Marlies Odehnal im Nebbienschen Gartenhaus
Von Erhard Metz
Nach längerer Zeit, genauer gesagt nach den grossen Einzelausstellungen 2004 im Nebbienschen Gartenhaus und 2009 in der Heussenstamm-Galerie sowie mehreren Präsentationen im Museum Hanau, im Historischen Rathaus Hochheim oder im Kasseler Kulturbahnhof und in Frankfurter Stadtteilbibliotheken sind heuer unter dem Titel „Digitale Bilderwelten“ neuere Arbeiten der Frankfurter Künstlerin Marlies Odehnal im Nebbienschen Gartenhaus zu sehen.
Kleines Schiff
Business as usual
Wir erinnern uns: Die Malerin Marlies Odehnal entdeckte vor rund einem Jahrzehnt für sich die „elektronische Malerei“. So entstandene Gemälde wie auch Bleistiftskizzen, Aquarellstudien und Fotografien bearbeitet sie mittels verschiedener Programme – Montagen, Überblendungen, Filterungen – am Computer. Besondere Aufmerksamkeit widmet sie der Lichtführung sowie der Komposition und dem Zusammenspiel der Farben. Ihre Arbeiten fertigt sie als Lambda Prints auf Alu-Dibond – aluminiumbeschichtete Kunststoffplatten – oder als Lambda Prints auf Leinwand.
Ihre Bilder sind erzählerisch, sie regen den Betrachter zu Assoziationen und zu eigenen inneren Erzählungen an, sie ermutigen ihn, ja fordern ihn dazu heraus, seine eigenen Geschichten zu bilden, sich an Erlebtes zu erinnern und das Erinnerte mit hineinzunehmen in seine Gegenwart und weiterzuspinnen in seine Zukunft. Denn anhand unserer inneren Erzählungen, die beim Betrachten von Kunst in uns entstehen, öffnen wir uns einen Weg zu unserem eigenen tieferen Selbstverständnis.
Bunte Fische
Vergänglichkeit
Stuhl und Hut
In den letzten Jahren hat die Künstlerin die Bandbreite ihrer Motivik erweitert wie auch zugleich diese auf einige Bereiche konzentriert: auf mythologische Gestalten und Meeresgestade, auf Fische und Vögel, auf Stühle und Uhren. Stellten wir in unserem früheren Report ihre dreidimensional wirkenden Szenerien in den Mittelpunkt, so sind es heute exemplarisch ihre Stühle: der Stuhl als Symbol für eine Art Balance zwischen dem Ruhe verheissenden, entspannten Liegen und dem Wachheit und Aufmerksamkeit implizierenden Stehen. Der Stuhl steht aber auch für die Lebensweise des heutigen Menschen: Man spricht bereits kulturkritisch von einem Homo sapiens sedens, dem nahezu allzeit sitzenden Menschen, im Büro und bei vielen anderen Arbeiten, auf dem Weg dorthin sitzend im Auto, der Bahn, dem Flugzeug. Der Stuhl: jedoch auch Symbol für Beständiges, für ein Sich-einlassen: Wir sitzen beim Essen und Trinken, bei lesen, schreiben, lernen, beim Warten, Zuschauen, Ausruhen. Dies alles geschieht im Sitzen.
Und noch die Uhr: Sie repräsentiert die fliessende, vergehende Zeit, dem Stundenglas, der brennenden wie verlöschenden Kerze gleich Symbol für die Vergänglichkeit und Endlichkeit alles Irdischen, in der abendländischen Tradition als Vanitas, als Memento mori bekannt.
Cafe Müller
Medea
Orpheus
Medea schliesslich und Orpheus, zwei der grossen tragischen Gestalten der Mythologie: die verzweifelt-mörderische Frau und der vom Verlust seiner geliebten Eurydike schmerzerfüllte Mann.
Eine sehenswerte Ausstellung: Marlies Odehnal, Digitale Bilderwelten, Nebbiensches Gartenhaus des Frankfurter Künstlerclubs in der Bockenheimer Anlage, noch bis Sonntag, 23. September 2012.
Werke und Fotografien © Marlies Odehnal