Rudolf Frank – Theatermann und Schriftsteller
Rudolf Frank – ein Multitalent
Ausstellung „… ein sehr lebhaftes Vielerlei – Der Theatermann und Schriftsteller Rudolf Frank“ in der Deutschen Nationalbibliothek Frankfurt am Main
Text und Fotografien: Renate Feyerbacher
Das Deutsche Exilarchiv der Deutschen Nationalbibliothek Frankfurt am Main sammelt alle Veröffentlichungen der deutschsprachigen Emigranten im Ausland zwischen 1933 und 1945. Es sind Dokumente aus den Bereichen Literatur, Politik, Wissenschaft und jüdische Emigration.
Nun hat sich das Archiv wieder geöffnet und erinnert in einer Ausstellung an Rudolf Frank. Als dieser 1935 aufgefordert wurde, sich selbst zu beschreiben, tat er das folgendermassen: „Rudolf Frank ist ein sehr lebhaftes Vielerlei. Schauspieler, Regisseur, Bühnenleiter, Dramaturg, Doktor juris, Historiker, Nationalökonom, Schriftsteller, war Redakteur, Verlagslektor und Berichterstatter, hat im Film und Funk gearbeitet …“.
Um es vorweg zu sagen, dem Hamburger Historiker und Publizisten Wilfried Weinke, der die Ausstellung kuratierte, und Uwe Franzen vom Atelier hand-werk, Bardowick, ist eine sehr lebendige Präsentation gelungen. Sie entspricht dem unentwegt schöpferischen Wesen von Rudolf Frank.
Theaterpavillon „Kammerspiele“
Der aus gutem Mainzer Hause stammende Rudolf Frank (1886 bis 1979) studierte von 1904 bis 1908 Staatswissenschaften und Jura in München, Zürich, Heidelberg, Berlin und Gießen, wo er promovierte. Aber seine grosse Liebe und Leidenschaft galt dem Theater. Schon vor dem 1. Weltkrieg begann er seine Theaterlaufbahn. Erste Engagements waren bei Max Reinhardt am Deutschen Theater Berlin und am Hoftheater in Meiningen.
Rudolf Frank als Bauernjunge in Ludwig Anzensgrubers Komödie „Der G’wissenswurm“ 1909
Nach dem Krieg wurde er Oberregisseur, Dramaturg und Direktionsstellvertreter der Münchner Kammerspiele, der er mithalf, sich zu einer der bedeutendsten deutschsprachigen Bühnen zu entwickeln. Bertolt Brechts Theaterstück „Trommeln in der Nacht“ wurde dank seiner Initiative dort uraufgeführt. Es war nach „Baal“ das erste aufgeführte Stück, das kein Geringerer als Otto Falckenberg inszenierte. Um die aufwändigen Proben für dieses Stück finanzieren zu können, engagierte Frank im Rahmen von Gastspielen den Volkskomiker Karl Valentin (1882 bis 1948), der ein volles Haus garantierte. Frank förderte die junge Elisabeth Bergner, die später nicht nur als Theater-, sondern auch als Filmschauspielerin und Regisseurin Weltruhm erlangte.
Seine erste Ehe – Heirat 1918, Geburt einer Tochter 1919 – wurde nach neun Jahren geschieden. Zwei Jahre später heiratete er die Malerin Anna Klein, eine Grossnichte des Malers Max Liebermann. 1930 wurde Sohn Vincent Carl geboren, sechs Jahre später René Antonio.
Vincent Carl Frank vor dem Familienbildnis in der Ausstellung
In den Dreissiger Jahren arbeitete Rudolf Frank für Film und Funk. Er schrieb Drehbücher für Filme, in denen Hans Albers mitspielte, und er verfasste Hörspiele. Sein Manuskript für den Lehrfilm „Wir arbeiten“ wurde für den Internationalen Friedenspreis eingereicht.
Auch als Schriftsteller wurde er bekannt. Sein 1931 veröffentlichtes Jugendbuch „Der Schädel des Negerhäuptlings Makaua“ – Kriegsroman für die junge Generation war der tarnende Untertitel – wurde viel gelesen, so auch von Alfred Grosser. Letzterer, deutsch-französischer Publizist, Soziologe und Politikwissenschaftler, zeigte mir stolz sein Exemplar in der Vitrine, das er im Alter von acht Jahren gelesen hatte.
Alfred Grosser vor dem grossen Faksimiledruck
Dem Roman, der die Jugendlichen zur Zivilcourage und zu mutigem Handeln aufrief, war allerdings nur ein kurzer Erfolg beschieden. Er wurde 1933 als „schädliches und unerwünschtes Schriftgut“ verbrannt. Leider erlebte Rudolf Frank nicht mehr die Wiederauflage seines Buches nach dem Krieg. Es erschien allerdings unter dem neuen Titel „Der Junge, der seinen Geburtstag vergaß“ bei Ravensburger und später als Taschenbuch bei Beltz & Gelberg.
