„kunstansichten“ 2013 in Offenbach
Auch in Offenbach am Main „schlägt ’s 13“: Just im Jahr 2013 fanden dort die 13. „kunstansichten“ statt, ein „Festival der Kunst“ in der Nachbarstadt Frankfurts, 1998 ins Leben gerufen und seit 2009 nunmehr im zweijährigen Rhythmus veranstaltet. FeuilletonFrankfurt hat sich ein wenig umgesehen, hier und da die Kamera gezückt und eine kleine Auswahl aus einer Fülle von Sehens- und Berichtenswertem festgehalten. Über 120 Künstlerinnen und Künstler an 50 Standorten – in Ateliers und Atelierhäusern, Galerien und Museen, im öffentlichen Raum und im Off-Space – haben sich beteiligt, und manche Ausstellungen dauern über die Veranstaltungstage 26. bis 28. April hinaus an. Auch Gastkünstlerinnen und Gastkünstler von ausserhalb Offenbachs konnten auf Einladung ortsansässiger Kunstschaffender und Einrichtungen ihre Arbeiten präsentieren.
Werkstatthaus Offenbach (wh-o)
Ausschliesslich Qualität trafen wir – wie nicht anders zu erwarten – im von Bernd Fischer gegründeten Werkstatthaus Offenbach an, wo sich neben ihm Emmanuèle Barone, Thomas Ganter, Susana Ortiz Maillo, Nino Pezzella, Dagmar Rees, Max Markus Schröder, Renate Seidel, Sven Tadic, Friederike Walter und Katarzyna Zommer an den „kunstansichten“ beteiligten.
Nach Einnahme einer angemessenen Mittagsmahlzeit physisch gestärkt und innerlich gefestigt nähern wir uns den – ebenso faszinierenden wie provozierenden – Supermarkt-Tiefkühl“kost“-Bildern von Thomas Ganter. Gleichwohl verfestigt sich bei längerem Betrachten der Wunsch, innerhalb zumindest der nächsten Dekade dem Verzehr von Geflügelfleisch zu entsagen. Auch die Erinnerung an Lebensmittelskandale jüngster Zeit will sich nicht verdrängen lassen. Und Ostern mit all seinen niedlichen Eiern und Küken liegt doch noch gar nicht so lange zurück …
Ganter, 1974 in Limburg geboren, studierte nach seiner Ausbildung zum Lithografen Kommunikationsdesign an der Fachhochschule Wiesbaden. Nach Lehrtätigkeit u. a. an dieser und an der Fachhochschule Mainz im Bereich Zeichnen und Aktzeichnen arbeitet er als Illustrator und Zeichentrickanimator und lehrt am Werkstatthaus Offenbach. Seine Arbeit widmet er der „Suche nach Antworten im täglichen Leben“.
Thomas Ganter, 18 750,- , 29 950,- , 23 400,- , jeweils Öl, Leinwand, Karton, jeweils 26,2 x 20 cm bzw. 33 x 26 cm
Max Markus Schröder, ein Meister nicht nur der Pastellmalerei oder seiner fotografierten Seidenpapierarbeiten, wurde 1962 in Koblenz geboren und studierte Industrie- und Kommunikationsdesign an der Gesamthochschule Wuppertal. Die geglasten Arbeiten seiner Edition „Cosmic Trigger“ sind das Ergebnis eines komplexen Arbeitsprozesses, in welchem Schröder die erwähnten, mit Pigmenten und Kreiden behandelten Seidenpapiere verknittert, zerreisst und wieder formt, sie dann in bestimmten Zeitabschnitten dem Sonnenlicht aussetzt, danach fotografiert und anschliessend vernichtet. Übrig bleibt die fotografische Dokumentation eines zwischen okkult und luzid angesiedelten Produkts aus irdisch-gestalterischer Absicht und kosmisch-energetischem Zufall, die im Betrachter einen weiten Raum für Assoziationen öffnet.
Max Markus Schröder, Ohne Titel / CT-120222-P398-05, Edition Cosmic Trigger, 2012, Digitalprint auf Büttenpapier, 44 x 34 cm
Friederike Walter, 4. Möglichkeit, 2012, Öl, Leinwand, 60 x 60 cm
Friederike Walter, 1975 in Darmstadt geboren, studierte – mit Gastsemestern an der Kunstakademie Düsseldorf – an der Hochschule für Gestaltung Offenbach HfG Visuelle Kommunikation mit Diplomabschluss bei Professor Heiner Blum. Sie bestritt zahlreiche Ausstellungen im Rhein-Main-Gebiet, in Düsseldorf und Wien. Wunderbare Bilder aus Raum und Zeit kennen wir von ihr – Räume von Menschen gemacht und doch menschenleer.
