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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Reisen: Myanmar / 3

Eine Reise durch Myanmar / 3

Text und Fotos: © Ingrid Malhotra

Nach dem Abendessen dann noch einmal auf die Terrasse und einen unglaublich ruhigen und schönen Sonnenuntergang erleben – dann musste ich wieder mein Köfferchen packen, denn am nächsten Tag sollte es weitergehen nach Mandalay.

Und da es von Heho aus morgens keinen Flug dorthin gab, machten wir noch einen Abstecher nach Pindaya. Davon hatte ich noch nie zuvor gehört und war schon überrascht, als wir auf eine riesenhafte Anlage mit gewaltigen überdachten Treppen und sogar einem gläsernen Turm mit Aufzug zufuhren, der in dieser Umgebung so völlig deplaciert wirkte.

Pindaya

Ich bin natürlich die Treppen hinauf gegangen, denn an jeder Kehre hat man eine neue herrliche Aussicht.

Oben angekommen, fand ich eine riesige Tropfsteinhöhle vor. Allerdings waren Stalaktiten und Stalagmiten fast völlig ausgetrocknet, denn die Höhle war nicht nur randvoll von Touristen, sondern über und über mit Buddhas zugestellt, Buddhas in allen Grössen und Formen. Und natürlich reichlich mit Blattgold bedeckt …

Anschliessend flog ich dann nach Mandalay.

Mandalay – ein Name, der auf der Zunge zergeht. Zum ersten Mal kam ich mit diesem Wort in Berührung, als ich „Rebecca“ las, von Daphne du Maurier. Damals fand ich den Namen so zauberhaft und romantisch, dass ich nachforschte, woher er stammte, und herausfand, dass Mandalay die ehemalige Hauptstadt von Birma war. Jetzt war ich natürlich sehr gespannt und fand auch tatsächlich, dass es in Mandalay sehr viel Schönes zu entdecken gab. Allerdings nicht so viele alte Sachen, wie man eigentlich erwarten dürfte. Die Stadt wurde ja erst 1857 gegründet und hervorragend neu geplant, es gab hier vorher keine nennenswerte Siedlung. Sie war allerdings nur 26 Jahre lang Hauptstadt. Dann kamen die Engländer, schickten den König ins Exil und verlegten die Verwaltung nach Rangoon.

Ufer bei Mandalay

Leider gibt es in Mandalay auch sehr häufige Feuersbrünste, so dass nicht mehr viele der älteren Gebäude überlebt haben – fast alle aus Holz! Aber die wenigen, die es noch gibt, sind sehr eindrucksvoll mit ihren prächtigen Schnitzereien. Und Rauchen ist in ihrer Nähe strengstens verboten!

Holzhaus

Auch die Palastanlage ist den Flammen zum Opfer gefallen, aber von meinem Hotelfenster aus konnte ich die alten Strukturen noch teilweise erkennen. Einiges ist wohl auch mehr oder minder originalgetreu wieder aufgebaut worden, aber ich durfte nicht hinein.

Natürlich gibt es auch in Mandalay viele, viele Pagoden. (Man denkt schon manchmal unwillkürlich an die Geschichte der Reiseführerin in Europa, die einer amerikanischen Touristin über die Schulter sah, als diese in ihr Reisetagebuch schrieb „ABC“. Die Führerin erkundigte sich neugierig nach der Bedeutung und erfuhr, dass dort stand „Another Bloody Cathedral“!)

Pagode in Mandalay

Aber die interessantesten und sehenswertesten Pagoden finden sich auf der anderen Seite des Irawaddy, dem bedeutendsten Fluss des Landes.

Interessant ist ja auch schon das An-Bord-Gehen – über eine schmale Planke, aber an die Balanciererei sollte ich mich bald gewöhnen.

Wann immer ich in Burma auf ein Boot oder ein Schiff wollte, dann musste ich über schmale Planken balancieren und brachte die Einheimischen zum Lachen. Am Ufer lagen neben Booten und Fähren auch Unmengen riesiger Flösse, denn hier ist ein wichtiger Umschlagplatz für Tropenhölzer, die in den höher gelegenen Wäldern geschlagen werden. Die Menschen leben auf ihren Dampfern und Flössen.

Der Irawaddy ist ein enorm breiter, aber nicht sonderlich tiefer Fluss. Zur Trockenzeit könnte man eigentlich auch hinüber waten und dabei schauen, was die Bauern auf den gewaltigen Sandbänken in der Mitte des Flusses anbauen. Aber wenn der Monsun kommt …

… sieht das hier völlig anders aus. Da gibt es keine Sandbänke mehr, und die provisorischen Hütten der Bauern und Fischer werden weggeschwemmt. Und nach dem grossen Regen tauchen die Sandbänke an völlig anderer Stelle wieder auf, die Bauern rudern hin, bauen neue Hütten und bald grünt und blüht es wieder auf den Sandbänken.

Aber inzwischen haben wir den Fluss mit dem Boot überquert und sehen oben auf dem Ufer als erstes zwei gewaltige Steinelefanten.