Die Neuauflage
Das Buch wurde mehrfach übersetzt. Die englischsprachige Ausgabe hat jedoch den treffenderen Titel: „No Hero for he Kaiser“.
Posthum erhielt Rudolf Frank für dieses Werk zwei bedeutende Auszeichnungen: den Jugendbuchpreis „Buxtehuder Bulle“ und den „Gustav-Heinemann-Friedenspreis für Kinder- und Jugendbücher“ – beide wurden 1983 verliehen.
Die Preisurkunde
Für Rudolf Frank aus deutsch-jüdischer Familie begann 1933 die Zeit der Verfolgung und des Exils. Zwei Monate sass er in „Schutzhaft“ in Berlin-Moabit. Nur unter Pseudonym konnte er in jüdischen Publikationen schreiben. In seinem Roman „Ahnen und Enkel“, den er als Auswanderungs-Roman bezeichnet, fordert er die in Deutschland lebenden Juden auf, zu emigrieren. Er selbst tat dies im Dezember 1936. Ohne die Familie ging er nach Österreich und hoffte, beruflich wieder Fuss fassen zu können. Aber der Anschluss Österreichs ans Deutsche Reich 1938 machte alle Bemühungen und ersten Erfolge zunichte. Er floh im Nachtzug, von einem Schlafwagenschaffner versteckt, nach Meran, dann kurze Zeit später nach Zürich. Da gab es das Problem des Schreibverbots für Asylanten, das er missachtete und unter Pseudonymen schrieb.
1939 wurde Rudolf Frank und seinen beiden Söhnen, die mittlerweile bei ihm in der Schweiz lebten, die deutsche Staatsbürgerschaft aberkannt. Kurz darauf entzog ihm die Universität Gießen den Doktortitel. Ein Kollege denunzierte ihn, und so wurde er 1943 inhaftiert wegen „unerlaubter Erwerbstätigkeit“ und „Übertretung fremden-polizeilicher Vorschriften“ der Schweiz. Die lebenslängliche Ausweisung, die eigentlich verhängt wurde für dieses „Vergehen“, wurde umgewandelt in Internierung, die er in verschiedenen Flüchtlingslagern erlebte. Vincent C. Frank-Steiner, der Sohn, erzählte bei der Ausstellungseröffnung, welche Schwierigkeiten dem Kind gemacht wurden, den Vater sehen zu dürfen.
Die Nachgeborenen fragen sich, warum die Länder, die gegen Hitler standen, die die Situation der jüdischen Bevölkerung kannten, so mit den deutschen Asylanten und Migranten umgingen. Auch Rudolf Olden, der Journalist und Jurist, wurde in England interniert, ohne dass er sich etwas hat zuschulden kommen lassen.
Nach dem Krieg erhielt Rudolf Frank in der Schweiz ständiges Asyl, konnte auch als Regisseur und Schauspieler wieder arbeiten und schrieb für die „Baseler Arbeiter-Zeitung“ Kritiken, die sich durch differenzierte Analyse auszeichnen. 1960 erschien seine Autobiografie „Spielzeit meines Lebens“. Erzählungen und Novellen, die er noch in Deutschland geschrieben hatte, wurden neu aufgelegt. Und dann besinnen sich auch Politiker, allerdings erst 1966 – da ist Rudof Frank schon 80 Jahre alt – ihn zu ehren mit dem Bundesverdienstkreuz 1.Klasse. Seine Heimatstadt Mainz verleiht ihm das „Älteste Stadtsiegel“ und fünf Jahre später die „Gutenberg-Plakette“. Rudolf Frank blieb bis zu seinem Tode in der Schweiz. Basel war seine letzte Bleibe.
In der Ausstellung: Vater und Kind
Auf der Empore gibt es noch eine kleine Kabinettausstellung, die Bilder und Zeichnungen von Anna Frank-Klein, der Frau von Rudolf Frank, zeigt. Sie versuchte 1940, mit einem Schiff nach Palästina zu emigrieren. Die Engländer fingen es ab und schickten es mit etwa 1500 Flüchtlingen nach Mauritius, wo die Flüchtlinge interniert wurden. Erst im August 1945 durften sie die Insel verlassen, um nach Palästina zu gelangen. Anna Frank-Klein starb 1977 in Tel Aviv.
„… ein sehr lebhaftes Vielerlei“ – Der Theatermann und Schriftsteller Rudolf Frank: eine Ausstellung von Wilfried Weinke in Kooperation mit dem Deutschen Exilarchiv 1933 bis 1945 der Deutschen Nationalbibliothek, bis zum 23. Dezember 2010.
Am 18. November 2010 kommen Vincent C. Frank-Steiner, der Kurator Wilfried Weinke und Jochen Nix zu Führung, Gespräch und Lesung in die Bibliothek.
Bildnachweis: Deutsches Exilarchiv / Deutsche Nationalbibliothek