home

FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Reisen: Myanmar / 1

Eine Reise durch Myanmar / 1

Text und Fotos: © Ingrid Malhotra

Es ist schon ein paar Jahre her, seit ich in Burma war. Aber nach allem, was man liest und hört, hat sich nichts verändert. Noch immer ist Burma ein reiches Land mit einer bettelarmen Bevölkerung. Noch immer herrscht die Militärjunta mit eiserner Hand und unterdrückt jedes noch so kleine Aufflammen des Wunsches nach Freiheit und Selbstbestimmung mit brutaler Gewalt. Noch immer wird gegen sämtliche Menschenrechte verstossen.

Aber auch: Noch immer ist Burma ein wunderschönes Land. Und noch immer sind seine Menschen die liebenswertesten und hilfsbereitesten, die man sich vorstellen kann. Es ist schwer begreiflich, dass ein solches Volk eine solche Regierung hervorgebracht hat.

Hier herrscht ja leider oft die Meinung, man solle nicht nach Burma reisen, da man damit nur der Regierung die erwünschten Devisen beschaffe. Das stimmt leider. Aber trotzdem halte ich diese Einstellung für falsch. Denn die Menschen in Burma hungern nach Kontakten mit der Aussenwelt, nach Berichten über ein völlig anderes Leben. Und ich könnte mir vorstellen, dass jeder Besuch, jedes Gespräch über andere Regierungsformen sie langsam, aber sicher, stärkt.

Diese Einschätzung wird übrigens von den politisch interessierten Burmesen, allen voran Aung San Suu Kyi, geteilt.

Noch eine Anmerkung: Burma hatte im Laufe seiner Geschichte viele Namen; zur Zeit heisst das Land, auf Wunsch seiner Regierung, Myanmar. Aber die Menschen, die ich dort kennengelernt habe, wiesen immer wieder darauf hin, dass sie den Namen Burma vorziehen. Bei der Bezeichnung für ihre Hauptstadt war das Urteil nicht so eindeutig – ob Rangoon oder Yangon schien ziemlich gleichgültig zu sein.

Also bleiben wir bei Yangon.

International Airport Yangon

Ich war ja eigentlich darauf vorbereitet, in Burma kein sehr komfortables Lebens zu führen, und hatte mich deshalb erst einmal in Bangkok in meinem Lieblingshotel seelisch vorbereitet – mit viel Komfort, gutem Essen, ein bisschen Luxus halt, von dem ich glaubte, dass er in Burma nicht anzutreffen sei.

Man lernt natürlich nie aus …

Das Kandawgyyi-Hotel in Yangon lässt absolut nichts zu wünschen übrig: ein wunderschöner Bau im traditionellen Stil, viel dunkles Holz, viele Schnitzereien, darum herum prachtvolle Parkanlagen mit Skulpturen (merkwürdigerweise von Sauriern),

Hotelgarten in Yangon

einem See, Tieren und Pflanzen, die wir nur aus dem Zoo und dem Blumentopf kennen. Komfortable Zimmer, phantastische Küche – tja, wenn es so weiter gegangen wäre. Von meinem Zimmer hatte ich Aussicht auf den Karaweik, eine riesige, ehemals königliche Barke in Gold- und Grüntönen. Heute ist die Barke fest im See verankert und dient als Restaurant.

Karaweik

Aber so schön es hier auch war, zunächst einmal wurde die Hauptstadt erkundet. Scott‘s Market ist mir am lebhaftesten in Erinnerung. Hier werden viele der Edelsteine angeboten, die man in Burma findet, aber auch wunderschöne Handarbeiten – und alles zu sehr erfreulichen Preisen und in überaus freundschaftlicher Verhandlungsatmosphäre. Man lässt sich nieder, man trinkt Tee, man schaut , was es so alles gibt, guckt auch mal bei den Nachbarn vorbei.

Scott’s Market

Und zum Schluss kauft man dies oder jenes, bis zum nächsten Tag ist der Stein gefasst. Erstaunlicherweise kann man hier sicher sein, dass Gold drin ist, wenn Gold drauf steht. Das ist nicht wirklich die Norm in Asien, schon gar nicht in dieser Art von Märkten.

Spass macht auch der „High Tea“ im kolonialen Hotel The Strand, auf dem die Führerin bestand. Alles war „very British“. Allerdings fehlte dem Kellner ein wenig die Übung – er musste mit sanfter Gewalt dazu gezwungen werden, eine kleine Etagere mit Gebäck zu bringen. Aber meine Führerin kannte keine Gnade – sie wollte zeigen, wie British man in Yangon sein kann.

