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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

„And the Oscar® goes to …“

85 Jahre Bester Film im Deutschen Filmmuseum Frankfurt

Text und Fotos: Renate Feyerbacher

In diesen Tagen werden die Stimmzettel des ersten Wahlgangs ausgefüllt. Die Mitglieder der Academy of Motion Picture Arts and Sciences Los Angeles (AMPAS®) – sie kommen aus den unterschiedlichsten Berufszweigen der Filmbranche, es sind Schauspieler, Regisseure, Kameraleute, Kostümbildner usw. – wählen aus einer Liste von zehn Filmen die besten, die sie in ihrer Sparte gekürt sehen wollen. Die Wahl der etwa 6000 ist anonym und geheim. Notare werten die Stimmzettel im Januar aus, und nach Bekanntgabe gibt es Sondervorführungen der nominierten Filme. Im Februar beginnt der zweite Wahlgang, der am 19. Februar endet. Am Sonntag, den 24. Februar 2013, verfolgen Millionen von Filmfans wieder weltweit vor dem Fernseher die 85. Oscar®-Preisverleihung.

Felix Semmelroth und  Hawk Koch, Präsident der Academy (am 14. November 2012 in Frankfurt am Main)

„Ein richtiger Knüller“, so lobte Professor Felix Semmelroth, Frankfurts Kulturdezernent, die Ausstellung in der Pressekonferenz im Deutschen Filmmuseum, an der auch der Präsident der AMPAS®, Hawk Koch, teilnahm. Er war zum ersten Mal hier und begeisterte sich für den Apfelwein.

In der Tat, ein Knüller. Da wurden nicht nur zehn „leibhaftige“ Oscars® aus der Filmmetropole eingeflogen, die noch nie ausgestellt wurden, sondern auch die Archive geöffnet und kostbare Dokumente nach Frankfurt verfrachtet. Und da steht der Oscar® einer meiner Lieblingsschauspielerinnen, für die ich als Kind glühte: der von Bette Davis, den sie 1939 als Beste Schauspielerin im Film JEZEBEL (USA 1938, Regisseur William Wyler) und 1950 für ALL ABOUT EVE (USA 1950, Regisseur Joseph L. Mankiewicz) erhielt. 14 Nominierungen erhielt dieser Film.

Auch die Statuette von Clark Gable, die er für die Beste männliche Hauptrolle 1935 im Film IT HAPPENED ONE NIGHT (USA 1934, Regisseur Frank Capra) empfing, ist dabei, ebenso die von Regisseur Billy Wilder für seinen Film THE APARTMENT (USA 1960) mit Jack Lemmon, Shirley McLaine und Fred McMurray. Er war 30 Jahre lang der letzte Beste Film in Schwarz-Weiss, der die Trophäe erhielt, denn erst 1993 wurde wieder ein schwarz-weisser ausgezeichnet, nämlich SCHINDLER’s LISTE von Regisseur Steven Spielberg mit Liam Neeson und Ben Kingsley.

Oscar® von Clark Gable

Der auf einer Filmrolle stehende Ritter, der sich auf ein Kreuzfahrerschwert stützt, wurde 1928 kreiert. Nur die Grösse des Sockels wurde nach 1945 verändert. Er besteht aus Metall-Legierungen, die später mit einer Goldschicht veredelt werden. Mit seinen 3,8 Kilogramm liegt er gut in der Hand und steht fest in der Erinnerungsvitrine. Nur zu Kriegszeiten, von 1942 bis 1944, musste auf Metall verzichtet werden: Da wurde er aus Gips gemacht.

Seit 1929 wurden 2.809 Statuetten verliehen, heute in 24 Kategorien.

Es ranken hübsche Geschichten um die Namensgebung des populärsten und glamourösesten Filmpreises der Welt, den Academy Award of Merit, genannt Oscar®. Warum heisst er so? So wurde er 1934 erstmals in den Medien genannt. Witzig ist die Erklärung von Bette Davis, die versicherte, er trage den mittleren Namen ihres Mannes, weil sein Hinterteil dem der Figur sehr ähnele.

