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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Atelierausstellung Borsig 37

Atelierausstellungen können sich oft als ein Geheimtip erweisen, und so können wir wieder einmal dazu raten, die Schritte in die Frankfurter Borsigallee 37 zu lenken. Dort stellt – leider nur für die Dauer zweier Wochenenden – unter dem Label BORSIG 37 eine Ateliergemeinschaft aus, die wir in Teilen seinerzeit als Künstlerinnengruppe „Labyrinth“ kennenlernen konnten. Von der damaligen Gruppe treffen wir auch heute die Malerin Elena Primavera und die Bildhauerin Evelyne Brotfeld an; neu hinzugetreten sind inzwischen die Malerinnen Uta Mallin, Birgit Schienemeyer und Beate Schnabel.

Die letztgenannte Künstlerin zeigt in ihren ausgestellten Arbeiten auf Leinwand stark abstrahierte weibliche Akte und tänzerische Gesten. Beate Schnabel, 1952 in Gau-Bickelheim geboren, besuchte zunächst die Städel-Abendschule und studiert seit 2011 an der Europäischen Kunstakademie in Trier. Was sich als leichte, luftige Malerei in zarten Pastelltönen ausnimmt, könnte sich bei näherem Hinschauen auch als ambivalent erweisen und die Fantasie des Betrachters bis hin zu Abgründigem schweifen lassen: nur allzu sensibilisiert ist er von Berichten über Fälle von Missbrauch und Vergewaltigung. Die Ambivalenz dieser Arbeiten in ihrer malerischen wie materialen Schönheit spiegelt letzten Endes nicht mehr und nicht weniger als die Ambivalenz der menschlichen Natur und der Gesellschaft wider. Alles in allem: eine Entdeckung!

Beate Schnabel, o.T., 2010, Acryl auf Leinwand, 80 x 110 cm

Uta Mallin, Landschaft, Acryl auf Leinwand, 80 x 60 cm

Die Malerin und Zeichnerin Uta Mallin haben wir bereits wiederholt vorgestellt, deshalb dürfen wir uns an dieser Stelle – und weil im Blick auf die nur kurze Ausstellungsdauer Eile geboten erscheint – mit dem Hinweis auf einige bemerkenswerte Weiterentwicklungen der Künstlerin beschränken. Deren Ergebnis ist unter anderem die Arbeit „Landschaft“, die wir als äusserst gelungen empfinden.

Birgit Schienemeyer, Mann mit Maske, Tempera auf Leinwand, 50 x 50 cm

Ein Gefühl der Verunsicherung beim Betrachter können Birgit Schienemeyers Bilder auslösen. Hier sehen wir dem Finanzliberalismus ergeben erscheinende Jung-Banker in weissen Hemden und Krawatten, deren Blicke sich aber auf eine irritierende Weise im Leeren verlieren: Zweifeln sie an dem, was sie tun? Und dort beunruhigt den Betrachter ein maskiertes Gesicht, ist es ein Bankräuber, der den günstigsten Moment für den geplanten Überfall erspäht, oder begegnen wir einem Gutmeinendem, der von einer Occupy-Demonstration kommt? Das wohlgestaltete Gesicht des jungen Mannes wirkt auf eine eigenartige Weise sanft. Sollte der ängstliche Bürger ihm wirklich etwas Böses zutrauen? Überzeugend auch hier die Materialität der Bilder, die die Malerin mit Tempera auf Leinwand ausführt. Auch Birgit Schienemeyers hier ausgestellte Arbeiten sind eine echte Entdeckung!

Birgit Schienemeier, 1967 in Darmstadt geboren, studierte Kunstgeschichte und Kunstpädagogik mit dem Schwerpunkt Malerei an der Goethe-Universität Frankfurt bei Professor Stephan Baumkötter.

Nicht ein Gerhard Richter, sondern Elena Primavera war hier am Werk. Ihre aktuell ausgestellten, wunderschönen Arbeiten fertigt sie sämtlich in Öl auf Holz, was ihnen eine besondere Oberfläche und Anmutung gibt. Die Motive ihrer oft an Stillleben, im wörtlichen Sinne an die „Nature morte“ erinnernden Arbeiten findet sie in der realen – dem Himmel sei es gedankt noch lebendigen – Natur, und dort vornehmlich im Reich der Tiere.

Elena Primavera, fasan I, 2012, Öl auf Holz, 140 x 97 cm

Evelyne Brotfeld, Mutter und Kind, 2007, Tuffstein, Höhe ca. 60 cm

Evelyne Brotfelds Arbeiten schliesslich haben nichts von jenem Insichruhen, jener innerlichen Versunkenheit wie zugleich jenem ruhigen „aus dem Stein Herauswachsen“ eingebüsst – den Eigenschaften also, die uns bereits seinerzeit in Bann schlugen.

Alles in allem: BORSIG 37 präsentiert eine gelungene, facettenreiche wie zugleich in sich schlüssige Atelierausstellung, in der es sehr vieles zu entdecken gilt. Die Werk- und Verkaufsschau ist am heutigen Sonntag ab 15 Uhr geöffnet. Der Weg nach Enkheim lohnte allemal und liesse sich darüber hinaus leicht mit einem Schaufensterbummel im benachbarten Hessen-Center verbinden.

ATELIERAUSSTELLUNG BORSIG 37, Borsigallee 37 (Hinterhaus): Sonntag, 10. März, Samstag 16. und Sonntag, 17. März 2013 jeweils von 15 bis 18 Uhr; Besichtigungen sind auch nach Vereinbarung möglich (Telefon 01753391078 und 015117255113).

(Abgebildete Arbeiten © jeweilige Künstlerinnen;
Fotos: FeuilletonFrankfurt)

 

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