Kerstin Schulze Dieckhoff: Aus Anfang und Ende ein Kreis
Abschied von den „Singenden Bildern“
Von Susanne Gross
Manchem Besucher mochte das Verbrennen der Gemälde radikal anmuten. Für Kerstin Schulze Dieckhoff bedeutete der Abschied von den „Singenden Bildern“ einen konsequenten Schritt in ihrer künstlerischen Weiterentwicklung.
Feuerbild
Feuerbild 2
„Ich brauchte Raum für Neues und dafür musste zwangsläufig Anderes gehen“, bekräftigte die in Idstein-Wörsdorf lebende Malerin und plastisch arbeitende Künstlerin. So übergab sie die Mehrzahl der bei ihr verbliebenen und wiederholt ausgestellten Gemälde dem Feuer – an jenem Platz, an dem die Bilder im Verlauf der letzten Jahre entstanden waren. Statt einen Schlussstrich zu ziehen, fügte sie Anfang und Ende eines Schaffenszyklus zu einem Kreis zusammen.
Aufbrechendes Rund
Engel
Kerstin Schulze Dieckhoff entwickelt sich zunehmend zur Konzeptkünstlerin, die den Entstehungs- und Veränderungsprozess ihrer Kunst stärker in den Vordergrund stellt. Die „Singenden Bilder“ hatte sie nach vorwiegend eigenen, von ihr getexteten und gesungenen Musikstücken gestaltet. Bei mehreren Ausstellungen im Rhein-Main-Gebiet bot sie den Betrachtern die Möglichkeit, die Titel zu den Bildern mittels MP3-Player zu hören. Bereits damals schuf sie für die Besucher auf mehreren Ebenen einen Raum für sinnliches Erleben. Speziell bei den Vernissagen und Finissagen ermunterte sie die Anwesenden zum Mitsingen und zur intensiven Auseinandersetzung mit ihren Werken – und sich selbst. Die Anwesenden waren punktuell mit in die Gestaltung der Ausstellung eingebunden. Dieser Aspekt der Einzigartigkeit jedes Moments – selbst einer dauerhaften Ausstellung – war noch stärker beim Verbrennen der Gemälde zu erleben.
Hände
Labyrinthkopf
Im Rahmen ihres öffentlichen Abschieds hatten die Besucher ein letztes Mal die Gelegenheit, die Bilder zu betrachten und auf Wunsch die zugrunde liegenden Musikstücke zu hören. Dann standen die Transformation und der Abschied als zentrales Erlebnis im Vordergrund. Das Verbrennen führte für die Anwesenden zu einer tiefen Auseinandersetzung mit den Themen „Loslassen“ und „Wandel im Leben“. Dazu die Künstlerin: „Man verbrennt sich ein Stück weit selbst“.
Dieser drastische und unumkehrbare Abschied warf die Besucher auf eigene Erfahrungen des Loslassens und der Veränderung im Leben zurück. Eine gewisse Provokation begleitete die Aktionen von Kerstin Schulze Dieckhoff und sie sagt: „Mit meinen Handlungsweisen stelle ich so manche verquere Hochachtung vor Kunst bewusst in Frage und zur Diskussion“. Gerade ihre autonome Entscheidung, die überlebten Ausdrucksformen rituell zu vernichten, zeugt von enormer Kraft.
Schmetterlinge vor Frau
Schwarze Figuren
So zeichnet sich ab, wohin die künstlerische Auseinandersetzung Kerstin Schulze Dieckhoff zukünftig führen wird: „Ich möchte ‚Neue Räume‘ gestalten“, betont die Autodidaktin. Das darf durchaus im wörtlichen Sinn verstanden werden, als Weiterentwicklung ihres auf Konzeptionen basierenden Kunstverständnisses. „Ich liebe Veränderung“, so Kerstin Schulze Dieckhoff, die den Wandel als natürliche Abfolge des Lebens begreift und dies sichtbar macht in ihren Arbeiten und Aktionen. „Der Prozess, das Probieren, die unterschiedlichen Stadien eines Kunstwerkes faszinieren mich“.
Verwandelt wird sie bei zukünftigen Projekten wieder in Dialog mit den Besuchern treten.
Abgebildete Arbeiten und Fotos: © Kerstin Schulze Dieckhoff