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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Eugen Schönebeck in der SCHIRN Kunsthalle Frankfurt

Noch bis zum kommenden Sonntag, 15. Mai 2011, zeigt die Frankfurter SCHIRN Kunsthalle im Rahmen einer grossen Werkschau die meisten der noch erhaltenen Arbeiten von Eugen Schönebeck.

Eugen Schönebeck und Kuratorin Pamela Kort zur Ausstellungseröffnung am 22. Februar 2011 (Foto: FeuilletonFrankfurt)

Schönebeck, 1936 in der Nähe von Dresden geboren, lernte zunächst Dekorationsmalerei und studierte anschliessend an der Fachschule für angewandte Kunst im damaligen Ost-Berlin. 1955 übersiedelte er nach West-Berlin, wo er sein Studium an der Hochschule für Bildende Künste fortsetzte. 1957 begegnete er dort Hans-Georg Kern, später bekannt als Georg Baselitz, mit dem er eine sehr enge Freundschaft und Künstlergemeinschaft einging, die jedoch einige Jahre später zerbrach. Noch gemeinsam mit Baselitz, mit dem er die gegen eine bürgerliche und übersättigte Kunstwelt gerichteten Manifeste „Pandämonium“ I und II erarbeitete, hatte Eugen Schönebeck 1961 in Berlin seine erste Ausstellung. Nach dem Bruch mit Baselitz entwickelte Schönebeck zunehmend Sympathien für bestimmte Ideen des Sozialismus, was sich unter anderem in seiner monumentalen Porträtmalerei manifestierte. Im Jahr 1967 stellte der Künstler jedoch die Malerei ein und wandte sich ausschliesslich verschiedenen „Brotberufen“ zu. Einen Teil seiner Gemälde vernichtete er von eigener Hand. Während sich Baselitz anschickte, seinen Weg zu einer weltweiten Karriere zu ebnen, zog sich Schönebeck in eine künstlerische Isolation zurück. „Ein Maler muss malen, ein Künstler muss das nicht“ sagte er in einem Interview mit Cornelius Tittel („Die Welt“ vom 7. März 2011).

Zwar wurden Arbeiten Schönebecks in der Folge in einer Reihe von Einzel- und Gruppenausstellungen gezeigt (so 1977 auf der Kasseler documenta 6), doch fand eine erste – und bislang einzige – grössere Retrospektive auf sein Œuvre erst im Jahr 1992 in Hannover statt.

Die kunstwissenschaftliche Betrachtung verortet Eugen Schönebeck als einen der ersten Maler, die nach dem Zweiten Weltkrieg die vorherrschende Abstraktion und insbesondere das Informel verliessen und sich – wieder – der figurativen Malerei annäherten. Schönebeck erlebte als Junge recht unmittelbar die Greuel des Krieges, die später seine von einem eigenen expressiven, radikalen Malstil geprägten Arbeiten stark beeinflussten.

„Schönebecks Gemälde und Zeichnungen aus dieser Zeit zeigen mutierte Wesen, die zwischen der Welt der Toten und der Lebenden zu schweben scheinen – fragmentiert und zerrissen, zwischen Abstraktion und Figuration changierend. Das Gemälde ‚Gefolterter Mann‘ von 1963 ist die Darstellung einer grauenhaften Abschlachtung. Zu sehen sind die verstümmelten Gliedmassen eines Mannes, dessen Eingeweide sich auf den Boden ergiessen. Form erwächst in diesem noch immer nicht wirklich figurativen Gemälde nur, um sich wieder aufzulösen. Schemenhaft und auf das Gesäss abgestützt vermittelt diese Figur gnadenlos die schockierende Brutalität dessen, was der Mensch dem Menschen antun kann“ (SCHIRN Kunsthalle).

Obwohl Schönebeck als Anti-Stalinist 1955 die DDR verliess, interessierte er sich, wie bereits angedeutet, durchaus für gewisse Ideale des Sozialismus; ferner befasste er sich mit christlichen Wertevorstellungen. Letzteres findet seinen Niederschlag vor allem in seinen Kreuzigungsmotiven.

Schönebecks Gemälde „Der wahre Mensch“ wird kunsthistorisch als ein Schlüsselwerk betrachtet. Dem „wahren Menschen“ folgten Porträts von sozusagen „Helden des Ostens“, allerdings frei von jedweden parteipolitisch-propagandistischen Zwecken: Porträts von Lenin, Trotzki und Mao, von Wladimir Majakowski, Boris Pasternak oder von David Alfaro Siqueiros. Nicht ohne offensichtlich kritische Fragestellungen geschah dies. Beispielsweise fügte er im Porträt Maos weder eine Zigarette noch eine rote Nelke, sondern eine rote Rose zwischen die Finger der Hand. Auch sind die Porträts durchaus entfernt von jenen plakativ-flächigen Darstellungen der Maler des Sozialistischen Realismus. Im damaligen „Westen“ Deutschlands hat man jedoch Schönebecks Kunst nicht verstanden. Obgleich seine Arbeiten vielfach in öffentlichen und privaten Sammlungen vertreten sind, scheint die kunstgeschichtliche Würdigung an ihnen seinerzeit vorbeigegangen zu sein.

 

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