Enrico Della Torre zum 80. Geburtstag
„DALL‘ INTERNO ALL‘ ESTERNO“
GROSSE JUBILÄUMSAUSSTELLUNG IN DER FRANKFURTER WESTEND GALERIE
„Du kannst die Welt nicht darstellen, wenn du nicht jenen Ort darstellst, den du heimlich im Herzen trägst“.
Enrico Della Torre
Von Erhard Metz
Er zählt zu den Altmeistern der abstrakten italienischen Malerei, doch sucht man seinen Namen in der Wikipedia vergebens, und auch über Google aufgesuchte Fundstellen lassen den Interessierten im Stich. Da schickt es sich, dass die Frankfurter Westend Galerie zur Jubiläumsausstellung einen exzellent gestalteten und bebilderten Katalog in Deutsch und Italienisch herausgebracht hat, der das Œuvre des als ruhig und still charakterisierten Künstlers angemessen würdigt.
Architettura (Architektur), 2005, Öl auf zwei zusammengesetzten Leinwänden, 89 x 95,5 cm
Egizio II (Ägyptisch II), 2006, Öl auf Leinwand, 45 x 60 cm
Enrico Della Torre steht in der Tradition der Maler-Dichter, wie seine aphoristischen Notizen („Taccuini“) aus den Jahren 1956 bis 1996 zeigen. Salvatore A. Sanna, der Leiter der Galerie, stellt den Künstler deshalb zu Recht in einen Zusammenhang mit Künstlern wie Hans Arp, Kurt Schwitters, Alberto Savinio oder Fausto Melotti.
Sanna war es auch, der 1973 den in Deutschland damals lediglich durch eine Ausstellung in Gießen (1964) bekannten Della Torre zum ersten Mal nach Frankfurt am Main in seine Galerie holte. Die derzeitige, mit 32 Werken aus der Zeit von 1996 bis 2010 bestückte Ausstellung ist bereits die siebte mit den Werken dieses Künstlers in der Galerie. 1987 waren zeichnerische Arbeiten Della Torres zusätzlich im Frankfurter Kunstverein und 1988/1989 im Städel Museum zu sehen. Im Rückblick ist heute die Anzahl seiner Ausstellungen in Europa, vor allem in Italien, Deutschland, Österreich und der Schweiz, kaum mehr überschaubar.
Estate (Sommer), 2010, Öl auf Leinwand, 118 x 91 cm
„Enrico Della Torre“, schreibt Sanna, “ ist ein Künstler mit poetischer Sensibilität. Die Landschaft der Po-Ebene, aus der er stammt, ist gegenwärtig, in den Farben des Wassers, der Erde, der Pflanzen und der Nacht. Seine meditative Malerei bewegt sich irgendwo zwischen belebter und unbelebter Natur. In den früheren Kompositionen überwiegen dabei die organischen Formen, Lebewesen deuten sich an. In den neueren Werken tritt das Spielerisch-Figürliche hinter eine geometrische, zuweilen architektonische Formgebung zurück. Es entstehen lichtdurchflutete Räume und Szenerien, die trotz ihres klaren Aufbaus nie streng erscheinen und eine spezifisch italienische Sehnsucht nach klassischer Schönheit und Proportion widerspiegeln.“
Dall‘ interno all‘ esterno (Vom Inneren zum Äusseren), 2006, Öl auf Leinwand, 118 x 91 cm
Sein grosses Vorbild war der Bologneser Maler Giorgio Morandi (1890 bis 1964), der mit Jean Chardin und Paul Cézanne zu den bedeutendsten Stilllebenmalern zählt. Inspiriert von den Landschaften und Stimmungen der Po-Ebene fand Della Torre in seiner abstrahierenden Malerei zu Licht und Farbe sowie zu grossflächiger Farbfeldmalerei. Die jetzt in der Jubiläumsausstellung präsentierten Gemälde weisen wiederum eine geometrischere, architektonisch bestimmte Formensprache auf.
Oblio (Vergessenheit), 2006, Öl auf Leinwand, 52 x 68 cm
Dall‘ interno all‘ esterno (Vom Inneren zum Äusseren), 2006, Öl und Collage auf Leinwand, 61 x 85 cm
Enriko Della Torre, der vor kurzem seinen 80. Geburtstag beging, wurde 1931 in Pizzighettone bei Cremona geboren. Von 1951 bis 1955 studierte er an der Mailänder Accademia di Belle Arti di Brera. Ein Jahr später hatte er in der Stadt seine erste Einzelausstellung. In der Folge führten ihn Studienreisen nach Paris und nach Deutschland, wo er seine Ehefrau kennenlernte. Della Torre hat sich über seine Malerei hinaus auch als Zeichner und Kupferstecher sowie mit seinen Radierungen einen Namen gemacht. Der Künstler lebt und arbeitet heute in Mailand und in Teglio (Valtellina).
Ombre (Schatten), 2010, Öl auf Leinwand, 50 x 124 cm
In seinem Vorwort zum Katalog der Jubiläumsausstellung würdigt der Frankfurter Kulturdezernent Professor Felix Semmelroth die Arbeit der 1966 gegründeten Deutsch-Italienischen Vereinigung und deren Vorstandsvorsitzenden Salvatore A. Sanna: Die Vereinigung habe sich, zusammen mit der von ihr betriebenen Frankfurter Westend Galerie, um eine intensiven Förderung italienischer Sprache, Wissenschaft und Kultur verdient gemacht.
Vernissage mit Enrico Della Torre und dem Leiter der Frankfurter Westend Galerie, Salvatore A. Sanna
Frankfurter Westend Galerie, bis zum 15. Juli 2011
(abgebildete Werke © Enrico Della Torre; Fotos: Erhard Metz)