Und hinter denen erhebt sich etwas, das einmal eine Stupa werden sollte. Aber nicht irgendeine Stupa, sondern die grösste Stupa der Welt, 150 m hoch. Dafür, dass sie nie fertig gebaut wurde, gibt es zwei Begründungen: die eine lautet, die Statik habe ganz und gar nicht gestimmt, so dass der Bau wegen Rissbildung abgebrochen werden musste; die andere besagt, dass der Bau abgebrochen wurde, weil dem zuständigen König (Bodawpaya, 18. Jhdt.) geweissagt worden sei, er müsse sterben, sowie die Stupa fertig sei.

Nun, irgendwann ist er sicher trotz des Abbruchs der Bauarbeiten gestorben, so etwas bleibt auch Königen nicht erspart. Aber dass die Statik nicht in Ordnung war, erwies sich im März 1839 bei einem heftigen Erdbeben, das gewaltige Risse verursachte, die sich durch die gesamte Höhe des Bauwerks ziehen.

Auf der Oberfläche sind diese Risse so breit und furchteinflössend, dass ich mich über den grössten nicht zu springen traute. Aber eine Schulklasse bildete eine Art Kette, fasste mich lächelnd an den Händen und half mir hinüber.

Seither grübele ich, was 12- oder 13jährige Schüler hier wohl in vergleichbarer Situation veranstaltet hätten – Spott und Hohn? Wahrscheinlich. Oder gleichgültiges Wegschauen – das können wir ja alle gut.

Aber die Aussicht von dort oben ist es wert, überall hin zu gehen, Risse hin oder her. Man hat einen weiten Blick über das Land mit Unmengen von Pagoden überall, über den Irawaddy und über die benachbarte wunderschöne und strahlend weisse Hsinyume- oder Myatheindan-Pagode, die dem mythischen Berg Meru nachempfunden sein soll.

Beide, Stupa und Pagode, sind nicht nur extrem sehenswert, sondern auch extrem heilig, so dass sich hier alle Burmesen einmal einfinden, um zu schauen und ihre Reverenz zu erweisen.

Buddhistische Nonnen

Es gibt ein Altersheim, in dem alte Frauen, deren Familien schon weggestorben sind, vorbildlich versorgt werden (und es finanziert sich nur aus Spenden!), eine Statue eines besonders verehrungswürdigen Mönchs mit Brille

und natürlich Händler, die Devotionalien (meist Made in China) und höchst interessante Lebensmittel verkaufen.

Fast Food


Fortbewegungsmittel

Wieder zurück in Mandalay war noch eine ganze Menge anzusehen. Denn hier gibt es bei der Kutho Daw Pagode das „grösste Buch der Welt“.

Unzählige kleine Pagoden stehen in Reih und Glied, und jede enthält eine eng beschriebene Steintafel mit den Lehrsätzen des Buddhismus.

Auch die Pagode selbst ist sehenswert – sehr bunt. Übrigens gibt es häufig gleich neben den buddhistischen Tempeln auch welche für die Nats, die alten animistischen Gottheiten. Sie werden auf höchst irdische Weise dargestellt – mit schicken Klamotten, Lippenstift und lackierten Nägeln. Und so gut es eben geht, werden sie in den Buddhismus integriert – man kann ja nie wissen …

Nat

Und es gibt sogar auch noch ein sehenswertes Museum.

Im Museum

Schön und stimmungsvoll war der Blick über die Stadt zum Irawaddy vom Mandalay Hill aus bei Sonnenuntergang. Und am nächsten Tag wollten wir zügig weiter nach Sagaing. Leider hatten wir dann aber erst einmal einen platten Reifen, was beim Fahrer für grosse Aufregung sorgte und mir Gelegenheit gab, frühmorgendliche Strassenszenen zu fotografieren.

Als von irgendwoher ein Ersatzreifen ausgeliehen worden und montiert war, ging es weiter. Da ich wusste, dass die beste Jade aus Burma kommt, bat ich den Fahrer anzuhalten, als wir an einem Jadegeschäft vorbei kamen – ich hätte mir gerne einen Armreif aus apfelgrünem Jadeit gekauft – aber der Laden war fest in chinesischer Hand, und die Verkäuferin hatte solche irren Preisvorstellungen, dass ich den Plan seufzend wieder aufgab.

Zur Entschädigung schauten wir noch bei einem Steinmetz vorbei, der wie alle seine Kollegen in dieser Strasse unbeirrt einen Buddha nach dem anderen aus Marmor schnitt – nichts für Touristen.

Da war der Besuch in der kleinen Werkstatt, in der Blattgold hergestellt wurde, schon ergiebiger. Erst einmal war es interessant zu sehen, wie lange und wie kräftig die schmächtigen Kerlchen ein Klümpchen Gold hämmern mussten, bis es hauchdünn war. Und anschliessend war es durchaus unterhaltsam, den Frauen im nächsten Raum zuzuschauen, wie sie winzige Blattgoldquadrate auf Trägerpapier pappten und Pflanzenblätter mit einer dünnen Goldschicht überzogen.

Herstellung von Blattgold

Aber danach gab es kein Halten mehr. Der Fahrer bestand auf schneller Weiterfahrt, denn vor Sagaing musste er unbedingt noch zu einer Werkstatt, um den kaputten Reifen ausbessern zu lassen – der Ersatzreifen wirkte nicht richtig überzeugend.

Und wie eine burmesische Werkstatt ausschaut, sehen wir in der nächsten Folge.

⇒ ⇒ ⇒ Reisen: Myanmar / 1

⇒ ⇒ ⇒ Reisen: Myanmar / 4

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