Neujahrskonzert der Frankfurter Bürgerstiftung im Holzhausenschlösschen
Es gab schon unfreundlichere Tage in diesem viel zu milden Winter als den gestrigen Sonntag – und dennoch freuten sich die Besucher des Holzhausenschlösschens, die zum vollständig ausgebuchten Neujahrskonzert und -empfang der Frankfurter Bürgerstiftung angereist kamen, über das Spalier der frühlingsbunten, in freundlich-gelbem Krepppapier gekleideten Primelchen zu beiden Seiten entlang der Brücke über den Wassergraben. Denn bekanntlich handelt es sich bei der Heimstatt der Stiftung um ein veritables Wasserschloss, das einzige „intra muros“ überkommene der Stadt Frankfurt am Main.
Holzhausenschlösschen (Foto: Frankfurter Bürgerstiftung © Barbara Staubach)
Und dann stand da noch am Aufgang zur Brücke ein strahlend-weisser Kleintransporter, mit einer breiten roten Schleife geziert – aber darauf kommen wir später zurück.
Nach feierlichen Präliminarien, in denen Geschäftsführer Clemens Greve auch seine aus drei Personen bestehende hauptamtliche Mitarbeiterschar, die ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer sowie einige Förderer und Unterstützer der Frankfurter Bürgerstiftung vorstellte, begann das Neujahrskonzert – heuer musikalisch gestaltet überwiegend mit jungen Künstlerinnen und Künstlern der Frankfurter Musterschule, mit der die Stiftung seit langem zusammenarbeitet.
Künstlerinnen und Künstler? Aber ja – obwohl es Schülerinnen und Schüler sind, die das Abitur noch vor sich haben. Um es vorweg zu sagen – die Leistungen der jungen Musikerinnen und Musiker überraschen und überwältigen die Zuhörerschaft. So mancher selbst instrumental praktizierende Musikliebhaber im gespannt lauschenden Auditorium mag sich gefragt haben, was diese so überaus virtuos aufspielenden Solisten noch in einer Musikhochschule lernen sollen; manche der Neunt- bis Elftklässler sind dort bereits eingeschrieben, andere sehen einem entsprechenden Hochschulstudium entgegen.
Anita Arakilian fiel die – in mancherlei Hinsicht eher undankbare – Aufgabe zu, das Konzert einzuleiten. Die junge Pianistin brillierte inspiriert und empfindungsreich mit dem zauberhaften Allegro con spirito der siebten Klaviersonate von Wolfgang Amadeus Mozart und schickte ihm die noch vielfach virtuosere – in einem Gemisch von wohl schwarzem Humor und Understatement „La Leggierezza“ genannte – Konzertetüde in f-Moll von Franz Liszt an.
Pianistin Anita Arakilian (Foto: Renate Feyerbacher)
Maria Ließ, auf der Violine nicht minder glänzend disponiert und auf dem Klavier kompetent von Henriette Büsing begleitet, schloss mit Claude Debussys anspruchsvoller dreisätziger Violinsonate g-Moll an, die – dem Komponisten zufolge virtuoser „Zigeunergeige“ huldigend – für den Solisten durchaus „Halsbrecherisches“ bereithält.
Geigerin Maria Ließ (Foto: Renate Feyerbacher)
„Halsbrecherischer“ als in Franz Liszts in dunklem, „schwarzem“ h-Moll stehender, sich nach donnerhalligem Bass-Tastenwirbel zu manch lyrischen Passagen wie alsbald zu wahnwitzigen Tempi steigernder Ballade Nr. 2 kann es ein Pianist wohl schwerlich antreffen – vor und nach der perfekten Darbietung entrang es dem „Tastenlöwen“ Lan Phien Pham denn auch einen leise gehauchten Seufzer. Das begeisterte Auditorium feierte in zu Recht stürmisch.
Pianist Lan Phien Pham (Foto: Renate Feyerbacher)
Gleichsam korrepetitorisch von Tobias Fandel am Klavier anstatt einem Orchester begleitet zelebrierte Cellistin Larissa Nagel ebenso souverän wie feinfühlig den zweiten und dritten Satz (Adagio und Allegro) aus Joseph Haydns erstem Cellokonzert in C-Dur. Stürmischer Beifall auch ihrer Leistung.
Cellistin Larissa Nagel (Foto: Renate Feyerbacher)
Zum Schluss gab es noch ein kleines Überraschungs-Schmankl: Lisa Zanaboni und André Straußberger, am Klavier von Musiklehrerin Kristin Voigt begleitet, bereiteten mit zwei kessen Chansons den Übergang zum Büfett vor.
Alles in allem: ein von Musiklehrer Micha Häckel kenntnisreich moderierter, glanzvoller musikalischer Start in das Jahr 2012.
Schlussapplaus im Holzhausenschlösschen für die jungen Künstlerinnen und Künstler (Foto: Frankfurter Bürgerstiftung)
Als hessenweit einziges „Zentrum zur Förderung musikalisch Begabter“ bietet die Musterschule Frankfurt ihren herausragenden Schülerinnen und Schülern mit dem Solistenpodium einmal pro Schuljahr eine besondere Gelegenheit, ihre musikalischen Fähigkeiten zu präsentieren. Die Frankfurter Bürgerstiftung unterstützt das Solistenpodium als Kooperationspartner seit 2007 und stellt mit dem Holzhausenschlösschen einen attraktiven und prominenten Konzertort für diese jungen Talente zur Verfügung.
Wir kommen auf den eingangs erwähnten weissen Kleintransporter mit roter Schleife zurück: der Mercedes Vito ist eine grosszügige Spende der Borchert-Stiftung an die Frankfurter Bürgerstiftung. In einem feierlichen Akt durchschnitt Dierk Borchert im Rahmen des Neujahrsempfangs das rote Schleifenband und übergab das Fahrzeug förmlich der Bürgerstiftung. Diese wird es gut gebrauchen können, stehen mit dem geplanten Umbau des Holzhausenschlösschens, verbunden mit der Verlagerung der Darbietungen an externe Orte zahlreiche Transportaufgaben an, die nunmehr ohne Anmietung von Fremdkapazitäten bewältigt werden können.
Übergabe des Stiftungsfahrzeugs: Clemens Greve, Geschäftsführer der Frankfurter Bürgerstiftung, mit Maren Görg und Dierk Borchert, Borchert-Stiftung (Foto: Frankfurter Bürgerstiftung)
Die Borchert-Stiftung wurde 2004 von Dierk und Angelika Borchert errichtet. Sie verfolgt den Zweck, Kultur, Wissenschaft und Bildung zu fördern, insbesondere das Städelsche Kunstinstitut und den Städelschen Museumsvereins e. V., die Deutsche Multiple Sklerose Gesellschaft – Landesverband Hessen – sowie die Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt am Main und ihre Universitätsstiftung.