„Blickachsen 9“ in Bad Homburg und Rhein-Main (6)
Die kleinen grünen Männchen sind da!
Müssen wir Grund zu Besorgnis haben? Immerhin sind sie bereits im französischen Bessines, in Shanghai, Tokio oder London gesichtet worden, und jetzt – auch in Bad Homburg?
Nun, wir glauben, verehrte Leserinnen und Leser, Sie beruhigen zu können: Vom Mars kommen diese kleinen grünen Männchen gewiss nicht, und vom Mond schon mal gar nicht, sondern von einem irdischen Künstler des Namens Fabrice Hybert, 1961 im französischen Luçon geboren. Fünf Figürchen sind es, aus Bronze, farbig gefasst, jeweils 86 cm hoch. Sie entwässern sich aus allen möglichen Körperöffnungen, welchen genau, möchten wir gern Ihrer leserischen Fantasie überlassen.
Von fast giftigem Grasgrün ist ihr Äusseres, sie bewirken, dass das Grün der Bäume und das algige Grün des Wassers im Bassin vor der ehemaligen Wandelhalle des Bad Homburger Kurparks, wo heute nicht nur des Sonntags zumeist späte Mädels mit ebenso späten Herren samt deren bekannt-begehrten grauen Schläfen zu herzerwärmender Tanzmusik schwofen, immer noch grüner erscheint.
Nun machen sie – die kleinen grünen Männchen – dabei dem wasserspeienden Froschkönig auf seiner goldenen Kugel Konkurrenz – er wird ’s mit Gelassenheit zur Kenntnis nehmen. Ohnehin spritzt man sich – jeder jeden – allseitig nass. Was ja bei dieser gegenwärtigen Sommerhitze – wir schreiben die ersten Tage des Augusts 2013 – von einiger Annehmlichkeit sein mag. Und ausserdem – Hand auf ’s Herz – schön anzusehen ist es allemal.
Freuen wir uns also mit den Tanzenden, wie sie vom hektischen Treiben abtranspirierend unter den Sonnenschirmen auf der sommerlichen Terrasse sitzen und bei einem zeitgeistigen Sprizz-x oder Sprizz-y (oder sind all diese Sprizz’s nicht schon längst wieder „out“) dem nässenden – und irgenwie auch erotischen – Treiben im Bassin zuschauen.
Fabrice Hybert studierte an der École des Beaux-Arts in Nantes und arbeitet auf fast allen Gebieten der bildenden Künste. Seine Werke verstehen sich als „works in progress“ und als jeweils ein Zwischenschritt in einem quasi evolutionären künstlerischen Prozess.
1997 vertrat Hybert Frankreich auf der Biennale Venedig. Seine Arbeiten wuchern vielfach gleichsam rhizomatisch (wie Ai Weiwei’s skulpturale Installation „Bang“, wir übernehmen diesen Begriff ab sofort in unseren Kunst-Wort-Schatz) in die Welt hinein: Vorangegangene Werke inspirieren zu neuen, die sich, dem System der Zellteilung ähnlich, wie ein Netzwerk ausbreiten.
Und weil wir getrost sein können, dass sie nicht vom Mars oder anderen Gestirnen, sondern von Künstlerhand stammen, bleibt unsere Sympathie diesen kleinen grünen Männchen sicher.