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FeuilletonFrankfurt

Das Magazin für Kunst, Kultur & LebensArt

PETRA KAMMANN, HERAUSGEBERIN · www.feuilletonfrankfurt.de · GEGRÜNDET 2007 VON ERHARD METZ

Gesund in die AOK auf Probe

Gesund in die AOK auf Probe

von Robert Straßheim

Testen Sie die AOK Hessen“, stand auf dem Werbeplakat.

Warum nicht, dachte ich mir, teste mal richtig die Krankenkasse! Ich wurde AOK-Mitglied, für eine Probezeit von drei Monaten, mit Auslands-Zusatzversicherung.

Erstmal nahm ich mir eine Woche Urlaub. Das sollte reichen, dachte ich mir, eine Woche investiere ich mal, und die restlichen zwölf Wochen gehören dann der AOK.

Sofort buchte ich einen Flug nach Mexiko, ein one-way-ticket, versteht sich, der Rückflug sollte auf die Kasse gehen. Aber ich musste vier Tage warten, bis der Flieger abging. Um die Zeit zu nutzen, ging ich in ein Flatrate-Lokal, wo ich mich richtig volllaufen ließ, und weil ich die Hälfte davon wieder erbrach, schluckte ich noch ein paar bunte Pillen dazu. Notarzt, Intensivstation, alles verlief nach Wunsch. Nach drei Tagen hatte die AOK mich wieder auf die Beine gebracht.

In Mexiko jagte ich dem Virus nach, wollte doch immer schon mal wissen, wie gefährlich diese Schweinegrippe ist. Fürs HIV und eine schöne AIDS-Behandlung reichen drei Monate ja leider nicht aus. Also schlich ich mich in ein Krankenhaus mit Grippe-Opfern ein, durchbrach alle Sicherheitssperren, gelangte ins Krankenzimmer und küsste von den siechen Leibern alle verfügbaren Schweineviren ab.

Nichts passierte. Dabei endete in zwei Tagen mein Urlaub! Was ich bei meiner Planung vergessen hatte: Drei, vier Tage Inkubationszeit brauchen diese Viren, bis die Schweinegrippe richtig ausbricht. Da ich solange nicht warten konnte, weil ich sonst gefeuert worden wäre oder auf eigene Kosten hätte zurückfliegen müssen, hatte ich eine bessere Idee: Bungee-Jumping. Auch dafür ist Mexiko ein prima Land. Trotzdem musste ich fünfmal hintereinander springen, bis ich endlich verunglückte. Jetzt ging alles sehr schnell: Hubschrauber-Rettung, Nottransport zurück nach Deutschland, Wirbelsäulen-OP, Schweinegrippen-Quarantäne und eine schöne lange Reha-Therapie. Genau zum Ende der Probezeit bin ich entlassen worden.

Zuhause finde ich nun einen Brief der AOK vor: Sie fragt höflich an, ob mir die Probezeit gefallen habe? Ob sie mich weiterhin als ihren AOK-Versicherten führen dürfe?

Naja, denke ich, dank der AOK bin ich nicht im Delirium verreckt, nicht vom mutwilligen Springen querschnittsgelähmt, und durch hinterlistiges Küssen nicht zum Schwein geworden, jedenfalls nicht im medizinischen Sinne. Aber wenn ich es mir recht überlege, will ich doch keine Beiträge an eine Versicherung löhnen, die für all die Dummheiten, wie ich sie begangen habe, bedingungslos bezahlt.

P.S. Mein AOK-Test bringt mir jetzt ein Vermögen ein: Kurz nachdem ich meinen Bericht veröffentlicht hatte, habe ich mehrere Angebote von privaten Fernsehsendern bekommen: Die sind ganz heiss darauf, aus meiner Erfahrung ein neues Format zu produzieren, Titel: Die Kassenprüfer„. In diesem Format soll das Fernsehpublikum die Abenteuer von Freiwilligen in AOK-Probezeiten begleiten, je verwegener, je verrückter, je blutiger, desto grösser der Werbeumsatz. Gratuliere, AOK, tolle Idee!

 


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