Jahr der Stille 2010: Februar
Die Stille
Hörst du Geliebte, ich hebe die Hände –
hörst du: es rauscht…
Welche Gebärde der Einsamen fände
sich nicht von vielen Dingen belauscht?
Hörst du, Geliebte, ich schliesse die Lider
und auch das ist Geräusch bis zu dir.
Hörst du, Geliebte, ich hebe sie wieder …
… aber warum bist du nicht hier.
Der Abdruck meiner kleinsten Bewegung
bleibt in der seidenen Stille sichtbar;
unvernichtbar drückt die geringste Erregung
in den gespannten Vorhang der Ferne sich ein.
Auf meinen Atemzügen heben und senken
die Sterne sich.
Zu meinen Lippen kommen die Düfte zur Tränke,
und ich erkenne die Handgelenke
entfernter Engel.
Nur die ich denke: Dich
seh ich nicht.
Rainer Maria Rilke (1875 bis 1926)
(Foto: Richard Palmer, wikimedia commons GFDL)
Das “Jahr der Stille 2010″ lädt dazu ein, Stille begleitend in den Jahreslauf zu integrieren. Es will Aufmerksamkeit schaffen für einen Wert, dessen Wichtigkeit wir alle betonen – dessen konkrete Praxis wir aber oft vernachlässigen. Getragen wird das “Jahr der Stille 2010″ von über fünfzig Partnern – christlichen Bewegungen, Kirchen, Verbänden, Verlagen, Organisationen und Werken unterschiedlicher konfessioneller Prägung, die das Anliegen eint, das Thema Stille bewusst in ihre Aktivitäten einfliessen zu lassen.
FeuilletonFrankfurt wird das “Jahr der Stille” mit einem Beitrag zur Mitte eines jeden Monats begleiten.