documenta 13 in Kassel (2)
Die Ausstellungsstätten der documenta 13
Vor der Kasseler Neuen Galerie: Helmut Brinckmann, Termitenstrauch, 1969
Beginnen wir bei der Vorstellung der documenta-Ausstellungsstätten in Kassel mit der Neuen Galerie und zugleich – dieser kleine Exkurs sei erlaubt – mit einer Hommage an den Bildhauer Helmut Brinckmann zu dessem 100. Geburtstag. 1912 in Berlin geboren, erlernte er den Beruf des Stahlgraveurs und besuchte die dortige vormalige Kunstgewerbeschule und nachfolgende Akademie. Brinckmanns Arbeiten wurden von den Nationalsozialisten verfemt; der Künstler wurde in den Kriegsdienst verpflichtet und gelangte, nach Verlust eines Auges, zunächst nach Oberbayern und anschliessend nach Darmstadt. 1950 wurde er mit seiner Frau, der Malerin Ute Brinckmann-Schmolling, Mitglied der Neuen Darmstädter Sezession. Brinckmann war nicht allein ein bekannter Künstler, sondern auch langjähriger Geschäftsführer eines hessischen Fonds zur Finanzierung von Kunstwerken an öffentlichen Neubauten. Künstlerische Qualität statt Dekoration lautete dabei sein oberster Grundsatz. Brinckmann verstarb 1994 und hinterliess zahlreiche Arbeiten in Parkanlagen und im Umfeld öffentlicher Gebäude.
Die Kasseler Neue Galerie wurde in den Jahren 1871 bis 1874 an der „Schönen Aussicht“, damals Bellevue genannt, als Gemäldegalerie erbaut und nach Kriegszerstörungen wiedererrichtet. In ihrer unmittelbaren Nachbarschaft steht der Monopteros des Architekten und kurhessischen Hofbaumeisters Daniel Engelhard (1788 bis 1856) aus dem Jahr 1815. Landgraf Wilhelm IX. von Hessen, seit 1803 als Wilhelm I. Kurfürst von Hessen (1743 bis 1821), Erbauer des Schlosses Wilhelmshöhe, soll ihn als „Frühstückstempel“ genutzt haben.
Monopteros und Neue Galerie
Orangerie mit Marmorbad (links) und Küchenpavillon (rechts) in der Karlsaue
Landgraf Karl von Hessen-Kassel (1654 bis 1730) liess die barocke Schlossanlage der Orangerie in den Jahren 1703 bis 1711 am Rande der Karlsaue vermutlich von Hofbaumeister Johann Conrad Giesler errichten. Zwei Eckpavillons (1722 und 1765 erbaut) flankieren das 140 Meter lange Hauptgebäude, das auf die Hauptachse des Aueparks zentriert ist. Jérôme Bonaparte, von Napoleon als Herrscher des Königreichs Westfalen mit der Hauptstadt Kassel eingesetzt, berief 1808 in der Orangerie die Landesstände ein. Im zweiten Weltkrieg stark zerstört, wurde das Schloss für die Bundesgartenschau und die erste documenta 1955 als Ausstellungsort provisorisch wiederhergerichtet und später – in den 1970er Jahren – aussen weitgehend restauriert.
Heute Sitz des Astronomisch-Physikalischen Kabinetts mit Planetarium, finden in der Orangerie auch Aktivitäten der documenta statt.
Museum Fridericianum (rechts im Hintergrund das Ottoneum)
Das Fridericianum wurde unter Landgraf Friedrich II. in den Jahre 1769 bis 1779 von Simon Louis du Ry als eines der ersten Museumsgebäuden Europas und als eines der ersten rein klassizistischen Gebäuden Deutschlands für die öffentliche Ausstellung der landgräflichen Kunstsammlungen errichtet. Im Königreich Westphalen mit der Hauptstadt Kassel diente es drei Jahre lang als Ständepalast mit Parlamentssaal. Heute als Sitz des Kasseler Kunstvereins eine Ausstellungshalle für zeitgenössische Kunst, ist es seit der documenta 1 des Jahres 1955 ständige temporäre Ausstellungsstätte dieser Weltschau.
↑ Eingang zur documenta-Halle
↓ documenta-Halle, nebenan Montagearbeiten an „Rahmenbau“ der Architekten-Künstlergemeinschaft Haus Rucker & Co., errichtet zur documenta 6 im Jahr 1977
Zur documenta 9 des Jahres 1992 wurde neben dem Hessischen Staatstheater Kassel am Rand der Karlsaue die documenta-Halle als multifunktional nutzbare Ausstellungshalle mit 1.400 m² Ausstellungsfläche von den Architekten Jourdan und Müller mit Seiten- und Oberlicht-Hallen sowie Kabinetten errichtet.
Weitere Ausstellungsorte sind unter anderem das Ottoneum, das Ständehaus, das Hugenottenhaus, das Hotel Hessenland, das ehemalige Kino „Gloria“, einige industrielle Bauten sowie Freiflächen und die Parkanlage Karlsaue.
(Fotos: FeuilletonFrankfurt)