Max Pauer: „Es werde Licht“
„Es werde Licht!“
Und es ward Licht.
So sprach der Herr (1. Mose 1, Vers 3).
Dann kamen die Menschen und machten Licht, viel mehr Licht, als es der Herr je gedacht hatte und als es gut ist.
Wege, Strassen, Häuser und die riesigen Flughäfen erleuchten sie, sobald es dunkel wird oder auch nur dämmrig.
Sie fackeln die Abgase ab, die bei der Förderung von Erdöl und in Raffinerien und chemischen Betrieben entstehen. Sogar Erdgas wird dort abgefackelt, wo Kosten für Aufbereitung und Transport die Profiterwartung übersteigen. Hell lodern die Flammen über den steilen Kaminen.
Dies alles reicht ihnen aber noch nicht. Deshalb erfanden die Menschen die Brandrodung. Unvorstellbar grosse Waldflächen fallen ihr zum Opfer, nicht nur in Brasilien oder auf Borneo verwüsten ihre Flammen die Erde. Weit leuchtet ihr Feuerschein in die Nacht.
Kriminelle entfachen alljährlich in Süd- und Südosteuropa Waldbrände, um spekulativ Nutz- und Bauland zu gewinnen; die Regierungen üben sich in anscheinender Machtlosigkeit.
Dann erfanden die Menschen die Raumfahrt und die NASA und die Weltraumstation ISS, und sie können jetzt von weit oben auf das herabschauen, was sie auf der Erde anrichten.
Sie fotografieren die Segmente der Erdoberfläche bei Nacht und setzen die Bilder zu einer kreisrunden virtuellen Gesamtschau der Meere und Kontinente zusammen.
Und die Menschen der Astronauten-Generation freuen sich, wie sie die Dunkelheit der Nacht mit dem hellen Licht ihrer Zivilisation bezwingen. Sie nehmen nicht wahr, dass sie dabei ein Abbild sehen von Reichtum und Armut, Wohlstand und Elend, der Vernichtung von Natur und Umwelt.
Und die Erdatmosphäre erwärmt sich weiter und weiter …
Ein Märchen, ein schlechter Traum?
Ein Frankfurter Künstler, Max Pauer, nahm sich der virtuellen fotografischen Scheibe an und bannte das apokalyptisch anmutende Bild als Gemälde hinter Glas.
Max Pauer, Es werde Licht, 2010, Tondo, Hinterglasmalerei, 130 cm Durchmesser; im folgenden zwei Detailansichten
Die Arbeit von Max Pauer „Es werde Licht“ ist in der gegenwärtigen Gemeinschaftsausstellung „auf die Spitze treiben“ der Frankfurter Galerie Maurer zusammen mit Arbeiten von Eva Köstner und Markus Frohnhöfer zu sehen, noch bis zum 27. November 2010.
(Tondo „Es werde Licht“ und Fotos © Max Pauer)