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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

„lagqaffe“ ist Elisabeth Wolf

Heute entführen wir Sie, liebe Leserinnen und Leser, virtuell nach Leipzig, und wer weiss, ob sich dem Virtuellen nicht bald eine reale Reise in diese Stadt anschliessen könnte, die zu den weltweit ältesten Universitäts- und Messeplätzen zählt. Und weil auch die Kunst in Leipzig prominent zu Hause ist, so würde es sich schicken, den 30. September ins Auge zu fassen, und wenn Sie denn tatsächlich vor Ort wären, sollten Sie Ihre Schritte gegen 18 Uhr in das „Eishaus“ in der südvorstädtischen Karl-Liebknecht-Strasse lenken, wo ohnehin „die Post abgeht“, der Bär steppt oder in diesem Fall besser gesagt „der Affe los ist“. Denn dort ist Vernissage mit Arbeiten der Künstlerin „lagqaffe“! Sie stellt unter dem Titel „In Zwischenzeiten“ gemeinsam mit dem Berliner Graffiti-Künstler Paot aus.

Aber zurück zum Affen. Der ist also nicht nur in der Südvorstadt los, sondern auch eine Art Wappentier und Markenzeichen unserer Künstlerin. Nicht schlecht für den Anfang.

Sterntaler 1, 20 x 50 cm

„lagqaffe“ ist Elisabeth Wolf,1985 in Leipzig geboren, wo sie lebt und im Atelier Nord arbeitet. Die in diesen Tagen frisch gebackene Diplom-Bauingenieurin – sie studierte nach dem Abitur an der Leipziger Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur – ist das, was man eine Quereinsteigerin nennt, sie malt und zeichnet jedoch sozusagen von Kindesbeinen an.

Seit 2009 tritt Elisabeth Wolf unter dem Namen „lagqaffe“ in der Öffentlichkeit auf. Erste Ausstellungen waren 2009 unter anderem im Szenecafe Kanal 28 und im „Staubsauger“ zu sehen. 2010 folgten dann Ausstellungen in Leipziger Clubs wie der Distillery oder der Villa Leipzig sowie im „Westwerk“.

… in the air 45 x 75 cm

„lagqaffe“ hat sich auf eine auffällige Schablonentechnik verlegt. Sie kombiniert ihre Malerei in Acryl auf Leinwand oft mit grafischen Schriftelementen, inspiriert von Street Art, urbaner Comic-Kunst und Graffiti. In der Kombination der Schablonen mit den unterschiedlichsten Materialien entstehen immer wieder neue grossformatige Bildsequenzen.

Die Bandbreite ihrer Motive ist gross, und wir gehen sicher nicht fehl in der Annahme, dass sich in ihnen manch Autobiografisches verbirgt. Da greifen Mädchen und junge Frauen in Bildern voller Poesie, natürlich denken wir an das berühmte Märchen der Gebrüder Grimm, nach den Sternen, oder sie lassen, Luftballons gleich, Blumen und Schmetterlinge in den Himmel steigen, die „blaue Blume“ der Romantik lässt grüssen.

Doch plötzlich verändert sich die Stimmung, ein Mädchen mit „Playboy“-Hasenohren auf dem Kopf und einem beilartigen Messer in der Hand steht in einer Blutlache, vor ihr liegt ein kleines Tier, es ist ein Häschen, dem die Ohren abgeschnitten wurden, ebenfalls in einer Blutlache, und ein schrecklicher Verdacht keimt auf … „heimlich herzlos“? Die Szenerie verdoppelt sich, wächst sich angstvoll-alptraumhaft aus, und der Weg ist nicht weit zu den bitches, den Huren, „lagqaffe loves you“, so steht es dort zu lesen.

heimlich herzlos, 100 x 50 cm

heimlich herzlos, 100 x 100 cm

Bitch 2, 100 x 100 cm

„Schöne Bilder mit bitterem Beigeschmack“ bestätigt, uns wissentlich peinigend, die Künstlerin. Sie formuliert in ihren Arbeiten die Grundängste einer um ihre Zukunft ringenden jungen Generation. Da nutzt auch die hochglanzpolierte neueste Shell-Jugendstudie nichts.

Die Welt der ganz realen Alpträume setzt sich fort: Das durchgerostete, verrottete Atommüllfass läuft aus, in der giftig-tödlichen Lache lässt ein aschgrauer Junge sein Papierschiffchen schwimmen … und junge Menschen beobachten von Ferne einen Flugzeugcrash. Der nur vermeintlich rettende Absprung mit dem Fallschirm führt geradewegs in das Inferno. Oder befinden wir uns im Krieg, wollen gar Luftlandetruppen irgend jemanden von irgend jemand anderem „befreien“?

ca. 100 x 40 cm

Eine pessimistische Sicht auf eine Welt, die so gänzlich bedrohlich wirkt, trotz aller zeitgeistig-frischfrechen Verpackung etwas „dick aufgetragen“? Vielleicht wird uns Elisabeth Wolf am 30. September im „Eishaus“ eines anderen belehren, obgleich sie bereits droht, „gewohnt bissig“ ihr Publikum „irritieren“ zu wollen. Denn auch dies ist Elisabeth Wolf – ach ja, nicht umsonst ist sie ja „lagqaffe“:

(Werke und Abbildungen © Elisabeth Wolf)


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