stellen, mit der Aussicht, den neuen Preis „Orpheus“ zu ersingen.

Die Idee zum ersten „Internationalen Gesangswettbewerb ohne Altersbegrenzung“ kam vom ehemaligen Opern-und Konzertsänger Edvin van der Meer, der das ArtOpera-Projekt gründete

. Er holte namhafte, international bekannte Kollegen in die Jury und gewann vor allem die Oper Frankfurt als Kooperationspartner, die auch im August des nächsten Jahres wieder ihr Haus für den Wettbewerb öffnen wird.

Das ArtOpera-Konzept bietet Fortbildungsangebote, vermittelt zu Engagements, veranstaltet Meisterkurse und Workshops und berät Künstler aus dem klassischen Musikbereich. Aus diesem Grund haben sie die Künstlermanagerin Natalie K. Kreft mit in die Jury aufgenommen.

Josef Protschka mit der Preisträgerin Yitian Luan

Vorsitzender der Jury ist Professor Josef Protschka, ehemaliger Rektor der Hochschule für Musik und Tanz in Köln. Als herausragender Tenor begeisterte er früher weltweit. Um die 50 Platteneinspielungen gibt es von ihm. Er ist der ehrenamtliche Motor des Vorhabens. Er trommelte die grossartigen Jurymitglieder zusammen:

Die Kammersängerin Helen Donath. Sie sang 1967 bis 1968 die Pamina in „Die Zauberflöte“ bei den Salzburger Festspielen. Die gebürtige Amerikanerin debütierte 1991 an der Metropolitan Opera New York, wo sie unter anderem die Susanna und die Gräfin in „Die Hochzeit des Figaro“ war. Ein Höhepunkt war die Marschallin in „Der Rosenkavalier“, den ihr Mann Klaus Donath, ebenfalls Jurymitglied, dirigierte und bei dem ihr Sohn, Alexander Donath, die Regie führte. Das war ein Familienprojekt in Detroit.

Edvin van der Meer und Josef Protschka

Sympathisch und aufgeschlossen, Mut machend und begeisternd begegnet sie den Teilnehmern des Wettbewerbs und jedem, der sie anspricht.

Die Sopranistin ist immer noch aktiv, und das über ein halbes Jahrhundert. Das tut sie, um den jüngeren Sängern und Sängerinnen Vorbild zu sein. Es geht auch darum, Rollen altersgerecht zu besetzen. An der Kölner Oper zum Beispiel verkörperte sie 2011 die Gouvernante Mrs. Grose in Benjamin Brittens „The Turn of the Screw“.

Man müsse die Stimme hegen und pflegen, hat sie in einem Gespräch vor kurzem gesagt, so wie die Erde. Bis 2015/16 hat sie Verpflichtungen. Als wir zuletzt im September telefonierten, sie lebt in der Nähe von Hannover auf dem Dorf, war sie auf dem Sprung nach New York, wo Kurt Weills „Mahagonny“ auf dem Spielplan stand.

Sie macht Meisterkurse und freut sich, dass zwei ihrer Schülerinnen erste Preise erhielten. Im April 2014 ist sie mit einem Meisterkurs in Frankfurt.

Ein weiteres Jurymitglied ist Judith Beckmann, Kammersängerin der Staatsoper Hamburg und Ehrenmitglied der dortigen Hochschule für Musik und Theater. Auch sie eine gebürtige Amerikanerin, die in Deutschland und Österreich ihre internationale Karriere begann. Ihre grössten Erfolge hatte sie als Ariadne in Richard Strauss‘ gleichnamiger Oper und als Marschallin. Auch sie engagiert sich in der Förderung und Schulung von Sängern und Sängerinnen. Unglaublich dieser Elan im fortgeschrittenen Alter.

58 Sängerinnen und Sänger hatten sich zum ersten Wettbewerb um den „Orpheus 2013“ angemeldet. Hoch sei das Niveau gewesen, aber man habe sich für sechs Finalisten entscheiden müssen. Zum Finale um die Preise haben es geschafft: vier Sopranistinnen, eine Mezzosopranistin und ein Tenor.

Finalisten mit dem Dirigenten der Kammerphilharmonie Frankfurt

Es gab einen Finalabend und einen Galaabend, zu dem das Frankfurter Publikum geladen war.

Die Entscheidung war nicht einfach, um zu nicht zu sagen schwer, aber nachvollziehbar. Der erste „Orpheus“ wurde nicht verliehen, stattdessen zwei 2. Preise: an die chinesische Sopranistin Yitian Luan, die auch den Publikumspreis gewann. Feurig bot sie dem Publikum „Meine Lippen, die küssen so heiss“ als Giuditta aus Franz Léhars gleichnamiger Operette und ebenso Violettas „E strano … sempre libera“ aus Guiseppes Verdis „La Traviata“.

Sie bestand in Detmold und Köln ihr Diplom und Konzertexamen mit Auszeichnung und wurde 2012 von der „Opernwelt“ als beste Nachwuchssängerin nominiert. Das Saarländische Staatstheater verpflichtete sie für die Spielzeit 2013/14 als Ensemblemitglied.

Die andere 2. Preisträgerin, die dramatische Mezzosopranistin und Altistin Judith Christ, ein Mainzer Kind, hat sich gegen starke Konkurrenz durchgesetzt und kann es nicht fassen. Sie ist staatlich anerkannte Opern- und Konzertsängerin, staatlich anerkannte Musiklehrerin im Fach Gesang, es folgte ein Aufbaustudium an der Frankfurter Hochschule für Musik und darstellende Kunst. Ihre Interpretation der Erda „Weiche Wotan, weiche … “ aus Richard Wagners „Das Rheingold“ war beeindruckend. Imponierend, wie diese Sängerin ihren Lebenstraum durch Beharrlichkeit zu verfolgen scheint.

 Helen Donath und Judith Christ

Zufällig begegnen sich Helen Donath und Judith Christ nach dem Finale im Foyer der Oper Frankfurt und fachsimpeln.

Den 3. Preis gewann die Sopranistin Joo-Ann Bitter. Die in Hameln Geborene studierte Musikwissenschaft, Kommunikationswissenschaft und Neuere Deutsche Literatur und liess sich in Wien zur Sängerin ausbilden. Einige Preise nennt sie ihr eigen. Fünf Jahre war sie beim Alleetheater Hamburger Kammeroper engagiert, und 2013 debütierte sie mit der Laura in Carl Millöckers „Der Bettelstudent“ am Staatstheater Meiningen und im Theater Ingolstadt. Opernpartien sind ihr Hauptaugenmerk. Sie ist international bereits viel in Konzertsälen unterwegs.

Erwähnt werden sollen auch die anderen Finalisten: der Tenor Rodrigo Porras Garulo, der das Publikum zum Bravoruf motivierte, die Sopranistin Bianca Schatte und der dramatische Sopran Martina Langenbucher. Sie alle gefielen.

Eine grossartige Idee, dieses ArtOpera-Konzept. Macht es doch älteren Sängerinnen und Sängern Mut, ihren Gesang unter Beweis zu stellen, beziehungsweise zu ermutigen, dran zu bleiben, um so zu fördern und zu vermitteln.

Talent ist kein Abfallprodukt, das nach Jahren des Aufbaus entsorgt werden kann. Es ist ein natürlicher, immer vorhandener, nie endender Prozess der Selbstverwirklichung, den wir alle in uns tragen, wenn wir es nur zulassen – egal ob Künstler oder nicht.“ (Edvin van der Meer im Programmheft).

 

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