Der erste Auszeichnung ging 1927/1928 an den Stummfilm WINGS (USA 1927, Regisseur William A.Wellman). Einmalig gab es parallel eine Kategorie für den Film mit der Besten künstlerischen Qualität. Die Auszeichnung erhielt der erste Streifen des deutschen Regisseurs Friedrich Wilhelm Murnau (1888 bis 1931) für SUNRISE (SONNENAUFGANG – LIED VON ZWEI MENSCHEN). Auch andere deutsche Filmemacher, unter anderem Wilhelm (William) Dieterle (1893 bis 1972), waren erfolgreich in Hollywood: sein Streifen THE LIFE OF EMILE ZOLA (USA 1937) wurde prämiert. TABU (USA 1931, stumm) gewann den Oscar® für die Beste Kamera.

Modell des Kodak Theatre

Der erste Gewinner eines Oscars® für die Beste Hauptrolle war der deutsche Schauspieler Emil Jannings (1984 bis 1950) für THE LAST COMMAND (SEIN LETZTER BEFEHL (USA 1928, Regisseur Josef von Sternberg) und für THE WAY OF ALL FLESH (DER WEG ALLEN FLEISCHES, USA 1927, Regisseur Victor Fleming, stumm). Jannings war bereits in seine Heimat Deutschland zurückgekehrt, wo 1930 unter Josef von Sternbergs Regie DER BLAUE ENGEL mit Marlene Dietrich gedreht wurde, und nahm daher an der Preisverleihung nicht teil.

Deutsche Oscar®-Preisträger sind unter anderem Bernhard Grzimek für seinen Dokumentarfilm SERENGETIE DARF NICHT STERBEN (1960), Volker Schlöndorff 1980 für DIE BLECHTROMMEL, 2003 Caroline Link ebenfalls als Bester fremdsprachiger Film für NIRGENDWO IN AFRIKA, 2007 Florian Henckel von Donnersmarck für DAS LEBEN DER ANDEREN. Es gab die Auszeichnung für Studenten, für Kurzfilme, für Drehbuchautoren, für Kamera (an Erich Kurt Kästner, einen Pionier der Kameratechnik), an Hans Zimmer für die Beste Filmmusik, als besondere Ehrungen und und und … 2012 reiste Ben Grossmann für die Frankfurter Firma Pixomondo zur Preisverleihung. Sie hatte die Spezialeffekte für Martin Scorseses HUGO (USA 2011) gemacht. Im Katalog erzählt er von diesem Ereignis und von der Arbeit.

Michael Kinzer und Jessica Niebel

150 Exponate haben die Kuratoren Michael Kinzer und Jessica Niebel vom Deutschen Filminstitut (DIF) ausgewählt. Leihgeber sind die Academy in Los Angeles, die Deutsche Kinemathek – Museum für Film und Fernsehen Berlin, das Filmmuseum Potsdam und das Filmstudio Babelsberg.

Wirklich ein „richtiger Knüller“ ist diese Ausstellung. Sehr informativ, wunderbar präsentiert, eine Freude für Filmfans. Eine ganz besondere Ausstellung für einen ganz besonderen Preis. Mister Koch ist so begeistert von der Show, dass die Academy sie im Sommer 2013 in Los Angeles zeigen wird – auf dem Campus des Los Angeles County Museum of Art, wo der Bau eines eigenen Museums geplant ist.

Der Katalog zum Preis von 34,80 Euro, herausgegeben vom DIF, enthält auf 256 Seiten interessante Beiträge, vor allem aber dokumentiert er in Bild und Text alle Besten Filme seit 1927/1928 des angelsächsischen Sprachraums (leider nicht auch die des deutschen), die den Oscar® erhielten.

Notizbuch „Finding Neverland“ (Wenn Träume fliegen lernen)

Eine Filmreihe mit einer Auswahl von Gewinnern der Kategorie BESTER FILM begleitet die Sonderausstellung.

Museumsdirektorin Claudia Dillmann

Übrigens: Das Filmmuseum wurde am 19. November 2012 mit dem Museumpreis 2012 der Sparkassen-Kulturstiftung Hessen-Thüringen für sein gelungenes Konzept und mit Blick auf seine ständige Ausstellung ausgezeichnet, die nach der Wiedereröffnung im letzten Jahr die Filmgeschichte spannend erzählt.

„And the Oscar® goes to….“, Deutsches Filmmuseum in Zusammenarbeit mit der Academy of Motion Picture Arts and Sciences (AMPAS®), bis 28. April 2013

 

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