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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Archiv für August, 2012

documenta 13 in Kassel (25)

2012, August 15.

documenta-Splitter / 2

Die Polizei – im Wohnwagen, auf der documenta, ein Kunstwerk? Oder echt?

Foto: FeuilletonFrankfurt

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→ documenta 13

Darmstädter Sezession zu Gast im Museum Giersch (1)

2012, August 13.

Mit zwölf künstlerischen Positionen ist die Darmstädter Sezession in diesem Sommer in einer Gastausstellung im Frankfurter Museum Giersch zu sehen. Hinzu kommt im Dachgeschoss des Museums eine Sonderausstellung mit Arbeiten von Laura Baginski, ebenfalls Mitglied dieser Künstlervereinigung und Preisträgerin der Darmstädter Sezession 2010; ihrem Schaffen ist demnächst ein eigener Beitrag gewidmet.

Die 1919 gegründete Gruppe umfasst über 100 Mitglieder und stellt in unregelmässiger Folge jeweils zwölf Positionen aus, die, alles in allem betrachtet, das breite künstlerische Spektrum der Vereinigung in etwa repräsentativ widerspiegeln. Wie es der Zufall will, verfügt das Museum Giersch über zwölf Kabinette, so dass jedem der elf Künstler sowie Bea Emsbach als einziger weiblicher Teilnehmerin der Zwölfer-Runde jeweils ein eigener Ausstellungsraum zur Verfügung steht.

FeuilletonFrankfurt stellt, in zwei Folgen, jeweils in einem zusammenfassenden Überblick die entsprechenden Kunstschaffenden in alphabetischer Reihenfolge vor.

Ariel Auslender, 1959 in Buenos Aires geboren, studierte Kunst in Buenos Aires, Carrara und München. Seit 2006 ist er an der Technischen Universität Darmstadt Professor für Plastisches Gestalten. In seinen ausgestellten Arbeiten witzelt er über die Diktatoren der Zeitgeschichte, die er, oft in Gestalt von Nikoläusen oder Gartenzwergen, demaskiert und blossstellt. In vergleichbarer Weise spottet er, etwa indem er als Bleiguss jeweils eine „Ost Hantel“ und eine „West Hantel“  kreiert, über den – hoffentlich – überwundenen Ost-West-Konflikt, wie er sich nicht zuletzt auch auf wettkampfsportlichem Gebiet in oft grotesker Weise manifestierte.

choose your santa ost, Bronze / Blei, 2009 Weiterlesen

Weise und leise: die Karikaturistin Marie Marcks

2012, August 11.

Bildnachweis: caricatura museum frankfurt © Marie Marcks

Wahrlich weise und leise ist sie, die Grande Dame der Karikatur Marie Marcks. Diesen Ehrentitel nehme sie nicht gerne in Anspruch, so erfahren wir, und doch ist er ihr angemessen. Polternder Humor, gar ätzende Schärfe oder Zotigkeit sind nicht ihr Ding. Ihr Witz liegt im feinen Spiel der Worte wie in den gekonnten Strichen ihrer Feder.

Marie Marcks bedankt sich am 8. August 2012 bei den Gästen der Ausstellungseröffnung (Foto: FeuilletonFrankfurt) Weiterlesen

documenta 13 in Kassel (24)

2012, August 9.

Kader Attia: Erschütternde Begegnungen

Wir möchten Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, den Besuch dieser Installation in der zweiten Etage des Fridericianums, einschliesslich der Dia-Projektion, als ein „must see“ sehr ans Herz legen, auch wenn sie dem Betrachter einiges an Arbeit zumutet. Ein Kunstwerk zu errichten oder herzustellen ist ein oft langwieriger, durchaus mühsamer und schmerzensreicher Prozess; warum sollte man dem Betrachter nicht Ähnliches an Sich-Zeit-Nehmen, Mühe und Schmerzen abverlangen dürfen?

