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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Frankfurter Ateliertage 2012: Petra Johanna Barfs

Wer in Frankfurt am Main durch Ausstellungen und Galerien geht, kennt seit langem den Namen der Künstlerin Petra Johanna Barfs. Wiederholt waren ihre Arbeiten in der Galerie Wolfstaedter (und der Vorgänger-Galerie Wildwechsel) zu sehen, im Frankfurter Kulturamt und im Main Triangel/Oberfinanzdirektion, im Frankfurter KunstBlock und in der Galerie Lorenz; im näheren Umkreis in Darmstadt und Wiesbaden, im weiteren in Aachen, Berlin und Trier. Und auch im Ausland fanden und finden ihre Werke Beachtung, sie waren in Ausstellungen in – alphabetisch aufgereiht – Fukushima, Groningen, Hastings, Johannisburg, Kapstadt, London, Los Angeles, Olinda/Brasilien, Washington und Wien zu sehen.

„Tannen, Gipfel, blonde Mädels“ titelte Christoph Schütte in einer Besprechung für die FAZ. Und immer wieder treffen wir Tannen, Gipfel und blonde Mädels in Barfs Collagen an. Dazu Bildtitel wie „Deutsche Landschaft“.

Ja, der deutsche Wald: „Wer hat dich, du schöner Wald aufgebaut so hoch da droben?“ will sich Joseph von Eichendorffs Liedtext, die Sängerzunge lösend, dem Herzen entringen, oder besser nicht? Könnte es denn der Hochwald sein, der Obersalzberg umgibt, jenen Ort, der Adolf Hitler und den nationalsozialistischen Machthabern eine Residenz und ein zweiter Regierungssitz war? Deutsche Gipfel: Könnte es der Hohe Göll sein, das Kehlsteinhaus beschützend, das die NSDAP Hitler zum 50. Geburtstag errichtet hatte? Und die Mädels: Früher waren es die im nationalsozialistischen Bund Deutscher Mädels zwangsweise zusammengeschlossenen jungen Frauen im Alter zwischen 10 und 18 Jahren.

Morgengrauen, Collage auf Leinwand, 140 x 100 cm, 2012

Die Frage, ob heute jemand die Arbeiten von Petra Johanna Barfs braucht, beantwortet sich demjenigen von selbst, der, beobachtend wie wir, öfters im unschuldig-schönen Berchtesgadener Land verweilt: im Angesicht der Touristenströme, die sich nach Obersalzberg und hoch hinaus zum Kehlsteinhaus ergiessen; angesichts der Wanderer und Touristen, die auffällig-unauffällig die kleine Strasseneinmündung hinaufziehen zu der kaum 100 Meter entfernten Stelle, an der Hitlers „Berghof“ stand; angesichts des absichtsvoll auf dem „Göringhügel“ oder in dessen unmittelbarer Nachbarschaft errichteten Luxushotels, auf eine Kundschaft rechnend, die dort logieren will, wo einst die Mächtigen des nationalsozialistischen Regimes am Kaminfeuer sassen und ihr unwürdiges Haupt betteten.

Und dann Heimat: „Heimat“, hochgelobter 30-teiliger Filmzyklus von Edgar Reitz (52 Stunden Länge!). Fast eine ganze Generation bestimmte das Werk. Auch diesen so wohl- und doch so oft missverstandenen Begriff hinterfragt die Künstlerin in ihren Arbeiten. „Auf den Bildern von Petra Johanna Barfs werden Heimat und die Mädchen als Boten einer heillosen Geschichte zitiert“, schreibt Peter Härtling. Ja, sie war heillos, die Geschichte; hoffentlich ist sie es nicht mehr.

Die von Petra Johanna Barfs eigens entwickelte, besondere, auf alte Fotografien zurückgreifende Collagentechnik und das Stilmittel des Klischees scheinen der in vielem collagenhaft anmutenden deutschen Geschichte in erstaunlicher Weise zu entsprechen.

Wir beschränken uns in diesem Kurzporträt auf die beiden grossen, im Atelier derzeit gezeigten Arbeiten, wohl wissend, dass Barfs‘ aktuelles künstlerisches Spektrum weit darüber hinausgeht.

Deutsche Landschaft, Collage auf Leinwand, 120 x 170 cm, 2012

Tannen, Gipfel, blonde Mädels – zu ihnen gesellen sich Vögel. In der Mythologie spielten Vögel von alters her eine grosse Rolle. An ihrem Flug bleibt Geheimnisvolles; aus ihm deuteten die römische Auguren den Götterwillen und die Geschicke des Reiches. „Die Vögel?“ so fragten wir die Künstlerin, „was ist mit ihnen?“. Sie lächelte wissend.

Atelieransicht

Petra Johanna Barfs, 1974 in Emden geboren, studierte Interdisziplinäre Kunst bei Ton Mars und Sef Peeters an der Akademie Minerva in Groningen und absolvierte anschliessend ein Aufbaustudium „Elektronische Medien“ bei Professor Bernd Kracke an der Hochschule für Gestaltung Offenbach sowie ein Gaststudium in der Filmklasse bei Professor Monika Schwitte an der Frankfurter Städelschule. Ihr Atelier hat sie im Haus basis/Elbestrasse.

Abgebildete Arbeiten © die Künstlerin; Fotos: FeuilletonFrankfurt

→ Petra Johanna Barfs: “Die Blaue Stunde” im Projektraum KunstVoll Neu-Isenburg

 →  Aus “Open Doors” werden “Frankfurter Ateliertage”

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