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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Alles über das grosse und wahnsinnig gefährliche Offenbach

(mit freundlicher Genehmigung der Chefredaktion und Verlagsleitung von “Plözin – Die tapfere kleine Zeitschrift”, Text © -habust- )

An dieser Stelle sollte einklich ein unheimlich spannender und aufregender Enthüllungsbericht über Offenbach stehen. Steht aber nicht. Warum? Das solln Sie gleich erfahren:

In einer verschwiegenen Kaschemme in Bieber treffen wir erstmals unseren geheimen Impformanten. Nennen wir ihn Ismael. Der Einfachheit halber.

Das Bier taugt nichts, die Impformazionen dafür umso mehr. Nach wenigen Minuten ist uns klar: Das schäbige Äussere dieses hageren, langhaarigen und in einen abgetragenen grauen Kammgarnsakko gehüllten ehemaligen Vortragenden Legationsrats Erster Klasse täuscht. Was der Mann zu sagen hat, ist Sprengstoff. Erstklassiger Sprengstoff. Pures Dynamit. Wenn das die Offenbach Öffentlichkeit erfährt, dann bleibt kein politischer und auch kein kultureller Stein mehr auf dem anderen. Die Honderich-Debatte wäre ein Klacks dagegen. Hat ja auch nix mit Offenbach zu tun.

Aber Ismael will Kohle. Bar auf die Kralle. Und nicht zu knapp. „Fumsich Maak, sonst …“

Fünfzig Deutsche Emmchen! Woher nehmen? Verzweifelt tuscheln wir untereinander und vergewissern uns unserer dürftigen Barschaften. Die reichen vielleicht grade so für das lausige Bier. Mehr ist nicht drin. Tut uns leid, Herr Legationsrat. Ein andermal!

Ein stählerner Blick aus halbgeschlossenen verschlagenen Impformantenaugen lässt uns zweifeln, ob das wohl so richtig war. Aber – haben wir fumsich Märker?

Ausgerechnet an Gabis Geburztach und am nicht gefeierten 25jährigen Jubiläum von ihrem Büro ruft Ismael in der Redaktion an und verlangt den Chef zu sprechen, „aber ein bisschen hoppla“. Der Chef ist nicht da, der fällt Rad. Und macht eine grausige Entdeckung. Über die wir in einer der nächsten Ausgaben ausführlich und in allen scheusslichen Details berichten wollen. Dem Chef sein Mobiltelephon ist ein Glück ganzgeblieben. Ismael verlangt ein sofortiges Treffen „auf höchster diplomatischer Ebene“. Um Mitternacht an der dritten Laterne von links im Wolfsheckenweg.

Geisterstunde in Offenbach. Schaurig-schön wie nirgendwo sonst. Ismael grugelts. Kalte Schauer laufen über seinen Rücken, seine Hände zittern. Aber sein Auge blickt stahlhart und kühn in die kleinen Schweinsäuglein unseres vollschlanken Chefs, der erschöpft vom Darmenrad steigt. Finsternis rundum. Nur erhellt vom fahlen Schein der dritten Strassenlaterne von links. Alle anderen hat die Mafia ausgeschossen. Steht sie mit Ismael im Bunde? Oder hat sie es auf den Chef abgesehen? „Fritz“, hatte der immer gesagt, „Fritz, machen Sie mir auf dem Spielfeld keine Schande! Nach dem Spiel ist vor dem Spiel, der Ball ist rund, das Spiel dauert neunzig Minuten, das nächste Spiel ist immer das schwerste, und wissen Sie, warum die Leute zum Fußball gehen?“ – Ratloses Schweigen – „Weil sie nicht wissen, wie es ausgeht“, triumphierte der Chef dann stets.

Aber wer oder was ist Fritz, und was hat der mit unserer geheimnisvoll-wirren Geschichte zu tun? Wenig, soviel ist sicher.

Aus dem Dunkel der Wolfshecke löst sich ein grauer Schatten. Ismael. „Hast du die Kohle?“, presst er zwischen zusammengebissenen Tannen – Kiefern – heraus. Fieberhaft nestele ich mein Portemonnaie aus der Gesässtasche. Immer wieder bleibt es an dem blöden Knopf hängen. Dann zähle ich ihm den Zaster auf die Hand. 25,56 Euro. Gierig verschlingt er die Summe mit den Augen, rechnet hastig nach und steckt den Kies weg. Schritte auf einem nahen Kiesweg lassen uns zusammenfahren. „Wir müssen hier weg! Lass uns zusammen fahren!“ raunt mir Ismael verschwörerisch zu. „Okay – aber gehst du in mein Smaat?“ frage ich zurück. „Logo“, kommt seine Antwort, „bin ich schon mit gefahren. Geht so.“

Tatsächlich, es geht so. Habe die Karre um die Ecke Am Heiligenstock geparkt. Ismael faltet sich erstaunlich klein zusammen und passt plötzlich auf den Beifahrersitz. Sieht die Knarre hinten in der Karre nicht. Ruft scheinbar unmotiviert „Auf, zur Pfarre“ und erklärt auf meinen fragenden Blick, dort harre die Pfarrersköchin mit einem leckeren Imbiss unser. Soll ich da Nein sagen? Hören Sie mal! Wie käme ich denn dazu?

All das liegt Monate hinter mir. Ismael seine Impformazionen vermochten nicht, mich vom Hocker zu hauen. Dass es auf dem Offenbacher Wochenmarkt Missstände gebe, also kleine ebenhölzerne Stände, auf denen Miss Germany und Miss World verbotenerweise frische Maulaffen feilhielten – mein Gott, wer wüsste das nicht? War das nicht seit Jahren ein offenes Geheimnis? Dass der Offenbacher Oberbürgermeister zweifelhafte Etablissements, zum Beispiel Meckdonelz, besucht – na wenn schon!! Und dass in der Kreisverwaltung Vortragende Legationsräte Erster Klasse notorisch unterbezahlt und überbeschäftigt seien – wen interessiert das denn in echt?

Genau so war’s. Langweilich für unsere Leser, aber immerhin is mir nix pasiert.

– Finis operis –

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