Ja, und dann natürlich die unübersehbaren Zeugnisse des Buddhismus: Shwedagon- und Sule-Pagoden,

Shwedagon

ein überdimensionaler Buddha und vieles, vieles, was diese Reportage sprengen würde. Eigentlich kann man kaum einen Schritt machen, ohne vor einer Pagode oder einem Buddha zu stehen.

Buddhas überall

Und fast immer sind sie dick mit Blattgold belegt, das die Einheimischen unaufhörlich anbringen, um ihre Verehrung zu beweisen.


Rund um Shwedagon

Die Shwedagon-Pagode war ja zur Zeit meines Besuchs leider eingerüstet, aber rundherum glänzte und schimmerte so viel Gold im Sonnenuntergang, dass ich ohnehin völlig geblendet war. Der gewaltige liegende Buddha war nicht mit Blattgold überzogen, nur da, wo es passte, also Gewand und Schmuck, aber er ruhte auch hinter einer Absperrung …

Der Grosse Buddha; die Füsse

Aber mal abgesehen von dem vielen Gold schien mir das Leben hier ziemlich normal – gut, es gab keinen Internet-Anschluss im Hotelzimmer und gelegentlich wurde man informiert, dass man über einen Einkauf oder über eine Äusserung Stillschweigen bewahren sollte, aber die Leute wirkten nicht sonderlich ängstlich, alle meckerten über die Regierung und die Beamten, genau wie wir, und alle telefonierten pausenlos mit ihren Handys.

Ich war fast ein bisschen enttäuscht.

Aber dann ging es weiter nach Taunggyi, einem Zwischenstop auf dem Weg zum Inle-See. Zuerst der Flug nach Heho und dann eine zweistündige Fahrt. Und schon unterwegs merkte ich, dass alle Handys weggepackt wurden – ein Handynetz gibt es nur und ausschliesslich nur in der Hauptstadt, sagte man mir.

Und dann erreichte ich Taunggyi, eine Kleinstadt im Landesinneren.

Auch hier lag das Hotel inmitten prachtvoller Parkanlagen, in denen unsere beliebtesten Topfpflanzen die Grösse von ausgewachsenen Bäumen erreichten.

Aber das Hotel! Oh, mein Gott, was für ein Dreckloch. Alles schmutzig, alles kaputt, extrem unfreundliches Personal, der Speisesaal eine grün gestrichene, neonbeleuchtete Katakombe. Und das Essen passte genau dazu!

Im Hotelpark in Taunggyi

Ich warf einen verdutzten Blick auf meine Hotelliste, hm, alle „superior“. Wie konnte das möglich sein? Ich fragte meine lokale Führerin, und sie erklärte mir, dass dies ein beliebtes Hotel sei für Sauftouren der hiesigen Politiker und der höheren Beamten und dass die leider nicht viel Alkohol vertrügen und auch nicht so recht wüssten, wie eine gepflegte Einrichtung auszusehen habe.

Aha!

Ich war jedenfalls heilfroh, dass ich meinen einstmals in Vietnam preisgünstig erworbenen Seidenschlafsack dabei hatte …

Im Ort selbst gab es keine grösseren Sehenswürdigkeiten, die eine oder andere Pagode natürlich, ein paar Geschäfte mit knallbunten Plastikartikeln. Ach ja, ein Golfplatz war im Bau, dort sollte man dann auch bald besser wohnen können. Ausserdem gab es einen farbenprächtigen Markt, an dem ich mich gar nicht sattsehen konnte. Meine Führerin meinte, der wäre nichts Besonderes, da kämen noch ganz andere Sachen, aber für mich war es der erste solche Markt in Burma, und ich fand ihn wunderschön!

Markt in Taunggyi

Nicht ganz so schön, aber interessant war die Fabrik, in der Cheroots hergestellt werden. Cheroots sind burmesische Zigarren, der Tabak besteht aus gebrochenen Blättern von Cheroot–Bäumen, vermischt mit dem Holz des Baumes und geheimen Zusätzen. Das Deckblatt besteht aus einem Blatt des Cheroot–Baumes, in welches eine Handvoll dieses Tabaks eingerollt wird. Das Gebilde wird mit einem Filter aus Maisblättern versehen, der nach dem Rollen beschnitten wird. Ein langgestreckter Betonbau, schlecht beleuchtet, in dem ein paar Dutzend Frauen auf dem harten Fussboden sassen und diese Zigarren fabrizierten. Sie schmecken nicht einmal schlecht – die Zigarren, nicht die Frauen.