Kader Attia verbrachte viele Aufenthalte in Algerien, Kinshasa und Brazzaville. Sein besonderes Interesse fanden dabei afrikanische künstlerische Objekte, die nach Frakturen oder anderweitigen Beschädigungen wiederhergestellt wurden, in einer Weise jedoch, dass diese Reparaturen sichtbar blieben. Der Künstler identifiziert damit einen wesentlichen Unterschied zur europäischen Auffassung von Restaurierung, die eine gleichsam unsichtbare Wiederherstellung eines beschädigten Werkes zum Ziel hat.

Kader Attia nimmt als „Vorbilder“ im Gesicht verwundete, notdürftig chirurgisch-plastisch operierte Soldaten des Ersten Weltkriegs zum Modell. Derart verletzte Physiognomien lässt er von afrikanischen Holz-Bildschnitzern in freier Weise nachmodellieren. In seiner Dia-Projektion stellt Attia die „Vorbilder“ und die Schnitzarbeiten gegenüber. Natürlich erzählt er dabei auch ein Stück Kolonialgeschichte, wie sie wieder auf die Europäer zurückkommt, theatralisch in seiner Regallandschaft inszeniert. Eine Art von „kultureller Rückaneignung“ will darin erkennbar werden.

Dazu zählen hunderte, in zig Vitrinen ausgestellte Fundstücke, insbesondere in Afrika vorgefundene Artefakte der bereits erwähnten Art.

Ob der Künstler mit seiner Arbeit die erhoffte Brücke zwischen abendländischer und maghrebinischer Kultur schlägt, wie manche Rezensenten es postulieren, mag dahingestellt sein. Auf alle Fälle ist sie eine der unverzichtbar sehenswerten Präsentationen der diesjährigen documenta.

Kader Attia, 1970 in Dugny / Seine-Saint-Denis in einer algerischen Familie geboren, studierte an der Pariser École Supérieure des Arts Appliqués Duperré, an der Escola de Artes Applicades La Massana in Barcelona sowie an der École Nationale Supérieure des Arts Décoratifs, Paris. Er stellte vielfach weltweit aus und nahm 2003 an der 50. Kunstbiennale in Venedig teil. Der Künstler lebt und arbeitet in Berlin und Algier.

Fotos: FeuilletonFrankfurt

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Alltägliche und seltsame Geschichten und Begebenheiten (8)

2012, August 7.

Die gemütliche Stunde
heute mit
Kapitänleutnant zur See Karl-Heinz Scharnhorst

(mit freundlicher Genehmigung der Chefredaktion und Verlagsleitung von “Plözin – Die tapfere kleine Zeitschrift”, Text © -habust- )

Plözin: Hier, Herr Scharnhorst, wollen wir nicht einfach Du zueinander sagen?

Kaleunt z. S. Scharnhorst: Find ich gut! Ich heiß Karl-Heinz. Und du?

Plözin: Weisnet. … Ach nee, jetz fällt’s mir wieder ein. Ich heiß’ Torsten.

Karl-Heinz: Weißt du was, Torsten? Torsten ist mein absoluter Lieblingsname!

Plözin (erfreut): Nee – echt??

Karl-Heinz: Doch, in echt, das war schon immer mein Lieblingsname. So hab ich ja auch mein Schiff genannt. Mein Kanonenboot. Die Torsten II.

Plözin: Toll. Aber was war mit der Torsten I?

Karl-Heinz: Ach, die ist untergegangen. Ich weiß gar nicht mehr, wo.

Plözin: Is ja auch egal.

Karl-Heinz: Find ich auch.

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documenta 13 in Kassel (23)

2012, August 6.

Lara Favaretto: Alles Schrott – oder?


„Alles Vergängliche ist nur ein Gleichnis …“ (Beginn der letzten Verse in Johann Wolfgang Goethes Faust II) Weiterlesen

documenta 13 in Kassel (22)

2012, August 5.

