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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Wo Katzen über die Toten wachen …

… auf dem römischen Friedhof „Acattolico“ neben der Cestius-Pyramide

Von Erhard Metz

Dulde mich, Jupiter, hier, und Hermes führe mich später, Cestius‘ Mal vorbei, leise zum Orkus hinab.

Johann Wolfgang Goethe, Römische Elegien, VII

Johann Wolfgang Goethe war von jenem Ort ergriffen, den er in seiner Siebten Römischen Elegie verewigte. Von jenem Friedhof, auf dem sein Sohn August, der 1830 noch zu Lebzeiten des Vaters während einer Italienreise in Rom verstarb, von Künstlerfreunden beigesetzt wurde.

Auch und gerade in unseren Tagen ist der berühmte Friedhof „Acattolico“ (auch als „protestantischer“ oder „englischer“ Friedhof bekannt) an der verkehrsumtosten Piazza di Porta San Paolo, neben der Cestius-Pyramide, dem im 2. Jahrzehnt v. Chr. errichteten Grabmal des Prätors und Volkstribunen Caius Cestius, ein Ort der Stille und des Innehaltens.

Bestattungen nichtkatholischer Verstorbener fanden dort schon seit den 30er Jahren des 18. Jahrhunderts statt, doch offiziell eröffnet wurde der Friedhof erst im Jahr 1821, also lange nach Johann Wolfgang Goethes Besuch von Pyramide und Grabstätten (und dessen Römischen Elegien). Vor allem viele bildende Künstler und Schriftsteller haben auf dem „Acattolico“ ihre letzte Ruhestätte gefunden.

Und doch ist der Friedhof von einem – wenn auch ebenfalls stillen – Leben erfüllt. Seit 1984 kümmert sich eine Gruppe von Tierfreundinnen und Tierfreunden unter der Leitung von Frau Matilde Talli um die heimatlosen Katzen, die sich dort schon seit langen Jahrzehnten auf der Flucht vor dem lebensfeindlichen Strassenverkehr und vor den Grausamkeiten so mancher Menschen angesiedelt hatten. Die Tiere werden gefüttert und gepflegt, sterilisiert und tierärztlich versorgt. Sie danken es den ihnen Wohlgesonnenen mit Zutraulichkeit und Zärtlichkeit.

Man braucht nur wenige Schritte im Schatten der Schirmpinien und Zypressen zwischen den gepflegten Grabstätten zu gehen, um hinter einem Stein ein Katzenköpfchen hervorlugen zu sehen. Die Katzen geniessen sichtlich die Ruhe, schreiten auf ihren Samtpfötchen behutsam über die Platten und Wege, begegnen sich mit Begrüssungsritualen und auch mal einem neckischen Haschen. Und stets wahren sie die Würde dieser besonderen Stätte. Eine kleine Gedenktafel aus dem Jahr 2006 ist dem Kater Romeo gewidmet.

Die Katzen der Pyramide in Rom warten, liebe Leserinnen und Leser, auf Ihren Besuch, und sei er zunächst nur virtuell. Nehmen Sie sich ein wenig Zeit, die Aktivitäten der Gruppe um Frau Matilde Talli näher kennenzulernen.

Post scriptum: Matilde Talli ist im September 2016 verstorben. Sie bleibt unvergessen.

(Fotos: Erhard Metz)

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