Cheroot-Fabrik

Alle Frauen hier auf dem Land haben ihre Wangen mit einer gelblichen Paste eingeschmiert. Sie soll grösstenteils aus Kurkuma bestehen und für eine schöne Haut sorgen. Aber die Tradition gibt es schon so lange, dass gelb schimmernde Wangen scheinbar schon fast selbst als Schönheitsideal gelten …

Am nächsten Morgen (die Nacht war unruhig, weil ich so viel Angst hatte, die Bettwäsche zu berühren …), nach einem lieblosen Frühstück ging es weiter, mit dem PKW zum Inle-See.

Eine hochinteressante Fahrt, aber zunächst hatte ich mit meiner Führerin ein Hühnchen zu rupfen: sie schien ähnlich lieblos mit ihrer Aufgabe umzugehen wie die Leute im Hotel. Ich holte also, noch in Taunggyi – falls es Streit geben sollte – tief Luft und fragte sie, ob sie etwas gegen mich hätte. Sie meinte, das sei nicht der Fall, sie kenne mich ja noch kaum. Ob ihr das Führen von Touristen generell keinen Spass mache? Naja, ihr Traumberuf sei es nicht, aber es sei der einzige halbwegs interessante Besuch, der sich angeboten habe, und sie müsse Geld verdienen.

Wir haben dann ein Weilchen darüber gesprochen, dass wir ja doch einige Zeit miteinander verbringen müssten, und dass das sicher angenehmer sei, wenn wir beide Spass dabei hätten und einfach so täten, als ob wir Freundinnen seien. Es stellte sich dann heraus, dass ihre Erfahrungen mit Touristen nicht immer die angenehmsten waren – es gibt doch erschreckend viele arrogante Menschen, die glauben, sie seien überlegene Wesen, nur weil sie das Geld haben zu reisen. Wie schade! Man hat doch so viel mehr Spass in einem fremden Land, wenn die Menschen, die mit uns unterwegs sind, sich freuen, uns die Schönheiten ihres Landes zu zeigen, statt ungeduldig darauf zu warten, dass sie uns wieder los werden.

Nun, nachdem das geklärt war, änderte sich die Atmosphäre. Sie gehörte zu einer Ethnie, die sehr unter Verfolgung seitens der Regierung zu leiden hatte. Was natürlich immer wieder zu rebellischem Verhalten führte, so dass sie noch mehr zu leiden hatte; verständlich, dass sie etwas misstrauisch war. Aber nachdem sie einmal aufgetaut war, hatten wir enorm viel Spass an unserer Reise.

Unterwegs kamen wir an einer alten Schule vorbei, ganz aus Holz gebaut. Innen paukte unüberhörbar eine Schulklasse, aber ein kleiner Junge hatte wohl das Auto gehört und war nicht vom „Fenster“ wegzubringen.

Schule

Wir kamen bei einer Ortschaft an einem riesigen Platz vorbei, der ganz mit überdachten Verkaufstischen vollgestellt war. Hier spiele sich einmal in der Woche der „“Five Day Market“ ab, aber heute sei leider der falsche Tag.

Was ist ein Five Day Market? Oh, das heisst, dass die Bauern und Händler fünf Tage lang jeden Tag in einer anderen Ortschaft ihre Waren anbieten, und an den verbleibenden zwei Tagen sorgen sie für Nachschub.

Unterwegs zum Inle-See

Wir sahen viele Fahrzeuge unterwegs, die bei uns überaus schnell aus dem Verkehr gezogen würden, aber in Burma, wie in vielen Ländern Südostasiens, ist man froh, wenn man überhaupt einen fahrbaren Untersatz hat. Ich glaube auch, wenn ich es so recht bedenke, dass es wohl kaum ein Verkehrsmittel gibt, mit dem ich in Burma nicht unterwegs war – vom Ochsenkarren bis zum Düsenjet war so ziemlich alles vertreten, zu Lande, zu Wasser und in der Luft.

Nach langer Fahrt begegnete uns ein Traktor mit einem äusserst merkwürdigen Anhänger: ein grosses goldenes Huhn mit einer goldenen Pagode darauf, in der ein goldener Buddha sass.

Das goldene Huhn und sein Gefolge

Normalerweise gehörte das Huhn auf ein Boot und auf den Inle-See, aber jetzt wurde es für eine Prozession benötigt. Es soll auch eigentlich kein Huhn sein – sieht aber doch sehr danach aus!

Wir waren also nahe am See.

⇒ ⇒ ⇒ Reisen: Myanmar / 2

Comments are closed.