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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Edelsteinbrück

Ein Kommentar

von © –habust-

Wir hams doch immer gewusst – faustdick hat er es hinter den Ohren, der Peer. Aber so sind sie ebent, unsere selbsternannten Führer. Können den Hals nicht vollkriegen. Im Gegensatz zu uns.

Aber warum kriegt der Peer dermassen viel Knete für einen simplen Vortrag, den unsereiner wahrscheinlich auch noch hinkriegen würde? Das einzige, was er bislang bewiesen hat, ist ja nunmal, dass er Wahlen verlieren kann. In Land und Bund. Scheint seinem Marktwert nicht geschadet zu haben. Was findet seine Kundschaft bloss an ihm?

Wählen tut sie ihn mehrheitlich wohl kaum. Ist es das heimlich-gruselige Wohlgefühl, zu beweisen, dass auch der sprachmächtige Klassenfeind wie Otto Normalkünstler nach Brot geht? Ist es sein Aussehen, seine Stimme, seine männlich-herbe Ausstrahlung, sein Charisma? Antwort erübrigt sich.

Nein, er befriedigt die stärksten Sehnsüchte der Deutschen: Schimpfen und Rechthaben. Das lassen wir uns was kosten! Und der Peer liefert ein ganz ausgeschlafenes Rundum-Schimpf-und-Rechthaberei-Paket, eine absolute Weltneuheit:

Erstens schimpfen wir, wie das bei bezahlten Vorträgen schöner Brauch ist, alle zusammen auf die, die nicht da sind. Die sind an allem schuld und haben alles falsch gemacht. Hätte man uns rangelassen, wäre alles besser. „Wir“, das sind der Vortragende und die Zuhörer in ihrer wohligen Schimpfgemeinschaft, die spontan entsteht, selbst wenn der Redner eigentlich aus dem anderen Lager kommt. Soweit nichts besonderes. Alle anderen sind ausnahmslos dümmer als man selbst. Alles wäre besser gelaufen, wenn man nur dem Rat des Redners gefolgt wäre, und der erklärt, wie er retten könnte, was noch zu retten ist, wenn man ihn wählt.

Bildnachweis: Gemshare/wikimedia commons GFDL

Also kollektives Schimpfen auf die Abwesenden.

Jetzt kommt aber, zweitens, als Bonus das Alleinstellungsmerkmal Peer. Der trägt das alles (erstens) so richtig unsympathisch, arrogant, besserwisserisch, barsch und verletzend vor, so dass man sich als Zugabe auch noch über den Redner selber ärgern kann („Er spricht mir ja aus dem Herzen, aber wohnen tut er da nicht, der olle Besserwisser!“).

Damit aber (drittens) immer noch nicht genug: Das Wunderbare ist, dass ausgerechnet der Peer einer der Anführer der Sozen ist, mit denen die meisten Zuhörer ja nun ganz und gar nicht können. Mit anderen Worten: Man kann sich auch noch über den Haufen ärgern und herrlich erregen, den der Vortragende anführt. Mehr kann man nun wirklich nicht verlangen. Ist das nicht ein ordentliches Honorar wert?

Wer bleibt ungeschoren? Richtig – die geliebten Zuhörer. Da tun Zahlemann und Söhne nicht richtig weh. Macht’s dem Peer nach! Wer’s kann …

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