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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Hinter jeder Freundschaft verbirgt sich eine Geschichte, manche endet mit einer Enttäuschung

Von Susanne Gross

Über Freundschaften zu schreiben, kommt mir zunächst wie eine heikle Angelegenheit vor, als ob ich den Eingang zu einem sehr privaten Raum öffne, hinter dessen Tür sich einerseits wertvolle Begegnungen und Kontakte befinden – und andererseits auch erlebte und zugefügte Enttäuschungen lauern, abrupte und unverständliche Enden von Beziehungen versteckt sind, manch unerwartetes Auseinanderleben in dunklen Nischen lagert.

Über Generationen

Da existiert die Freundschaft zu einer Seniorin, die mit 83 Jahren fast doppelt so alt ist, wie ich es bin und die ich vor zehn Jahren beim Ausdruckstanzen kennengelernt habe. In den Anfangszeiten unserer Freundschaft erwies sie sich oft als ältere Beraterin für mich, doch allmählich vertauschen sich die Rollen. Ich übernehme zunehmend die Funktion der Ratgebenden. Prägten zu Beginn unserer Freundschaft lange Spaziergänge unser Zusammensein, sitzen wir nun oft zusammen, und ich muss lernen, mit ihrer Vergesslichkeit umzugehen.

Ein bisschen verschieden

Eine besonders enge Form der Freundschaft verbindet mich mit einer Altersgenossin. Vor fast zwanzig Jahren lernte ich Dagmar als Schwester einer Arbeitskollegin kennen. Während sie ihrem Beruf als Bankkauffrau über alle Jahre hinweg die Treue hielt, wählte ich den Weg über ein kunstgeschichtliches Studium und fand schliesslich im Journalismus meine berufliche Heimat. Während sie heiratete, eine Familie gründete und ein Haus in der Stadt kaufte, zog es mich aufs Land und zu immer wieder neuen Lebensentwürfen. Trotz der grossen Gegensätzlichkeiten in den Lebensläufen nahmen wir stets interessiert Anteil an den Sorgen und Freuden der Anderen – und bis heute sind wir uns verlässliche und verständnisvolle Vertraute. Besonders wenn ich an Dagmar denke, kommt mir folgendes Zitat in den Sinn: „Gute Freundinnen sind ein bisschen gleich und ein bisschen verschieden.“

Gerade in den letzten Jahren haben sich neue Freundschaften zu Frauen entwickelt, die ich durch meine Arbeit als Journalistin für die Idsteiner Zeitung kennengelernt habe. Manche Kontakte erwiesen sich als derart inspirierend, dass sie selbst auf unerwarteten Gebieten meinen Horizont erweiterten. So vermochte es meine Fussball-Freundin, mich für die Europameisterschaft zu faszinieren, und wir sassen bei sämtlichen Spielen der deutschen Nationalelf gemeinsam vor dem Fernseher und fieberten mit. Das hätte ich vorher nie von mir zu glauben vermocht, doch diese Abende erwiesen sich als ungemein erheiternd und spannend.

Ein Kassengespräch

Kurz vor Weihnachten traf ich an der Kasse eines Discounters einen engen Bekannten meines ersten Freundes wieder: Ralf und ich tauschten Erinnerungen an die in Wiesbaden verbrachten Jahre aus, ich erkundigte mich nach den Mitgliedern der damaligen Clique. Wir lachten. Gerade dieses unerwartete Zusammentreffen verlieh diesem Moment seine Leichtigkeit und ich verspürte echte Freude – auch wenn ich bereits in diesem Augenblick wusste, dass ich nicht wieder an die alten Zeiten anknüpfen wollte. Dennoch leuchtete diese Begegnung durch den Rest des Tages.

Wenn die Worte ausgehen

Doch ich erlebte auch Enttäuschungen, etwa mit einer Frau, die ich während einer Schreibausbildung kennenlernte. Über drei Jahre hinweg überbrückten wir die räumliche Distanz mit gelegentlichen Telefonaten, und es schien so, als sei unsere Freundschaft in der Trennung noch gewachsen. Doch als wir uns in diesem Sommer wieder sahen, litten wir unter Wortkargheit, verspürten eine angespannte Atmosphäre und taten uns schwer damit, den gemeinsam geplanten Ausflug auch nur halbwegs herzlich zu gestalten. Verwundert und ernüchtert stellten wir fest, dass die am Telefon verspürte Nähe zueinander sich in der Realität nicht ebenso einstellte.

Gegenwärtig verspüre ich Trauer über den Verlust einer Kollegin, zu der ich ein freundschaftliches Verhältnis entwickelt hatte. Doch nachdem sie aus dem Unternehmen ausgeschieden war, versandete rasch ihre Spur.

Die Autorin mit einem Geburtstagsgeschenk von Freunden: Ein grosser Rucksack für gemeinsame Wanderungen; Foto: Udo Mallmann

 

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