Christian Philipp Müller baut die Mangold-Fähre
oder: „Der Russe kommt nicht mehr über die Fulda“

Das Technische Hilfswerk (THW) hilft – wie schon der Name sagt -, wo immer es kann. Übrigens auch Künstlern. Zumal dann, wenn der Künstler zugleich Rektor der Kunsthochschule Kassel ist und wenn die Hilfe zur Geburt eines neuen Kunstwerks beiträgt. Christian Philipp Müller besorgte sich also von verschiedenen THW’s drei Pontons, wie sie beispielsweise zur provisorischen Überbrückung von Flüssen benötigt werden. Pontons kamen und kommen auch in kriegerischen Auseinandersetzungen zum Einsatz, um Truppen über Gewässer zu führen, wenn Brücken zerstört sind. Auf Letzteres spielt in ironischer Weise der Untertitel von Müllers Arbeit an: Kassel lag jahrzehntelang im „Zonenrandgebiet“ nahe der ehemaligen DDR, wenige Dutzend Kilometer entfernt von den dortigen sowjetischen Besatzungstruppen. Das ist nun bereits – dem Himmel sei ’s gedankt – alles eine lange Zeit her.

Drei Pontons bilden also, verschränkt nebeneinander vertäut, temporär fixiert und dennoch auf ihre eigene Weise schwankend-mobil, eine Art von Brücke über den Küchengraben, eine der künstlich angelegten Wasserstrasssen der barocken Karlsaue unweit der Gebäude der Kasseler Kunsthochschule. Wir erkunden den Weg von einem Ufer zum anderen und wieder zurück, die Passage eignet sich wahrlich nicht für Gehbehinderte, es geht mehrfach über steile Leiterchen und Treppenstufen, wir haben auch Zweifel daran, ob die längst der Pontons gespannten Drahtseile einen Ungeschickten oder Fehltrittigen wirklich vor einem unfreiwilligen Bad im Küchengraben bewahren könnten. Und wer will schon pitsche patsche nass auf der documenta herumlaufen.

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Alltägliche und seltsame Geschichten und Begebenheiten (5)

2012, August 2.

Vorbemerkung des Herausgebers:

Heute stellen wir ein einzigartiges Opus der grossen, epocheprägenden und vielfach für die hochrangigsten Auszeichnungen vorgeschlagenen Lyrikerin Grete Mohs vor, ferner eine in Inhalt und Sprache ebenfalls exzeptionelle literarische und kulturhistorische Betrachtung und Interpretation des bedeutenden Ausnahme-Literatur- und Kulturkritikers Horst Reibeisen.

Wir beginnen natürlich am Anfang, also mit dem Gedicht. Die luziden Ausführungen Reibeisens folgen sodann in zwei Fortsetzungen.
Und ebenso natürlich ist das alles, wie immer in Fällen wie diesen, von
© -habust-

Ein leeres Glas
von Grete Mohs

Es war am Heiligabend gegen vier,
da packte mich mit Macht die Gier nach Bier.
Ich blickte stier in mein Klavier, doch hier
war nirgends Bier, nur Saiten. Und Getier,
denn innen putzte ich das Instrument
nicht regelmäßig. Jeder, der mich kennt,
wird über diesen Umstand nicht verwundert sein,
denn diesbezüglich heißt es oft, ich sei ein Schwein. Weiterlesen

documenta 13 in Kassel (21)

2012, August 1.

Amy Balkin: Post an den Bundesumweltminister

Für den Pessimisten ist es die versponnenste Utopie (Utopien sind unrealisierbar), für den Optimisten die kühnste Vision (Visionen sind oft realisierbar) dieser documenta 13: die Eintragung der Erdatmosphäre als UNESCO-Welterbe.

Die US-amerikanische Künstlerin, treffender gesagt Konzeptaktivistin Amy Balkin kämpft mit „Public Smog“ um diesen Eintrag, seit Jahren. Ihr Ziel ist es, in der Atmosphäre einen „Park der sauberen Luft“ zu schaffen.

Amy Balkin formuliert die schlechthin essenzielle wie existenzielle künstlerische Forderung dieser Ausstellung an Politik und Weltöffentlichkeit.

Hat sie bereits oder wird sie in Politik und Gesellschaft Gehör finden? Natürlich nicht Weiterlesen