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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Reisen: Myanmar / 5

Eine Reise durch Myanmar / 5

Text und Fotos: © Ingrid Malhotra

Nach diesem Erlebnis ging es weiter zur Mohnyin Than Buddhe Pagoda, auf die man sehr stolz ist, weil dort mehr als 500.000 Buddhas sitzen – naja, die meisten sind winzig.

Gezählt habe ich sie nicht, aber es waren schon enorm viele. Aber die Pagode war auch enorm bunt und enorm heftig dekoriert (ich habe einmal heftig gegoogelt und mein Verdacht hat sich bestätigt: die Pagode ist neu, erbaut von 1939 bis 1952 – ich glaube, das erklärt die Buntheit). Aber man fragt sich doch, ob all die bezaubernden Kunstwerke und Wandmalereien aus alter Zeit auch einmal so knallbunt angefangen haben …

Prächtige Wandmalereien

Weiter ging die Fahrt nach Pakokku, einem Städtchen am Ufer des Irawaddy, von wo es per Schiff nach Bagan gehen sollte. Aber unterwegs gab es auch noch einige interessante Stops.

Zunächst erreichten wir einen See, an dessen Ufer unglaubliche Mengen winzig kleiner Fische zum Trocknen ausgebreitet waren.

Trocknende Fische

Die Fischer erzählten, dass daraus die berühmte thailändische Fischsauce hergestellt würde, und zwar – erstaunlicherweise – überwiegend in Indien. Man kommt ja, wenn man thailändisch kocht, an der Fischsauce nicht vorbei, aber nach dem, was ich dort gesehen und erfahren habe, gab es einige Monate zuhause, in denen ich versucht habe, auf Fischsauce zu verzichten. Interessant ist auch, wie die Fischer die Genehmigung erhalten, dort ihre Netze auszuwerfen. Die Pachtrechte am See – der dem Staat gehört – werden alle paar Jahre versteigert.

Der See

Und da die kleinen Fische ein gutes Einkommen abwerfen, werden die Gebote immer höher, so dass sich mittlerweile drei Gemeinden zusammenschliessen mussten, um das notwendige Geld aufzubringen.

Fischeridylle

Das macht den Fischern zwar Sorgen, denn sie wissen nicht, wie sich diese Entwicklung fortsetzen wird, aber im Moment haben sie ein für Burma enorm hohes Nettoeinkommen von knapp $ 2000 pro Jahr. Das ist dort viel …

Zwischen den trocknenden Fischen spielen Kinder aller Altersklassen. Nur wenige Jungen erhalten die Möglichkeit, zur Schule zu gehen, damit sie rechnen lernen – das sei für die Fischer wichtig, dass immer jemand da ist, der rechnen und Verträge lesen kann. Mädchen gehen nicht zur Schule.

Bei Pakokku hielten wir dann noch an einem alten hölzernen Kloster, in dem ein Eremit lebt. Ich hatte zuerst durchaus gewisse Hemmungen, in das Gebäude hinein zu gehen, denn von Eremiten hatte ich die Vorstellung, dass sie absolut dagegen sind, dass fremde Frauen in leichter Kleidung zu ihnen ins Haus kommen und wie wild Fotos machen.

Das Kloster des Eremiten

Aber dieser Eremit war ganz anders. Er war sehr, sehr freundlich und sehr beglückt, dass jemand zu ihm kam. Er sprach fliessend Englisch, war erstaunlich gut über die Vorgänge – nicht nur in seinem eigenen Land, sondern auch im Rest der Welt – informiert und posierte bereitwillig für ein paar Fotos.

Wir hielten noch kurz an, um uns zu stärken – ich mit Bier und Bananen, Fahrer und Führer mit scharfen Sachen und Coca Cola,

Vor Pakokku

und nach einem kurzen Stopp bei einem farbenprächtig geschmückten Haus, in dem gerade die Einführung des zehnjährigen Sohnes in sein erstes Jahr in einem buddhistischen Kloster gefeiert wurde,

Initiationsfeier

kamen wir zum Fluss, der hier enorm breit ist. Das Verladen des Autos auf die Fähre war, wie immer, sehr spannend. Auch das der Lastwagen, Lieferwagen und Pferdefuhrwerke – ein unglaubliches Gewimmel.

Zur Fähre

Seltsamerweise ging die Fähre nicht unter und machte sogar einen so zuverlässigen Eindruck, dass sich ein paar kleine Ruderboote mit Seilen hinten anhängten und sich gegen die Strömung mitschleppen liessen.

Die Fahrt war sehr beschaulich, am mässig steilen Ufer lagen Felder und Gärten. Frauen mit Giesskannen stiegen hinab zum Fluss, holten Wasser und begossen ihre Pflanzen.

Wir kamen an anderen Schiffen vorbei, die ebenso bizarr und seeuntauglich wirkten wie unser eigenes, und dann landeten wir in Bagan.

