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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

documenta 13 in Kassel (20)

Maria Loboda: In Preussischer Ordnung –
Vormarsch auf das Orangerieschloss


Nicht auf der documenta zu sehen, sondern im Historischen Museum Berlin: „Langer Kerl“ vom Preussischen Roten Leibbataillon, der Riesengarde Friedrich Wilhelms I., Grenadier Schwerid Rediwanoff, Gemälde von Johann Christof Merk (zugeschrieben), Potsdam 1718/19, Öl auf Leinwand, Foto: wuselig/wikimedia commons

Wäre da nicht eine gewisse Verbindung, ja Gemeinsamkeit, wenn man sie nebeneinander stellte: einen „Langen Kerl“ vom preussischen „Roten Leibbataillon“ und Maria Lobodas schlanke Zypresse in ihrem orangeroten Topf? Und welch eindrucksvollen Anblick böten erst recht 20 „Lange Kerls“, in Reihe und Glied aufgestellt, den 20 Zypressen der Künstlerin entsprechend?

Wir könnten uns vorstellen, dass Maria Loboda es ähnlich empfände. Die „Langen Kerls“ (sie mussten mindestens 6 preussische Fuss = 1,88 Meter gross sein), sozusagen Elitesoldaten und der Stolz der preussischen Könige und Armeen, waren ja neben dem Repräsentieren auch zum Kriegführen da. Maria Loboda persifliert nun auf eine hübsche Art und Weise solches Kriegsgebaren: ihre 20 Zypressen, jeweils in ihren 20 Töpfen in der Farbe des „Roten Leibbataillons“, bewegen sich, von geduldigen Helfern getragen, in diszipliniert-militärischen Formationen langsam, aber unaufhaltsam auf das Orangerieschloss zu, das sie am Ende ihres Feldzugs symbolisch einnehmen und besetzen werden.

Maria Loboda, The Work is Dedicated to the Emperor (Vorschlag für verschiedene militärische Praktiken), 2012, mobile Skulptur, Ausstellungsansichten in der Kasseler Karlsaue

Für ihren „Angriff der Zypressen“ holte die Künstlerin eigens sachverständigen militärstrategischen Rat ein. Sie bezieht sich ferner auf eine Abhandlung „De re militari“ (die Schrift „Epitoma rei militaris“ des römischen Kriegstheoretikers Flavius Vegetius Renatus aus dem 4. Jahrhundert), ein Standardwerk für die Kriegführung noch bis in die Zeit der Französischen Revolution und des Preussenkönigs Friedrichs des Grossen hinein. Die 20 Zypressen vollziehen auf dem Weg zum Orangerieschloss Woche für Woche entsprechende Manöver für Vormarsch, Täuschung und Hinterhalt und bereiten die Belagerung des Schlosses vor. Vegetius widmete sein am Mailänder Hof entstandenes Werk einem unbenannten Kaiser, was ungewöhnlich erscheint, unter Historikern zu mancherlei Spekulationen führte und die Künstlerin zu Überlegungen um die Verknüpfung von Krieg und Macht, Geheimstrategien und Komplizenschaft anregte. Pate stand bei ihrer Arbeit auch der „wandernde Wald“ von Birnam in William Shakespeares Tragödie „Macbeth“.

Maria Loboda, 1979 in Krakau geboren, studierte an der Frankfurter Staatlichen Hochschule für bildende Künste – Städelschule. 2008 stellte sie im Frankfurter Kunstverein im Rahmen der Gruppenausstellung „The Great Transformation – Kunst und taktische Magie“ aus. Die Künstlerin lebt und arbeitet in London.

Fotomontage und Ausstellungsfotos: FeuilletonFrankfurt

→  documenta 13 in Kassel (1)
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→ documenta 13

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