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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Städelschule: Rundgang 2013 (3)

„Can it!“ der Filmklasse Küche von Douglas Gordon

Der Mann am Klavier hat’s ohnehin schwer: 88 Tasten fordern seine zehn Finger heraus, es gilt, sie zum jeweils richtigen Moment zu treffen, da sollte man’s ihm nicht noch schwerer machen und den grossen Flügel auf ein übermannshohes Holzgerüst verräumen, noch dazu den Klavierhocker auf einem schmalen Balken über dem Abgrund balancieren lassen … wie geschehen in der berühmten Küche, dem Atelier des Filmprofessors Douglas Gordon in der Städelschule. Nun gilt es als ein offenes Geheimnis, dass der mit dem hochrenommierten Turner-Preis ausgezeichnete Kunstlehrer des Klavierspiels gar nicht mächtig ist (wohl aber des Kochens!) und dass der – normaler Weise auf dem Boden residierende – Flügel, anders als die komplett eingerichtete Edelstahl-Küche, lediglich als ein Dekorationselement sein fragwürdiges Dasein fristet. Und heuer zum Städelschul-Rundgang 2013 musste das sperrige schwarze Ungetüm eben Platz machen für einen Verkaufsstand der besonderen Art.

„Essen und trinken hält Leib und Seele zusammen“ sagt ein altbekanntes Sprichwort, kündet vom Zusammenhang auch zwischen Körper und Geist, da ist etwas Wahres daran. Und: Das gemeinschaftliche Kochen und Essen hat Tradition an der Städelschule. Einst führte dort Professor Peter Kubelka in seiner Klasse Film und Kochen als Kunstgattung zusammen. Er als „Koch, vergleichender Theoretiker, scharfsinniger Beobachter, Kulturanthropologe, Sammler, Künstler, Mitbegründer der Anthology Film Archives in New York, Filmemacher, Avantgardist, Musiker, Reisender und subtiler Theoretiker des Essens, hat das praktische Denken für das Kochen auf ein philosophisches Niveau gehoben und auf Kulturen vergleichende Weise den irritierenden Nachweis erbracht, dass Kochen Kunst ist“, lobt noch immer die Hochschule. Heute leitet Mensa-Koch Hocine Bouhlou eine Kochwerkstatt.

Kochen erfordert Kreativität wie Kunstfertigkeit, Gefühl und Liebe, führt in philosophische Dimensionen.

Die Küche perfekt, die Regale des vom schwarzen Flügel beschirmten Verkaufsladens zu Beginn gut gefüllt und am Ende sicherlich so ratzeputz ausverkauft wie unlängst Wagners „Ring“ an der Oper Frankfurt. Es gibt unter anderem Schürzen und Geschirrtücher von Any Schultze und Inga Danysz, Bier von Sebastian Stöhrer und Olaf Hackl, von letzterem auch Walnusswein. Filippa Pettersson (sie erhielt den Förderpreis der Landwirtschaftlichen Rentenbank) und Amy Ball bieten eingelegtes Gemüse an.

Nicht fehlen darf original Marlenes „Tau von den Wiesen“ von Städelschul-Professor Tobias Rehberger, ein „reines Naturprodukt ohne Zusatzstoffe“, politisch-ökologisch korrekt in der Pfandflasche. Doch wer wird das Kunstwerk einfach banaler Weise öffnen und austrinken, gar hernach die Flasche zurückbringen?

Und zum Schluss Leckeres wie Prozentiges vom „Küchenmeister“ selbst: Tequila infused with lemons, limes and oranges, Titel: „memory of forgotten future“, Jahrgang 2013, mit Unterschrift von Douglas Gordon höchstselbst.

Den Verkaufsladen entwickelten Dana Munro und Mark Walker, assistiert von Jessie Holmes.

Abgebildete Werke © jeweilige Künstlerinnen und Künstler;
Fotos: FeuilletonFrankfurt

→ Folge 4

→ Städelschule: Rundgang 2013 (1)

 

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