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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

documenta 13 in Kassel (9)

Janet Cardiff / George Bures Miller: Klangskulptur im Wald

Natascha Sadr Haghighian: Trampelpfad

Licht bricht durch hohe Laubbaumkronen. Auf dem waldigen Boden junges Gestrüpp, altes Laub, trockene Äste, wie zufällig heruntergebrochen. Ein Kreis vom Baumstümpfen aus Birken, mit einem dünnen wetterfesten Kissen belegt, man soll sich hinsetzen. Vögel zwitschern, der Wind rauscht in den blattreichen Baumwipfeln, aber dann mischt sich die Klanginstallation des Künstlerduos Janet Cardiff / George Bures Miller ein. Mit Lauten von allerlei menschlichen wie maschinellen Verrichtungen, mit Geräuschen, Gebrabbel und Gesängen von Mensch und Tier. Eine Vielzahl von Lautsprechern ist in verschiedenen Höhen an den Bäumen montiert und auf dem Waldboden verteilt. Die Zuhörer sitzen unmittelbar inmitten allen Klanggeschehens, einer Klangskulptur.

Es lässt sich mit Worten nicht beschreiben, man muss es hören. Uns hat es gefangen genommen. Am Ende des vielleicht 20minütigen Loops Panzerkettenrasseln, Feuerwerk, Marschtritte und Detonationen von Bomben und Granaten. Der Mensch hat sein Werk vollbracht.

Janet Cardiff, Installationskünstlerin und Filmemacherin, Master of Visual Arts, wurde 1957 in Brussels, Ontario, Canada, geboren, George Bures Miller 1960 in Vegreville, Alberta, Canada. Das Künstlerduo lebt und arbeitet in Berlin und in Grindrod, British Columbia, Canada.

Natascha Sadr Haghighian hat für die documenta 13 auf dem recht steilen Rosenhang von der Schönen Aussicht hinab zur Karlsaue – oder, wenn man so will, umgekehrt hinauf – einen Trampelpfad angelegt. Er führt durch Gehölz und Gebüsch, über Stock und Stein. Über versteckte Lautsprecher ertönen vor allem verschiedene – von Menschen imitierte – Tierstimmen. Man begeht diesen nicht ganz unbeschwerlichen Pfad auf eigene Gefahr. Aber wie ist das zu verstehen: Auch die documenta schliesst eine Haftung für Schäden aus, aber dann doch wieder nicht „für Schäden aus der Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit“, also sollen wir oder sollen wir nicht hinunter- oder hinaufklettern? Nun, wir sind gut am anderen Ende angelangt, ganz ohne Schäden. Aber mit verschmutzten Schuhen.

Übrigens – Sie können und sollten diesen Pfad auch gemeinsam mit der Künstlerin online begehen – auch dies auf eigenes Risiko, denn Sie werden dabei noch auf eine ganze Reihe von anderen Wegen geleitet und dabei so manche Entdeckungen machen, willkommene, weniger willkommene und recht unbequeme!

Apropos Stein: Der Rosenhang wurde anlässlich der Bundesgartenschau 1955, dem Jahr auch der ersten documenta, aus Kasseler Trümmerschutt des Zweiten Weltkriegs aufgeschüttet und umgestaltet. „Die Trümmer wurden mit Erde bedeckt“, schreibt die Künstlerin, „und mit Bäumen und anderen Gewächsen bepflanzt. Onomatopöie. Eine Onomatopöie ist ein Wort, das ein Geräusch wie Tierlaute oder Maschinengeräusche imitiert oder beschreibt. Diese unterscheiden sich in unterschiedlichen Sprachen. Während die onomatopoetische Bezeichnung für den Hund in Deutsch „wau-wau“ wäre, ist sie „woof-woof“ in Englisch und „wang-wang“ in Chinesisch.“

Einen schönen Gruss denn auch an Carolyn Christov-Bakargiev und ihren Malteser-Hund!

Natascha Sadr Haghighian möchte anstelle einer Biografie auf das Projekt www.bioswop.net verweisen (dort können sich Künstler und andere Personen, die im kulturellen Bereich tätig sind, für verschiedenste Zwecke Lebensläufe ausleihen, untereinander austauschen und zusammenstellen). Danach soll die Installationskünstlerin 1966 in London geboren sein und in Wimbledon leben, nach allgemein zugänglichen Informationen wurde sie 1967 in Teheran geboren und lebt in Berlin.

Fotos: FeuilletonFrankfurt

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→ documenta 13

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