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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Adventskalender 2012: 1. Dezember

Werke von Künstlerinnen und Künstlern des
Atelier Goldstein

 

„Es ist normal, verschieden zu sein“

so lautet die Leitlinie der „Lebenshilfe für Menschen mit geistiger Behinderung e.V. Frankfurt am Main“. Im Jahr 1961 gründeten Eltern und Angehörige von Menschen mit Behinderung diesen gemeinnützigen Verein. Heute ist er Träger verschiedener Einrichtungen sowie ambulanter und stationärer Angebote für Menschen mit geistiger Behinderung. Er engagiert sich dafür, dass diese Menschen ihre Persönlichkeit und ihre Fähigkeiten entfalten und gemeinsam mit anderen Menschen leben können.

2001 wurde ergänzend die Lebenshilfe-Stiftung Frankfurt gegründet. Sie will behinderten Menschen die Möglichkeit geben, vor allem mit der Schaffung und Erhaltung von Wohnraum ihr Leben in hohem Masse selbstbestimmt zu gestalten, und stellt hierfür im Frankfurter Norden zwei entsprechende Apartmenthäuser für derzeit 17 Menschen zur Verfügung.

Das Atelier Goldstein, im Jahr 2000 von seiner heutigen Leiterin Christiane Cuticchio ins Leben gerufen, wird vom Verein Lebenshilfe getragen und von der Stiftung unterstützt. In dem Atelier im Frankfurter Stadtteil Sachsenhausen, das sich als eine Art Künstlerkolonie versteht, arbeiten an die 2o geistig behinderte Künstlerinnen und Künstler, die teilweise über eine aussergewöhnliche künstlerische Begabung verfügen, in den Bereichen Malerei und Zeichnung, Skulptur und Modellbau sowie Fotografie und Film. Das Atelier verfügt über gut ausgestattete Arbeitsplätze und bietet den Künstlerinnen und Künstlern eine individuelle Assistenz durch fachspezifisch qualifizierte Mitarbeiter mit zumeist kunstpädagogischer Ausbildung an, damit sie ihre künstlerischen Vorstellungen verwirklichen können. Es vermittelt Möglichkeiten für Ausstellungen in Museen, Galerien und Ausstellungshallen sowie den Kontakt für Kooperationen der Künstlerinnen und Künstler mit anderen Kulturschaffenden.

Melanie Schmitt unterstützt die Atelierleiterin Christiane Cuticchio in diesem breitgefächerten Aufgabenkreis als Assistentin.

Atelier Goldstein (Bildnachweis: Simsalabimbam/wikimedia commons cc)

Die Künstlerinnen und Künstler des Ateliers seien, betont Christiane Cuticchio im 2007 erschienenen Katalog „Atelier Goldstein Künstler“, „sehr dichte Persönlichkeiten“, von denen eine starke Energie ausgehe. Sie alle zeichne die Fähigkeit zu einer hohen Konzentration aus. „Manche der Künstler im Atelier“, so Cuticchio, „sind Obsessive, die ihre Kunst zum Überleben brauchen. Andere sind typische Genusskünstler, die mit Lust und Liebe bei der Sache sind und ein beträchtliches künstlerisches Wachstumspotential besitzen. Wieder andere könnte man als Gesmtkunstwerke bezeichnen, bei denen es keine klare Trennung zwischen Kunstwerk und Persönlichkeit gibt. Ich bin aber überzeugt, dass diese Kategorien auf alle Künstler zutreffen“.

Manche der Atelierkünstler nähmen an grossen Ausstellungen teil, bei denen sie die einzigen Künstler mit einer Behinderung seien. „Ich wünsche mir“, so Christiane Cuticchio weiter, „dass solche Begegnungen künftig mit einer sehr viel grösseren Gelassenheit und Selbstverständlichkeit seitens der Gesellschaft möglich sind … Ich hoffe, dass wir spezielle Ateliers für behinderte Menschen eines Tages nicht mehr brauchen“. FeuilletonFrankfurt möchte im Rahmen seiner Möglichkeiten dazu beitragen, dass diese Hoffnung keine Utopie bleibt.

Die Arbeit des Ateliers dokumentieren der bereits erwähnte, bibliophil gestaltete Katalog „Atelier Goldstein Künstler“ sowie eine Reihe älterer Publikationen. In jüngerer Zeit erschienen die ersten beiden Ausgaben der „Goldstein Hefte“, die jeweils eine künstlerische Person des Ateliers porträtieren und künftig regelmässig erscheinen sollen.

Noch bis 4. Dezember 2012 zeigt die Goldstein Galerie in der Schweizer Strasse 84 einige Arbeiten der Atelier Goldstein-Künstlerin Julia Krause-Harder. Und last not least hat das St. Vincenz-Stift in Aulhausen/Rheingau das Atelier beauftragt, die dortige Marienkirche aus dem 12. Jahrhundert künstlerisch neu auszugestalten.

FeuilletonFrankfurt wird bis zum 24. Dezember 2012 einen Adventskalender mit Werken von Künstlerinnen und Künstlern des Atelier Goldstein gestalten. Wir möchten diese Arbeiten von ausserordentlich energetischer und expressiver Bild- und Formensprache nicht kommentieren, sondern unsere Leserschaft bitten, eine Zeitlang bei ihnen zu verweilen. Wir eröffnen den Kalender heute mit einer sehr schönen Arbeit von Birgit Ziegert.

Die Künstlerin wurde  1966 in Frankfurt am Main geboren. Ihre Arbeiten waren vielfach in Frankfurt und in Berlin sowie im Museum Würth, Künzelsau, zu sehen. Einem grossen Publikum bekannt wurde sie durch ein Wandgemälde in der SCHIRN Kunsthalle Frankfurt im Rahmen der Ausstellung „Weltenwandler – Die Kunst der Outsider“ im Jahr 2011.

Birgit Ziegert, o.T., 2012, Acryl und Kreide auf Papier, 80 x 190 cm; © und Foto: Atelier Goldstein

ATELIER GOLDSTEIN
der Lebenshilfe e.V. Frankfurt am Main

→  Adventskalender 2012: 2. Dezember

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