Sommerliche Reisegrüsse aus der Türkei / 7
Erzählung in Briefen
© von Robert Straßheim
Siebtes Kapitel
9. Juni 13
Lieber Markus,
Wohlbehalten sind wir in Cesme (Bezirk Izmir) angekommen, wo wir uns in einem Hotel am Meer einquartieren. Ich muss gestehen: Ein monströser Betonklotz mit ca. 200 Zimmern.
Unterwegs im Bus wurde ich ausgelacht, als ich versuchte, mich anzugurten und herummeckerte: Der Gurt war viel zu kurz, selbst für meinen dünnen Bauch – offensichtlich handelte es sich um eine Attrappe! Niemand sonst hier käme auf die Idee, einen Gurt zu benutzen.
Dem Alinakind macht das Reisen Spass, nur mit dem Baby ist es sehr anstrengend, da er ja nirgends krabbeln darf, so muss man ihn ständig zwingen, auf dem Schoss zu bleiben, auch mit viel Geschrei.
Dieses Geschrei hindert nun andere Leute nicht daran, unser Baby süss zu finden. Ist es einmal ruhig, wird es, ehe man sich versieht, von fremden Fingern begrapscht und von fremden Mündern bequatscht, oft sogar beküsst: Die Babyliebe ist hier grenzenlos. Dass ein älteres Baby wie das unsere aber fremdelt, also schreit, wenn Fremde seine Grenzen überschreiten, wollen sie nicht sehen: Es ist eine ganz narzisstische Liebe …
So war ich heilfroh, dass wir diese Reise überstanden haben. Und nun sind die Kinder entdeckungslustig und ausgelassen, z.B.:
Alina ist mit Papa im Hotelzimmer; Mama und Bela sind noch an der Rezeption. Alina entdeckt die Fernbedienung der Klimaanlage, hält sie sich ans Ohr und spricht: „Polizei, kannst du unsere Tochter bringen, die ist nicht bei uns. Danke schön!“
Glückliche Kindheit, da die Polizei hilfreich und gut ist! Ich wünschte von Herzen, heutige Kinder müssten in ihrem Leben niemals prügelnde Polizisten sehen.
Von den Demos ist hier nichts zu spüren, es ist eine abgeschiedene Welt des Tourismus, wo es keine Störungen gibt – wie künstlich, wie fade!
(Fotos: © Robert Straßheim)
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