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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Wege zur Kunst: Art Karlsruhe 2012

„Art Karlsruhe“ unter dem Motto „Sehen und Sammeln“

In Erwartung der Eröffnungsfeier

Die „Art Karlsruhe“ ist eine Kunstmesse, wie die „Art Cologne“ oder die „Art Basel“ und viele andere. Heuer sind in Karlsruhe rund 220 Galerien aus – wir sagen lediglich – zwölf Ländern mit einigen tausend Werken vertreten: es handelt sich also um eine weitgehend immer noch nationale Schau, selbstverständlich mit vielen ausländischen Künstlerinnen und Künstlern. Die ausgestellten Arbeiten sind in aller Regel konkret bepreist, will heissen: es ist eine Verkaufsmesse.

Kunstwerke also als massenhafte Handelsware auf einer Handelsmesse? Das mag manchem Puristen einen Schauder über den Rücken laufen lassen. Aber: Künstlerinnen und Künstler arbeiten nicht im „Elfenbeinturm“, vor allem leben sie nicht von „Luft und Liebe“, wie man so sagt, sondern sie wollen essen und trinken, sich kleiden, verreisen, Wohnungs- und Ateliermieten, Strom und Heizung bezahlen. Und Künstler beanspruchen, sehr zu Recht, ein angemessenes Honorar für das, was sie herstellen: ihre Kunstwerke. Auf einer solchen Messe – vermittelt durch Galerien – präsent zu sein, ist eine grosse Chance.

Pressekonferenz: Moderatorin Eva Hepper, Kurator Ewald Karl Schrade, Messe-Chefin Britta Wirtz und ZKM-Vorstand Peter Weibel

Früher gab es für Künstler finanziell zumeist potente Auftraggeber: Kaiser, Könige, Herzöge, Fürsten, Grafen, Kaufleute und – ganz wesentlich – die Kirchen mit dem Klerus! Damit ist es schon seit langem vorbei. Heute sind auch die sogenannte öffentliche Hand und die in öffentlicher Trägerschaft unterhaltenen Museen kaum mehr in der Lage, grössere Summen für Auftragswerke oder allgemeine Ankäufe aufzubringen. Im wesentlichen bleiben nurmehr das reiche Bürgertum, Geschäftsleute und Freiberufler und die Kunstsammler, unter letzteren private wie institutionelle. Die Deutsche Bank beispielsweise verfügt in ihrer Sammlung weltweit über mehr als 56.000 Kunstwerke (davon befinden sich rund 1.800 Papier- und Fotoarbeiten in den Etagen an der Frankfurter Taunusanlage). Deshalb komme – betont Professor Peter Weibel, Vorstand der Stiftung „Zentrum für Kunst und Medientechnologie Karlsruhe“ ZKM – dem privaten Sammler als sozusagen passivem Auftraggeber eine entscheidende Bedeutung für das künstlerische Schaffen und das kulturelle Leben zu. Das „Sehen und Sammeln“ ist natürlich um das stets mitgedachte „Kaufen“ zu ergänzen.

Manche Galerien hätten, so der langjährige Art Karlsruhe-Kurator Ewald Karl Schrade, die Qualitätskriterien der Messe nicht erfüllt und deshalb nicht berücksichtigt werden können. Ja, Qualität in der bildenden Kunst: darüber können selbst Kundige trefflich streiten, obschon es Kriterien und Massstäbe gibt, auf die man sich verständigen kann. Auf den 35.000 m² Ausstellungsfläche ist nicht alles Kunst, was glänzt – in Abwandlung des bekannten Sprichwortes. Manches wiederholt sich, vieles scheint in den verschiedenen Erscheinungsformen und Ausprägungen des Mainstreams zu schwimmen. Und vieles Unverkaufte muss nach Messeschluss wieder eingepackt und nach Hause transportiert werden. Doch dann gibt es immer wieder die Einzelgänger und Individualisten, die grossen Überraschungen, die Momente, in denen der Betrachter aufmerkt und sich sogar wie vom Blitz getroffen fühlt. Malerei dominiert, doch 20 weiträumig bestückte „Skulpturenplätze“ sorgen für einen lebhaften Diskurs mit ihr. Die Ausstellungsarchitektur überzeugt unter den luftig-hohen, weitgeschwungenen, stützenfreien Hallendächern. Sie erinnert an die neuen Gartenhallen des Frankfurter Städel Museums (deren Stellwände man sich, sei bei dieser Gelegenheit vermerkt, etwas niedriger wünscht).

Klassische Moderne, darunter manche Arbeiten Verstorbener, werden angeboten, ebenso Gegenwartskunst. Im ersteren Falle geht es schlicht und einfach um Kunsthandel, im letzteren schwingt der Gedanke einer Förderung junger Künstlerinnen und Künstler mit. So widmet sich die Halle 4 „Neuen Positionen“. Rund 200 Galerien setzen auf „One-Artist-Shows“, wie es im allgegenwärtigen Kunstbetriebs-Denglisch heisst: Sie präsentieren die Arbeiten allein eines Künstlers.

Schon am Morgen nach dem Eröffnungstag, einem „fulminanten Auftakt“, wie sich die Messeleitung freut, herrscht Optimismus: Eine ganze Anzahl von Verkäufen im sechsstelligen Bereich sorgt für gute Stimmung bei den betreffenden Galeristen.

Sehr interessant schliesslich die beiden Sonderausstellungen: Privatmuseums-Gründerin Marli Hoppe-Ritter (Ritter SPORT-Schokolade) zeigt eine Auswahl an Werken unter dem Motto „Quadrat in der bildenden Kunst“ (Arbeiten etwa eines Peter Roehr sucht man vergeblich). Die zweite widmet sich Werken aus dem Sammlungsnachlass des im Mai vergangenen Jahres verstorbenen Gunter Sachs. Gestern entnahmen wir der Presse, dass Teile dieser berühmten Sammlung demnächst in London versteigert werden. Dem Auktionshaus – welches wohl könnte es sein? – winken mühelos Gewinne in zweistelliger Millionenhöhe.

Ja, liebe Künstlerinnen und Künstler, besser die ganze schöne Kunst hinschmeissen und Angestellte bei Sotheby’s werden? War nur ein kleiner Scherz!

Die folgenden Abbildungen nehmen allein die überaus gelungene Ausstellungsarchitektur in den Hallen der Karlsruher Messe in den Fokus, notwendigerweise unter Einschluss einzelner künstlerischer Arbeiten oder von Ausstellungskomplexen einzelner Galerien, die in diesem Kontext nicht genannt werden können:

Die Art Karlsruhe hat bis zum kommenden Sonntag, 11. März 2012, 19 Uhr geöffnet.

Fotos: FeuilletonFrankfurt

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