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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Imi Knoebel in der Galerie Bärbel Grässlin

Er soll kurz dagewesen sein, der Meister, aber ansichtig wurden wir seiner zur Eröffnung der Ausstellung „Weiss Schwarz“ in der Frankfurter Galerie Bärbel Grässlin nicht. Das kann sich leisten, wer im Veranstaltungsfoyer des Marie-Elisabeth-Lüders-Hauses des Deutschen Bundestages eine grossformatige Arbeit „Rot Gelb Weiß Blau 1-4“ installieren durfte, dessen Arbeiten im Sommer letzten Jahres im Zentrum der Ausstellung „Raum 19 III“ der Berliner Neuen Nationalgalerie standen, wer Schüler von Joseph Beuys war und den Namen Imi Knoebel führt.

So machten auch wir uns auf an jenem regnerischen Samstagvormittag zum Ausstellungstempel der Galerie Bärbel Grässlin. Jenem Ort, der gerade dazu geschaffen zu sein scheint, sich einem novembergrauen Himmel samt Nieselnässe entziehen zu können, um in das Licht des Wahren, Schönen und Guten einzutauchen.

Schon ein erster Blick in die Ausstellungshalle überwältigt uns. Vielleicht auch deshalb wenden wir uns und folgen zunächst, erst links, dann rechts, den Stufen hinauf in die beiden in ihrer Leichtigkeit über der Ebene zu schweben scheinenden Quader des Obergeschosses, wo wir in ihren Dimensionen überschaubare, fast schon kleinformatige Arbeiten des Künstlers antreffen. Sie sind – entgegen dem Titel der Ausstellung – allesamt farbig.

Es sind jene Werke Knoebels, in denen er – wie schon vor Jahrzehnten geschehen – das Tafelbild auflöst, aller erzählerischen und abbildenden Funktion entkleidet und, vor der weissen Wand, zu einem sensibel und ausgewogen komponierten eigenen Raumobjekt entwickelt. Er formt diese sorgfältig konstruierten und penibel gefügten Objekte in seinen neueren Arbeiten aus Aluminiumprofilen und -platten, die er mit dem Pinsel bemalt.

Es fällt nicht schwer, insbesondere an der Arbeit „Senza titolo 5“ Gefallen zu finden. Unser Budget für Ankäufe überrechnend verlassen wir schweren Herzens die obere Ebene und steigen die Treppen hinunter, wo uns allerdings durchweg jeweils sechsstellig Bepreistes erwartet und uns zunächst im Foyer die grosse Konstruktion „Weiss Schwarz 15“ empfängt.

Dann aber schreiten wir in die Ausstellungshalle, und erneut überwältigt uns der Raum mit den fünf dort plazierten grossformatige Arbeiten des Meisters. Die planen, mit Acryl bemalten Oberflächen der Objekte vermitteln uns eine dreidimensionale Räumlichkeit, die beiden unregelmässigen Vierecke erscheinen uns als schwebende Pyramiden, deren Ansicht sich mit unseren Bewegungen im Raum stets verändert. Knoebel spielt zugleich mit den in additiver und subtraktiver Farbmischung entstehenden Farbeindrücken Weiss und Schwarz. Eine geradlinige oder geschwungene Pinselführung verleiht den Oberflächen je nach der Richtung des Lichteinfalls eine zusätzliche spezifische Körperhaftigkeit und Dynamik.

Imi (eigentlich Klaus Wolf) Knoebel, 1940 in Dessau geboren, wuchs nahe bei Dresden auf und übersiedelte 1950 nach Mainz. Inspiriert von den Idealen des Bauhauses besuchte er zunächst die Darmstädter Werkkunstsschule, bevor er zur Düsseldorfer Kunstakademie wechselte. 1965 wurde er dort in die Klasse von Joseph Beuys in „Raum 20“ aufgenommen, trat jedoch auch im benachbarten „Raum 19“ auf. Namentlich von Kasimir Malewitsch und dessem „Schwarzen Quadrat“ beeinflusst begann er, zunächst mit dem Material Hartfaserplatte, den bereits oben skizzierten künstlerischen Weg zu verfolgen. Er gehörte zur Kunst- und Punkszene des berühmten „Ratinger Hofs“ in Düsseldorf, den seine Frau Carmen Knoebel bewirtschaftete.

Knoebel war bzw. ist mit seinen Arbeiten in zahlreichen internationalen Ausstellungen und häufig auf der Kasseler documenta vertreten. Er lebt und arbeitet als freischaffender Künstler in Düsseldorf.

Ach ja, wir erwähnten es bereits, ein Imi Knoebel ist teuer, sehr teuer sogar. „Ich müsste mein Haus verkaufen“, seufzte eine Besucherin, „um einen Knoebel erwerben zu können. Aber wohin sollte ich ihn dann hängen?“ Gute Frage. Selbst wir wissen keine Antwort. Und gehen hinaus in den Nieselregen eines trüben Novembervormittags.

Galerie Bärbel Grässlin, Schäfergasse 46 B, Frankfurt am Main, bis 23. Dezember 2010.


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