Ölbaum
Oliven von wilden Ölbäumen sammelten die frühen Menschen schon vor rund 9000 Jahren. Nachweislich kultiviert wurde die Olive etwa um 4000 v. Chr. auf Kreta und in Syrien. Ölbäume können weit über 1000 Jahre alt werden. Öl, Wein und Getreide stehen in den alten Kulturen und in den Religionen für Nahrung und Leben. Der Salbung mit Öl kommt im Alten Testament ein besonderer symbolisch-sakraler Charakter zu.
„Da harrte er noch weitere sieben Tage und ließ abermals eine Taube fliegen aus der Arche. Die kam zu ihm um die Abendzeit, und siehe, ein Ölblatt hatte sie abgebrochen und trug’s in ihrem Schnabel. Da merkte Noah, dass die Wasser sich verlaufen hätten auf Erden …“ (1. Mose, Kapitel 8).
„Denn der HERR, dein Gott, führt dich in ein gutes Land, … darin Weizen, Gerste, Weinstöcke, Feigenbäume und Granatäpfel wachsen, ein Land, darin es Ölbäume und Honig gibt …“ heisst es im 5. Buch Mose, Kapitel 8.
„Ich aber werde bleiben wie ein grünender Ölbaum …“ singt der Psalmist (Psalm 52).
„Und der HERR sprach: Auf, salbe ihn, denn der ist’s. Da nahm Samuel sein Ölhorn und salbte ihn mitten unter seinen Brüdern. Und der Geist des HERRN geriet über David …“ (1. Samuel, Kapitel 16).
Der Ölbaum-Garten
Er ging hinauf unter dem grauen Laub
ganz grau und aufgelöst im Ölgelände
und legte seine Stirne voller Staub
tief in das Staubigsein der heißen Hände.
Nach allem dies. Und dieses war der Schluß.
Jetzt soll ich gehen, während ich erblinde,
und warum willst Du, daß ich sagen muß,
Du seist, wenn ich Dich selber nicht mehr finde.
Ich finde Dich nicht mehr. Nicht in mir, nein.
Nicht in den andern. Nicht in diesem Stein.
Ich finde Dich nicht mehr. Ich bin allein.
Ich bin allein mit aller Menschen Gram,
den ich durch Dich zu lindern unternahm,
der Du nicht bist. O namenlose Scham …
Später erzählte man, ein Engel kam -.
Warum ein Engel? Ach es kam die Nacht
und blätterte gleichgültig in den Bäumen.
Die Jünger rührten sich in ihren Träumen.
Warum ein Engel? Ach es kam die Nacht.
Die Nacht, die kam, war keine ungemeine;
so gehen hunderte vorbei.
Da schlafen Hunde, und da liegen Steine.
Ach eine traurige, ach irgendeine,
die wartet, bis es wieder Morgen sei.
Denn Engel kommen nicht zu solchen Betern,
und Nächte werden nicht um solche groß.
Die Sich-Verlierenden läßt alles los,
und die sind preisgegeben von den Vätern
und ausgeschlossen aus der Mütter Schoß.
Rainer Maria Rilke
(aus der Sammlung Neue Gedichte, Erster Teil; Quelle: wikisource.org)
Ölbäume in den Vatikanischen Gärten, Vatikan, Rom, fotografiert von Monika Müller-Löwenberg; © Monika Müller-Löwenberg