Susana Ortiz Maillo wurde 1977 in Madrid geboren. Nach einem Studium an der dortigen Universidad Complutense, Facultad de Bellas Artes, studierte sie an der Städelschule Frankfurt als Meisterschülerin der Professorin Christa Näher. Die Künstlerin arbeitet in ihrer „Mixtechnik“ mit Wachskreide, Aquarell, Pastell, Acryl und Stiften. Sie führt – und verführt – uns immer wieder in Märchen- und Traumwelten. Eine feine, stille Ironie kennzeichnet Ihre Träume, Erinnerungen und Erzählungen. Wir „lesen“ gerne in ihren Bildern.
Susana Ortiz Maillo:
↑ Say something to change my mind now … , 2012, Mixtechnik auf Leinwand, 120 x 90 cm
↓ Brave, but lonely, lonely planet, 2012, Mixtechnik auf Leinwand, 40 x 40 cm
Bund Offenbacher Künstler (bok)
Qualität treffen wir auch in der Ausstellung des Bundes Offenbacher Künstler an, der über 40 Mitglieder zählt. Der Bund geht zum einen auf den 1907 gegründeten Verein für Kunstpflege und zum anderen auf eine Initiative Offenbacher Künstler zurück, die sich 1926 zur Gründungsversammlung des Vereins unter seinem heutigen Namen trafen. Nach der Zeit des Nationalsozialismus wurde der Künstlerbund Ende 1945 wiedereingerichtet. Sein heutiges Domizil mit der „galerie salon 13“ befindet sich in der Kaiserstrasse 13 – wie passend zu den 13. „kunstansichten“ im Jahr 2013!
An der aktuellen Schau beteiligten sich jetzt im Rahmen der Gemeinschaftsausstellung „Seven“ die sieben Künstlerinnen und Künstler Richard Köhler, Petra Maria Mühl, Pelusa Petzel, Klaus Puth, Gabriele Saur-Burmester, Barbara Storck-Brundrett und Ralph Zoller. Uns fielen die seriellen malerischen Arbeiten von Saur-Burmester und Storck-Brundrett in ihrer künstlerischen Stringenz und Qualität besonders auf:
Barbara Storck-Brundrett wurde 1958 in Offenbach geboren. Sie studierte an der Städel-Abendschule bei den Dozenten Bernhard Jäger und Nicole Van den Plas und besuchte die Europäische Kunstakademie Trier. Ihre Arbeiten waren bereits in zahlreichen Galerien und auf Kunstveranstaltungen deutschlandweit sowie im benachbarten Ausland zu sehen. Blickt man ihre Bilder der Reihe CROSS-EYED längere Zeit an, scheinen die Punkte Op-Art-mässig in Bewegung zu geraten und zu oszillieren, im Auge des Betrachters entstehen wechselnde Strukturen.
Barbara Storck-Brundrett, Serie CROSS-EYED, # 320 (weiss), # 323 (schwarz), # 327 (grün), jeweils 2011, jeweils Acryl auf Leinwand, 100 x 100 cm
Gabriele Saur-Burmester, 1953 in Schwäbisch Gmünd geboren, studierte – nach einem Studium der Pädagogik, Psychologie und Kunst an der Pädagogischen Hochschule Esslingen – von 1999 bis 2003 an der Frankfurter Städelschule. Ihre Arbeiten waren in zahlreichen Ausstellungen in den Städten des Rhein-Main-Gebiets sowie u. a. in Berlin, Dresden, New York und Seoul zu sehen. Ihr grosses Tafelbild „again and again“ fasziniert durch den Rhythmus der Farben, die sich in einen „Farbklangteppich“ zu verwandeln scheinen.
Gabriele Saur-Burmester, again and again, 2012, 190 x 190 cm
Konkurrenz belebt das Geschäft, mag schon sein: Die Offenbacher „kunstansichten“ wetteifern künftig mit den neugestalteten „Frankfurter Ateliertagen“ in einem – wie wir hoffen – konstruktiven Dialog, vergleichbar den zwei – jede auf ihrem Gebiet hochrenommierten – Kunst- bzw. Design-Hochschulen in den beiden Nachbar- und Partnerstädten. Gemeinsam bilden sie eine pulsierende Kreativ- und Kulturregion, die sich – allemal im innerdeutschen Vergleich mit Berlin, Düsseldorf oder München – sehen und messen lassen kann.
Abgebildete Werke © jeweilige Künstlerinnen und Künstler; Fotos: FeuilletonFrankfurt