Gemeinnützigkeitsentbürokratisierungsgesetz
Sie haben richtig gelesen, verehrtes Publikum, das gibt es tatsächlich, beziehungsweise soll es geben, denn noch handelt es sich um einen Entwurf, nämlich den
„Entwurf eines Gesetzes zur Entbürokratisierung des Gemeinnützigkeitsrechts (Gemeinnützigkeitsentbürokratisierungsgesetz – GemEntBG) (BT-Drucksache 17/11316)“
der schwarz-gelben Koalition im Bund. Handelt es sich nun dabei um einen weiteren Akt von Gesetzgebungswahnsinn – in zweierlei Sinn: zum einen wegen des bemerkenswerten (Un)Wortungetüms, zum anderen wegen eines unakzeptablen Inhalts, zu dem – vor allem als Massstab für spätere Auslegungsfragen etwa bei einem Rechtsstreit – auch der Text der amtlichen Begründung gehört?
Der Deutsche Kulturrat protestiert gegen den folgenden Teil dieser Begründung „In Zeiten knapper öffentlicher Kassen gewinnt die Förderung und Stärkung der Zivilgesellschaft an Bedeutung, denn die öffentliche Hand wird sich wegen der unumgänglichen Haushaltskonsolidierung auf ihre unabweisbar notwendigen Aufgaben konzentrieren müssen. Es ist daher notwendig, Anreize für die Bereitschaft zum bürgerschaftlichen Engagement zu stärken und bestehende Hindernisse bei der Ausübung gemeinnütziger Tätigkeiten abzubauen.„
Eine derartige Begründung, empört sich der Deutsche Kulturrat, degradiere „Bürgerschaftliches Engagement zu Lückenbüssern wegfallender staatlicher Leistungen. Dieses widerspricht im Kern dem Bürgerschaftlichen Engagement, das durch ein hohes Mass an Selbstermächtigung und Freiwilligkeit geprägt ist. Bürgerschaftlich Engagierte sollen nicht für mangelnde staatliche Unterstützung einspringen, sondern aktive Partner in der Gestaltung der Gesellschaft sein“.
Das ist sicher richtig. Nun ist das Problem aber sehr viel grundsätzlicher. Wir sehen darüber hinaus seit langem und allenthalben, wie sich der Staat – gedrängt durch die der neoliberalistischen Ideologie und dem Diktat der Ökonomie verpflichtete Bundesregierung – auch von wichtigen und wichtigsten gesellschaftlich-humanitären Aufgaben zurückzieht: Nahezu täglich lesen, hören und sehen wir in den Medien, wie beispielsweise Hilflose und Obdachlose oder Kinder ohne elterliche Betreuung und ohne wenigstens eine warme Mahlzeit täglich den kirchlichen und gesellschaftlichen Hilfswerken ebenso wie privaten Hilfsinitiativen wie selbstverständlich überlassen werden – und das in einem der reichsten Länder Europas wie weltweit, in dem sich Massen von wenig Steuern zahlenden Vermögenden täglich den Kopf darüber zerbrechen, was sie sich noch alles an Luxusgütern anschaffen könnten. Nein, da ist sehr vieles ausserhalb moralischer wie auch christlicher Kategorien geraten. Artikel 14 Absatz 2 des Grundgesetzes ist offenkundig vielen politisch Handelnden aus dem Bewusstsein entschwunden: nachlesen! Der Staat – das sind doch wohl alle Bürgerinnen und Bürger, oder etwa nicht?
Münchner Tafel (Bildnachweis: wikimedia commons)