Wieder eine spannende Angelegenheit – aber alle kamen trocken ans sandige Ufer, und dann die kurze Fahrt nach Bagan und Einchecken in einem wunderschönen Hotel, dem Tharabar Gate. Das war wieder mal eins, das die Einstufung als „Superior“ verdiente – wunderschöne, geräumige und komfortable Zimmer in Bungalows, die in einer weitläufigen Gartenanlage verstreut lagen, grosse Terrasse mit einer prächtigen Bar, die ich natürlich sehr schnell aufsuchte – und nicht einmal, weil ich so grossen Durst hatte. Aber um die Bar waren die Piloten der Ballons versammelt, und ich wollte noch schnell sicherstellen, dass für mich ein Platz in einem der Ballons reserviert war. Denn in diesem Punkt waren meine Reiseunterlagen etwas unklar.

Es war gut, dass ich mich darum sofort gekümmert habe, denn tatsächlich war kein Platz für mich reserviert, und ich habe gerade noch den allerletzten ergattert.

Naja, und dann bin ich gleich dort geblieben. Die Piloten waren alle Engländer und haben sich weidlich darüber lustig gemacht, dass man in Deutschland mit einem Ballon „fährt“ – wo denn da bitte die Räder seien, wollten sie von mir wissen. Und als ich besorgt fragte, ob sie mich auch mit leichten Schuhen mitnehmen, weil ich keine richtigen Schnürschuhe dabei hatte, wie man sie in Deutschland zum Ballonfahren anlegen soll, haben sie mir gleich vor Mitleid einen Drink ausgegeben und mir versichert, dass im Rest der Welt Sandalen völlig ausreichten.

Es wurde ein gemütlicher Abend. Auf der Terrasse baute man dann ein gewaltiges Bufett auf, und weil das Hotel so luxuriös und sauber war, habe ich mir ein paar Tomatenscheibchen geleistet.

Es wurde eine ungemütliche Nacht. Um 4 Uhr früh wurden alle Ballonfahrer abgeholt.

Ich krümmte mich die ganze Zeit, die wir oben waren. Aber es war trotzdem ein unvergleichlich schönes Erlebnis. Der Sonnenaufgang – diese unglaublich vielen Pagoden im leichten Morgennebel – am Rande der Ebene der Irawaddy –  hie und da eine Bauernhütte mit Baumwollfeldern und einem kläffenden Hund – und immer noch mehr Pagoden. Absolut unglaublich. Falls ich noch einmal nach Bagan kommen sollte, werde ich das auf jeden Fall wieder machen.

Nur schade, dass ich mich so oft krümmen musste, denn während man sich krümmt, kann man naturgemäss nicht fotografieren – ich muss da unbedingt noch einmal hin, wenn ich so darüber nachdenke!

Nach der Landung und dem Umtrunk ging es dann zurück ins Hotel, und dort hatte tatsächlich inzwischen jemand eine Apotheke gefunden, die Imodium führte.

Ich war ja so dankbar!

Jetzt gab es erst noch einmal zwei Stunden Schlaf, und dann wurden die Pagoden zu ebener Erde besichtigt. Jetzt wurde mir erst richtig bewusst, welche Vielfalt an Pagoden es hier gibt: winzig kleine, riesengrosse, schlichte und prachtvolle, uralte, fast vergessene, neue, in die noch immer die Gläubigen strömen.

Grosse Pagode … aus der Luft und auf dem Boden

Eine war immerhin noch so beliebt, sei es bei den Einheimischen oder den Touristen, dass vor dem Eingang eine Budengasse entstanden war, wo Schnitzarbeiten, Bilder in den verschiedensten Techniken, Spielzeug und – natürlich – Blattgold verkauft wurde.

Dort habe ich einen wunderschön geschnitzten Buddha gefunden, der auf einer riesigen zusammengeringelten Kobra sass. Ich habe nie wieder einen ähnlichen Buddha gesehen – und die Leute dort sagten auch, es sei ein sehr ungewöhnliches Stück, nach dessen Anfertigung der Künstler gestorben sei, und sonst schnitze niemand in dieser Art. Die Einheimischen hatten ein wenig Angst vor diesem Buddha, aber mir hat er kein Unglück gebracht – nur einen erfreulich günstigen Kaufpreis.


In manchen der älteren Pagoden findet man wunderschöne Wandmalereien, bei deren Anblick man dankbar ist für die Erfindung von Photoshop – denn mit Blitz möchte man dort wirklich nicht arbeiten, und ohne ein wirklich gutes Bildbearbeitungsprogramm hat man zuhause nicht sehr viel von den Fotos.

Wandmalerei

Auch hier gibt es natürlich einen Markt – wie überall,

und auch hier gibt es – sicherheitshalber – noch den einen oder anderen Nat-Tempel. Man kann ja nie wissen …

Nat-Tempel

Und so ganz allmählich wird mir immer klarer, dass Burma viel mehr ist, als man hierzulande weiss. Dieses Land ist nicht nur reich an Bodenschätzen, es ist auch unglaublich reich an Kultur und landschaftlicher Schönheit. Wäre es doch auch reich an Freiheit!

⇒  ⇒  ⇒  Reisen: Myanmar / 1

⇒ ⇒ ⇒ Reisen: Myanmar / 6

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